Am Mittwoch stimmten die Abgeordneten des EU-Parlaments mehrheitlich für ein Verbot von Barzahlungen in Höhe von mehr als 10.000 Euro, sowie anonyme Barzahlungen über 3.000 Euro. Darüber hinaus werden anonyme Geldbörsen für Kryptowährungen (genannt „hosted wallets“) bereits für Kleinstbeträge verboten. All diese Maßnahmen sollen angeblich Geldwäsche unterbinden, Kritiker weisen aber darauf hin, dass der Effekt zur Unterbindung krimineller Aktivitäten höchstens minimal sei und der eigentliche Zweck die mittelfristige Abschaffung anonymen Bargelds insgesamt ist.
Patrick Breyer von der Piratenpartei, der auch gegen die Chatkontrolle an vorderster Front kämpft, verurteilte die Barzahlungsobergrenze als „schleichende finanzielle Entmündigung“. Er verurteile „diesen EU-Krieg gegen das Bargeld, das seit Menschengedenken unsere finanzielle Freiheit und Privatsphäre sichert“. Es handle sich um eine „schleichende Abschaffung des Bargelds“, bei der Negativzinsen drohen würden, sowie „das jederzeitige Abdrehen der Geldversorgung über Kartensperrungen“. Breyer verwies auch auf die Arbeit von Regierungskritikern wie Wikileaks, die vor einigen Jahren von Kreditkartenspenden abgeschnitten wurden.
Bereits 2017 führte die EU-Kommission eine Umfrage zu einer möglichen Begrenzung von Barzahlungen durch. Allerdings wohl nicht mit dem gewünschten Ergebnis, denn 90 Prozent der Bürger lehnten eine solche Obergrenze ab, da anonyme Bargeldzahlungen eine „essentielle persönliche Freiheit“ darstellten. Darüber hinaus zweifelten die Befragten auch daran, dass eine solche Beschränkung ein effektives Mittel wäre, um kriminelle Aktivitäten und Terrorismus zu bekämpfen. Dem pflichtet auch der Ökonom Friedrich Schneider, seines Zeichens Fachmann für Schattenwirtschaft, Steuerhinterziehung und organisierte Kriminalität, von der Universität Linz zu, der betonte, dass eine Barzahlungsobergrenze „nur minimale senkende Effekte auf die Schwarzarbeit oder die Kriminalität“ habe.
Die größte Sorge der Bürger? Russische Oligarchen natürlich
Das aber hielt die EU nicht davon ab, das Gesetz nun dennoch durchzupauken. Um die Angst vor Geldwäsche zu schüren, war sich die EU auch nicht zu schade, das Schreckgespenst russischer Oligarchen, die auf diesem Wege Sanktionen umgehen könnten, zu beschwören. Die weitreichenden Einschränkungen, die somit auch normale Bürger betreffen können (so verwenden laut EZB-Umfrage rund 10 Prozent der Bürger noch Bargeld für Beträge über 10.000 Euro), werden wie so oft en passant mitgenommen – und das obwohl diese Einschränkung der Anonymität wohl der Haupteffekt und womöglich der Hauptgrund der Gesetzgebung ist.
Widerstand gegen die neue Gesetzgebung rührt sich aber nicht nur aus der Piratenpartei, sondern auch aus betroffenen Handwerksverbänden. Der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) gab zu bedenken, dass wer in Deutschland mit Beträgen über 10.000 Euro bar bezahlen möchte, sich ohnehin ausweisen muss, sowie einen Nachweis liefern, woher das Geld stammt. Das reiche laut ZDK vollkommen aus, sodass der Verband bereits 2021 eine diesbezügliche Stellungnahme an das Bundesfinanzministerium geschickt hatte, in der unter anderem auch darauf verwiesen wurde, dass Länder mit einer bestehenden Barzahlungsobergrenze nicht deutlich mehr Erfolg bei der Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder der Schattenwirtschaft haben.
Vergebens, wie es scheint, denn bis auf die FDP – die sich zur Vermeidung des vollständigen Gesichtsverlusts wohl der Stimme enthielt – stimmten alle Ampelparteien, die Union, sowie die Linke nahezu geschlossen für die Einführung der Barzahlungsobergrenze.
Bargeldzahlungen für betroffene Branchen sicherer als Kartenzahlungen
Dass gerade Barzahlungen oftmals eher ein Sicherheitsgarant denn eine Gefahr sind, betonte nicht nur das ZDK, sondern auch der Zentralverband der Gold- und Silberschmiede. Dieser bezeichnete das neue Gesetz als „dramatisch“ für die Branche, denn ähnlich wie beim Gebrauchtwagenkauf habe die Transaktion in bar auch hier viel mit Sicherheit zu tun. Erst wenn eine gesicherte Zahlung vorliegt, würde eine Ware übergeben und nicht auf der Vertrauensbasis, dass Rechnungen später bezahlt würden.
So argumentierte auch das ZDK in seiner Stellungnahme: „Gerade bei Zug-um-Zug-Geschäften bietet die Barzahlung eine einfach zu erreichende Sicherheit für beide Vertragspartner gegen Betrugsabsichten.“ Weder eine Insolvenz des Händlers noch Zahlungsunfähgkeit des Kunden gefährdet die Transaktion, womit gerade der – angeblich von der Bargeldobergrenze zu bekämpfenden – kriminellen Absicht und Geldwäsche ein effektiver Riegel vorgeschoben wird.