Tichys Einblick
DJV-Funktionär als Hilfssheriff

Journalist als Hilfspolizist bringt einen Demonstranten zu Fall

Bei einer Demonstration von Corona-Maßnahmen-Kritikern flieht ein Mann vor Polizisten. Da bringt ihn ein anderer Mann gewaltsam zu Fall. Der Angreifer ist Geschäftsführer des Landesverbands Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands.

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Es ist wohl ein besonders verstörendes Beispiel für sogenannten Haltungsjournalismus in der Praxis: Ein Video zeigt, wie der Geschäftsführer des Landesverbands Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands, Sebastian Scholz, auf einer verbotenen Demonstration der Querdenken-Szene in Weimar am 1. Mai 2021 einen Demonstranten, dem die Polizei nachstellt, mit gestrecktem Bein zu Fall bringt: Der Mann stürzt lang hin und wird daraufhin von nachsetzenden Beamten festgesetzt. Die Beamten sahen offenbar keine Notwendigkeit, den Angreifer Scholz hier zu vernehmen, festzuhalten oder zur Rede zu stellen. Im Video sieht man, wie sich Scholz vom Ort des Geschehens fortbewegt. Auch der Polizeipressestelle ist dahingehend keine Ermittlung bekannt.

Erleichternd für die Identifizierung war, dass Scholz im Video dem Filmemacher ins Mikrofon seinen vollen Namen nannte. Das Video wurde von der Vorsitzenden des DJV-Landesverbandes als authentisch bezeichnet.

Eine Anfrage bei der thüringischen Polizei ergab, dass das Video dort bereits bekannt ist, weil es laut Aussage des Sprechers zu einer Anzeige wegen Polizeigewalt kam, die von der Polizei aber verneint werden konnte: Die den Demonstranten angreifende männliche Person sei definitiv kein der Einsatzleitung bekannter Polizist in Zivil gewesen.

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Sebastian Scholz selbst ist zwar telefonisch nicht erreichbar, auch sein privater Auftritt in den sozialen Medien ist teilweise auf privat gestellt, sodass er dort nicht mehr erreichbar ist. Die Vorsitzende des Landesverbandes, Heidje Beutel, bestätigt aber den Vorfall telefonisch und kündigt eine schriftliche Stellungnahme an. Diese trifft dann mehrere Stunden nach dem Telefonat um 12.48 ein: „Wir haben den Vorfall juristisch bewerten lassen mit dem Ergebnis, dass keine strafbare Handlung seitens unseres Geschäftsführers vorliegt. Da aber aus der Gruppierung der sogenannten „Querdenker“ angekündigt wurde, Strafanzeige zu erstatten, bitten wir um Verständnis dafür, dass wir zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Fragen beantworten.“

TE telefonierte ebenfalls noch mit dem Bundesverband und dem dortigen Pressesprecher, der ebenfalls von dem Video gehört hat. Der Sprecher des DJV Dachverbandes teilt mit, man werde sich zum Video nicht äußern, der DJV Thüringen sei hierzu der Ansprechpartner.

Wörtlich: „Ich werde mich schon deshalb nicht dazu äußern, weil ich kein aus dem Zusammenhang gerissenes Video kommentieren werde.“

Nachfrage TE: „Ist diese Szene anderweitig erklärbar?“

Sprecher: „So ist das ganz genau. Es ist ein aus dem Zusammenhang gerissenes Video. Und dazu äußere ich mich nicht.“

TE fragt nach: „Aus welchen Zusammenhang denn bitte?“

Antwort: Weil die Veranstaltung, die dort zu sehen ist, deutlich länger gewesen sei, als zwei Minuten. „Es gab etwas davor“, sagt der Sprecher, „vor dem, was auf dem Video zu sehen ist.“ Und das wäre der Zusammenhang, der hergestellt werden müsse, um dieses Video zu verstehen. Was das gewesen sein soll, teilt der Sprecher allerdings nicht mit.

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