Tichys Einblick
Kabinett beschließt Asylpaket

Was wird nun aus Nancy Faeser?

Das Bundeskabinett hat ein Asylpaket beschlossen. Die Politik soll härter werden, heißt das Versprechen. Umsetzen müsste das Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Deren Zukunft ist offen. Sogar eine Rückkehr nach Hessen ist möglich.

IMAGO/dts

Das Bundeskabinett hat an diesem Mittwoch das Asylpaket beraten und beschlossen. Die Ampel verkauft es einerseits als Verschärfung bei den Abschiebungen, andererseits als Entgegenkommen bei der Einbürgerung. Dazu gehören eine Ausweitung der Abschiebegewahrsam von zehn auf 28 Tage. Auch bekommen Asylbewerber künftig erst nach 36 statt nach 18 Monaten das volle Bürgergeld. Zudem sollen überraschende Abschiebungen möglich werden.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat in den jüngsten Monaten bereits auf die Stimmung unter den Bürgern reagiert. Verbal und im Rahmen seiner Möglichkeiten in Taten: So gibt es wieder Grenzkontrollen. Sechs Jahre haben SPD und Union die Lüge gelebt, Grenzen ließen sich nicht kontrollieren. Doch die Erfahrungen der letzten Wochen zeigen: Sie lassen sich kontrollieren und, Badauz: Kontrollen vermindern die Zahl illegaler Einwanderungen.

Der neue Ton in der Einwanderungspolitik, die erfolgreichen Grenzkontrollen… Für die zuständige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bringt das zwei weitere fette Kerben in ihr ohnehin üppig bestücktes Niederlagen-Brett. Direkt neben der Kerbe zu ihrer Wahlniederlage in Hessen, wo ihr die Wähler mit einer Rekordpleite zeigten, dass sie Faeser nicht wollen. Eigentlich ist sie eine aussortierte Politikerin. Würde Scholz ein Zeichen für einen Neu-Anfang setzen wollen, müsste er sich von dieser Altlast befreien.

Doch es sind Scholz’ Trägheit und seine ungenügende Führungskraft, die Faeser im Amt halten. Nachdem er Christine Lambrecht durch Boris Pistorius (beide SPD) im Verteidigungsministerium ersetzt hat, müsste er für die Nachfolge Faesers unbedingt eine Frau finden. Aber er hat keine, ist zu bequem zu suchen und belässt daher alles beim Alten.

Eine Rückkehr Faesers nach Hessen ist aber immer noch offen. Dort hat sie als Landesvorsitzende für die SPD den Koalitionsvertrag mit der CDU ausgehandelt. Den haben die beiden Parteien vergangene Woche vorgestellt und ihm am Wochenende auf Parteitagen zugestimmt. Die beiden Partner haben aber offengelassen, wer die Ministerien besetzen soll. Für Faeser wäre ein Wirtschaftsministerium drin, zu dem viele zusätzliche Kompetenzen gehören – etwa die Verkehrspolitik. In Berlin ist ihr politischer Weg in zwei Jahren zu Ende, in Hessen ginge er mindestens noch fünf Jahre weiter.

In Wiesbaden geht es ebenfalls um die Einwanderung. Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat betont, dass die Koalition ihre Regeln verschärfen will. Dazu hat sich Faeser am Samstag auf bemerkenswerte Weise geäußert, wie die FAZ berichtet hat. Demnach habe Faeser gesagt, beim Blick auf das Kapital Migration im Koalitionsvertrag „schüttelt es einen“. Dann kündigte Faeser an, sie vertraue in die hessischen Sozialdemokraten, die würden dafür sorgen, dass die Folgen des gemeinsamen Beschlusses mit der CDU „nicht so schlimm“ würden.

Will Faeser in Hessen also weiter mitmischen oder will sie sogar den Weg gänzlich freimachen? Die in Hessen gut informierte Frankfurter Allgemeine spekuliert sogar, dass die Bundesinnenministerin im Frühjahr den Landesvorsitz der SPD abgeben und „den Weg für einen neuen Hoffnungsträger freimachen“ will. Das wäre auch für die Bundespolitik ein Abschied auf Raten. Denn der Rückhalt des starken Landesverbandes war zuletzt eines der wenigen Argumente für Faeser in Berlin. Gibt sie den ab, hält nur noch Scholz‘ Bräsigkeit die Ministerin im Amt.

Allerdings passt es nicht zu Faeser. Weder sich geschlagen zu geben noch politische Ämter loszulassen: Ihre politische Karriere hat sich in einem Landesverband abgespielt, der einst eine SPD-Hochburg war, sich aber in den rund 20 Jahren durch Faesers Engagement immer stärker verzwergt hat. Umso mehr der Wähler gezeigt hat, dass er eine SPD im Sinne von Nancy Faeser nicht will, desto mehr biss die sich im Hinterzimmer nach oben. Als Frontfrau ist sie eine Katastrophe, wie spätestens die Hessenwahl gezeigt hat. Als Strippenzieherin ist Nancy Faeser indes eine Meisterin.

Eine Ministerin, die eigentlich gescheitert ist? Eine Landesvorsitzende, die kampflos das Feld verlässt? Eine Politikerin, die nur noch von der Bräsigkeit eines führungsschwachen Kanzlers lebt?

Das alles passt nicht zu der Frau, die schon durch ihren Vater in ein Leben gewachsen ist, das sich immer um die Berufspolitik gedreht hat. Zurück nach Hessen zu gehen und dort faktisch eine Einwanderungspolitik durchzusetzen, die sich in Koalitionsverhandlungen nach einer derbe verlorenen Wahl nicht durchsetzen ließ – das passt schon eher zu der Strippenzieher-Meisterin Nancy Faeser. So könnte sie, aus ihrer Sicht, ihre größte Niederlage noch einmal in einen Sieg drehen.

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