Tichys Einblick
Grüne Doppelmoral

Jarasch: Die Fahrradfinte ist nur ein Beispiel von vielen

Die Berliner Umweltsenatorin Bettina Jarasch glänzte für einen PR-Auftritt mit dem Fahrrad – war aber eigentlich mit dem Auto angefahren. Es ist nicht der erste Fall von Doppelmoral, bei der man grün wirken will, aber in Wirklichkeit auf Auto oder Flugzeug angewiesen ist.

IMAGO / Emmanuele Contini

Berlins Umweltsenatorin Bettina Jarasch wurde jüngst unangenehm überrascht. Die Grüne hatte plakativ Werbung für die Mobilitätswende machen wollen: schöne Fotos für „geschützte Fahrradstreifen“ in Tempelhof. Dafür hatte Berlin neuerlich Parkplätze abgeräumt. Jarasch posiert für die Fotografen mit dem Fahrrad.

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Was später herauskommt: Jarasch ist zum Termin mit dem Auto vorgefahren. Ein Tesla zwar. Aber dass Jarasch danach das Fahrrad wieder an eine Mitarbeiterin in der Verwaltung abgibt, hat doch ein Gschmäckle. Zur Erklärung sagt sie später: Termindruck! Der BZ gegenüber sagt sie: „Wenn ich alle Termine mit dem Fahrrad machen würde, könnte ich nur die Hälfte davon wahrnehmen.“

Das heißt also in letzter Konsequenz: Nur die Umweltsenatorin ist in Zukunft wichtig genug, um noch mit dem Auto vorfahren zu dürfen, während der Rest der Berliner strampelt? Hat ja sonst keiner wichtige Termine. Wie jeder weiß, arbeitet dank Geldtransfer sowieso niemand in der Bundeshauptstadt.

Die Posse Jarasch ist jedoch nicht das erste Mal. Sie bestätigt nur neuerlich die grüne Devise. Die Szene erinnert frappierend an einen Vorfall im Jahr 2017. Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann stieg etwa beim Wahlkampf vom Verbrenner-Dienstwagen ins Hybrid-Auto um. „Hoch lebe die grüne Doppelmoral!“, kommentierte der CDU-Politiker Thomas Eusterfeldhaus auf Facebook den Vorgang mit Foto.

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Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat so seine eigenen zweifelhaften Erfahrungen mit Autos. Während Erwin Teufel einst mit der Bahn fuhr, beklagte sich Kretschmann 2018 über seinen Mercedes (S-Klasse). Er hocke darin wie eine „Sardine in der Büchse“. Komfortabel sei das alles nicht, das Auto vollgepackt, er mit Tasche hinter den Füßen. Dabei handelte es sich nicht einmal um ein reines Elektro-Auto, sondern einen Hybrid – ein Modell, das die Grünen mittlerweile auch kritisieren, für ihre eigenen Spitzenpolitiker aber immer noch in Ordnung geht.

Aber nicht nur mit dem Auto tun sich Grüne bekanntlich schwer. Wieder Kretschmann: Im selben Jahr, in dem sich der Ministerpräsident über seine Sardinenbüchse ausließ, flog er mit dem Hubschrauber ins Naturschutzgebiet, um dort zu wandern. Dafür flog er von Rheinfelden nach Bad Wurzach. Der Bürgermeister hatte ihn dazu eingeladen, sich die Pläne für einen Aussichtsturm anzuschauen. Erklärung? „Aufgrund des engen Terminkalenders des Ministerpräsidenten wäre der Termin in Bad Wurzach an diesem Tag bei Nutzung anderer Verkehrsmittel nicht möglich gewesen.“

Sven Giegold, heute Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, schaffte es 2019, zuerst die Ausrufung des „Klimanotstands“ im EU-Parlament zu feiern („Ein wichtiges Zeichen zur richtigen Zeit“) und nur wenig später per Kurzflug nach Frankfurt und von dort nach Berlin zu fliegen. In den sozialen Medien durfte er sich den Spottnamen „Sven Fliegold“ gefallen lassen. Flugscham betrifft eben nur andere, die „viel Zeit haben“.

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Die Parteikollegin Simone Peters machte es an diesem Tag nicht besser. Sie verteidigte Giegold, weil sie selbst im Zug säße, der 45 Minuten Verspätung habe. Das sei ein „Riesenproblem“ für Spitzenpolitiker. Damit führte sie nicht nur vor Augen, dass die vermeintliche Zukunft der Mobilität nicht so funktioniert, wie die Grünen es immer wieder behaupten. Ähnlich wie bei Jarasch steckt zwischen Zeilen eine Zwei-Klassen-Perspektive. Politiker sind wichtig und dürfen nicht darben, indes normalen Berufspendlern die grüne Wende zuzumuten ist.

Stichwort Vielflieger: Auch DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch hat bekanntlich sehr eigene Mobilitätsvorstellungen. Während seine Deutsche Umwelthilfe dem Auto wegen Klimaschutz den Krieg erklärt hat, ist Resch bekennender Vielflieger. Er ist Mitglied des sogenannten HON Circles bei der Lufthansa. Diesen höchsten Vielfliegerstatus erhält, wer innerhalb von zwei Jahren 600.000 Meilen fliegt. Der taz sagte er dazu einmal: „Meine persönliche Klimaschutzbilanz ist schlecht, daraus mache ich keinen Hehl. Das ist aber leider eine Folge meiner nationalen wie internationalen Umweltarbeit.“

In diesen Zusammenhang passt auch eine Statistik aus dem Jahr 2018. Die Bürgerinitiative „München Pro 3. Startbahn“ wertete dabei die sozialen Medien aus, genauer gesagt die Auslandsaufenthalte der jeweiligen Politiker. Ergebnis: Keiner flog so viel wie die Grünen. Die Chefin der Grünen in Bayern, Katharina Schulze, kam dabei besonders schlecht weg, obwohl sie zugleich eine der größten Gegnerinnen des Flughafenausbaus war. Das Klima zerstören, um es zu beschützen, so lautet wohl das Motto der selbsternannten Moralapostel. Ihre Glaubwürdigkeit haben sie ja längst verspielt.

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