Tichys Einblick

Islamisten und Erdogan-Funktionäre unterwandern systematisch die Parteien

Der Fall eines "Grauen Wolfes" in der Duisburger CDU ist nur einer von vielen. Deutsche Parteien und Institutionen sind voller Islamisten und Parteigänger des Erdogan-Regimes.

Recep Tayyip Erdogan zeigt den Rabia-Gruß

imago images / Depo Photos

Kürzlich enttarnte eine SWR-Reportage durch Recherchen von Report Mainz und Der Westen endgültig den Grauen Wolf Sevket Avci in der CDU-Duisburg – den die CDU dennoch für die Kommunalwahlen kandidieren ließ, vermutlich um den Wahlkreis nicht zu verlieren. Nun eilen Personen, darunter Politiker, Avci zu Hilfe, die sich ebenfalls als bedenkliche Akteure herausstellen.

Der SPD-Ortsvorsitzende Duisburgs, Ercan Idik, bestreitet, dass Avci den Grauen Wölfen nahesteht. Idik war ebenfalls zusammen mit Avci auf einer Veranstaltung des Vereins ATB (Europäische-Türkische Union), einer radikalen Abspaltung der rechtsextremen Grauen Wölfe; Auf einem Foto sind Avci und Idik zusammen zu sehen, hinter ihnen befindet sich ein riesiges Bild des Neo-Faschisten Muhsin Yazicioglu, der die rechtsextreme Partei der Großen Einheit BBP in der Türkei gründete, die laut Verfassungsschutz Teil der Grauen Wölfe und gewaltbereit ist. Damit wäre in Duisburg der nächste Graue Wolf in einer Partei ausfindig gemacht.

Und beide stehen nicht alleine da. Bülent Bilgi, der Präsident der UETD, die als Lobbyorganisation von Erdogans AKP gilt, verteidigt Sevket Avci. Ebenso den Erdogan- und AKP-Lobbyisten Ilhan Bukrücü, der für die CDU Gelsenkirchen noch im September kandidieren wollte, doch die CDU zog die Reißleine.

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Auch Idik und Avci haben UETD-Verbindungen. Die WAZ berichtet, dass beide sich nach Idiks Aussagen seit der Kindheit kennen, beide haben zusammen eine Schule besucht. Dasselbe gelte auch für Gürsel Dogan, CDU-Direktkandidat in Duisburg und bekennender Leugner des Genozids an den Armeniern. Nach TE-Recherchen ist Dogan ebenso in AKP-Lobbyismus verwickelt. Beispielsweise nahm er 2009 an Treffen des Regionalverbands UETD-Nordrhein teil, wo er eine Rede hielt; auf einem UETD-Blog ist dies mit Foto dokumentiert. Auf demselben Blog sind Treffen mit Avci bei der UETD festgehalten; auch nahm Betül Cerrah, die wieder bei der Kommunalwahl Duisburg kandidierte, an UETD-Treffen teil und saß in dessen Vorstand. Auf einem UETD-Treffen 2009 wurden sogar Idik, Avci, Dogan und Cerrah auf einem Bild festgehalten, mit dabei: Duisburgs Bürgermeister Erkan Kocalar (LINKE) und Mustafa Arslan (GRÜNE). Duisburg offenbart: Es existiert eine systematische Unterwanderung deutscher Parteien.
„Ihr solltet ein Teil dieser Parlamente sein, nicht diejenigen, die ihr Land verraten“

Bei seinem Wahlkampfauftritt in Sarajevo 2018 sagte der türkische Präsident Erdogan: „Nehmt unbedingt die Staatsangehörigkeit der Länder an, in denen ihr lebt. Ich bitte euch, dass ihr eine aktive Rolle in den politischen Parteien in den Ländern übernehmt, in denen ihr lebt. Ihr solltet ein Teil dieser Parlamente sein, nicht diejenigen, die ihr Land verraten.“

Dies wurde als eine Aufforderung zur Unterwanderung verstanden. Erdogans aggressiver Regierungskurs und seine Ideologien sind so breit aufgestellt, dass diese Unterwanderung durch Personen stattfindet, die zwar unterschiedlichen Gruppierungen angehören, sich jedoch durch Erdogan einen. Breit in dem Sinne, dass durch seine vielen vertretenen Weltansichten, Gruppierungen mit verschiedenen Zielen enger zusammenwachsen. Unter anderem sind es der türkische Nationalismus, der Neo-Osmanismus, die Feindschaft gegen Kurden, Juden und Christen, und der politische Islam. So werden beispielsweise Organisationen der Milli-Görüs-Bewegung, der Muslimbruderschaft oder verschiedener Abspaltungen der Grauen Wölfe sowohl zu Verbündeten als auch zu Erdogan- bzw. AKP-Funktionären. Nationalismus und Islamismus paaren sich ideologisch und institutionell.

Erdogans aufgebautes Netzwerk

Besonders vom Zentralrat der Muslime (ZMD) ausgehend sind diese Strukturen erkennbar. Der ZMD wurde 1994 mit der Beteiligung der „Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD)“ gegründet, die als Ableger der islamistischen, antisemitischen Muslimbruderschaft (MB) gilt, aus der die Hamas entsprang. Nicht nur der Verein ZMD, auch deren Vorsitzender Aiman Mazyek wird von Islam-Forscherin Valentina Colomobo ideologisch der MB zugeordnet. Zweifelsohne verfügt Mazyek über Verbindungen zu Erdogan, da er wie TE berichtete, mit ihm zusammen 2012 auf der Bühne während der Konferenz des „Eurasisch-Islamischen Rats“ stand, die vom Präsidium für Religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet) geleitet wird, auf der er regelmäßiger Teilnehmer ist.

UNTERWANDERUNG DURCH TÜRKISCHE RECHTSEXTREME
Fernsehbericht: Armin Laschet schützt rechtsextremen Grauen Wolf in CDU
Immer wieder verteidigt der ZMD und Mazyek selbst jedwede DITIB-Institution oder die Entsendung von Imamen aus der Türkei nach Deutschland. Es ist offensichtlich, dass der ZMD zum aktiven Unterstützer des Erdogan-Regimes geworden ist. Die türkische Regierung pflegt durch die DITIB – gegründet von Diyanet, die wiederum dem türkischen Präsidenten direkt untersteht – bewusst Beziehungen zu Muslimbruderschafts-nahen Organisationen. So tauscht man gegenseitig Imame und Räumlichkeiten seit Jahren aus. In der Kölner DITIB-Zentralmoschee nahmen 2019 zwei der wichtigsten MB-Funktionäre, Ibrahim el-Zaynet und Khaled Hanafy, an einer Konferenz teil.

Das türkische Regime und der ZMD scheinen sich ideologisch verbunden zu haben – man denke nur an den von Erdogan ausgeführten muslimbruderschaftlichen Rabia-Gruß. Nach der skandalösen Anstellung des ZMD-Vorstandsmitglieds Nurhan Soykan als Beraterin des Auswärtigen Amts, kam der Vorwurf auf, sie leugne den Genozid an den Armeniern und vertrete antisemitische Ansichten – auch dies deckt sich mit der türkischen Staatsideologie, Erdogans propagiertem Nationalismus und politischem Islam.

Soykan war Sprecherin des Koordinierungsrats für Muslime (KRM), der als von der DITIB dominiert gilt. Man kann davon ausgehen, dass in treuen Mitgliedsvereinen des ZMDs und nahezu allen Muslimbruderschafts-nahen Vereinen zum einen türkische Staatsideologien, darunter auch Antisemitismus und Antizionismus, verbreitet werden; zum anderen gezielt Personen dazu angestachelt werden, Parteien und Institutionen zu unterwandern, um diese bestimmten Weltansichten legalistisch zu verteidigen.

Unter einem Erdogan-Hut: Graue Wölfe, Muslimbrüder, Politischer Islam

Die ideologisch verfestigten Verbindungen machen sich auch bei dem ZMD-Gründungs-/Mitgliedsverband ATIB (Union Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa) bemerkbar. ATIB wird vom Verfassungsschutz den rechtsextremen Grauen Wölfen zugerechnet. ZMD und ATIB waren seit der ZMD-Gründung überaus eng verbunden. Dies besteht weiterhin. So belegt Mehmet Alparslan Celebi den stellvertretenden ZMD-Vorsitz, der ebenfalls nach TE-Informationen immer noch leitendes ATIB-Mitglied ist und im ATIB-Vorstand sitzt. Er ist benannt nach Alparslan Türkes, dem faschistischen, rechtsextremen Gründer der MHP und paramilitärischen Grauen Wölfe in der Türkei.

Celebis Vater, Musa Serdar Celebi, gab ihm diesen Namen – jener Musa Celebi, der ATIB gründete und vorher in der Türkei die Grauen Wölfe mit Alparslan Türken mitaufbaute. Mehmet A. Celebi fiel mit ultranationalistischen Kommentaren und als Erdogan-Anhänger auf. Auch versuchte M. A. Celebi in der CDU Einfluss zu erlangen:

Welche Verbindungen noch?
CDU-Gelsenkirchen: Erdogan-Lobbyist tritt von Ämtern zurück
Zusammen mit Cihan Sügür, der beim DITIB-Verband Dortmund arbeitete, gründete er die „Muslime in der Union“, auf dessen Gründungsversammlung der ZMD, DITIB und ATIB eingeladen wurden. Sügür und Celebi sind wiederum durch den Egibil-Vorstand mit Muhsin Senol verbunden, der wiederum UETD-Vorsitzender war und im ATIB-Vorstand saß. Laut FAZ versammelten sich auf der Veranstaltung hauptsächlich Erdogan-Anhänger.

Muhsin Senol (FNO) versuchte, Oberbürgermeister in Offenbach zu werden und sitzt als Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung. Dies zeigt auf: Es gibt keine Grenzen mehr; ZMD, ATIB, Graue Wölfe, Muslimbrüder ergo Islamisten werden zu einer unterstützenden Linie für Erdogan – und damit für den politischen Islam, mit dem sie alle sympathisieren.

Planung der Unterwanderung

Die Regierungspartei AKP und Erdogan haben früh vorgesorgt. Bereits 2002 trafen sich Erdogan und der damalige Ministerpräsident Abdullah Gül mit der Führung der Islamischen Gemeinschaft Milli-Görüs (IGMG). Ziel war es, die IGMG auf die Seite der AKP zu bekommen. Es wurde sogar vereinbart, ein gemeinsames Komitee zur Organisierung der AKP aufzubauen. Der Großteil der IGMG trennte sich von der Saadet-Partei zugunsten der AKP. So wurden in Deutschland Vereine, Organisationen und Einrichtungen der AKP gegründet. Kurz: Die IGMG stellt eine essentielle Basis der AKP in Deutschland dar.

Tarnen und Täuschen
Islamistin Soykan bleibt doch im Auswärtigen Amt angestellt
Beispielsweise rief Oguz Ücüncü, IGMG-Vorstehender, seit 2002 bis 2014 regelmäßig auf, die AKP zu wählen. Und der damalige IGMG-Generalsekretär Mustafa Yeneroglu konnte so erst zwei Legislaturperioden lang AKP-Abgeordneter werden. Die Milli-Görüs Bewegung ist zwar schon seit den 70er-Jahren in Deutschland, jedoch dient sie seit 2002 als Propagandainstrument und Finanzquelle für das AKP-Regime. 2017 standen Funktionäre der IGMG vor Gericht, die 2005 bis 2009 Spendenmittel für die türkische Regierung abgezweigt hätten, indem gläubige Mitglieder um Millionen betrogen worden wären. Der Verband hat nach eigenen Angaben 127.000 Mitglieder und eine Gemeindegröße von 350.000 Personen. Geht man von gängigen Betrug in IGMG-Vereinen aus, so stellt IGMG eine erhebliche Finanzquelle für das AKP-Regime dar.

Doch auch einzelne glühende Erdogan-Anhänger machen enorme Lobbyarbeit, wie Reiz Aru, der 2016 die Partei Allianz Deutscher Demokraten (ADD) gründete, die über 2.500 Mitgliedern verfügt und bei NRW-Landtagswahlen 2017 0,15 % erreichte.

Milli-Görüs-Funktionäre unterwandern für Erdogan Parteien

Aus diesen Gründen verwundert es nicht, wenn auch IGMG-Funktionäre versuchen, politischen Einfluss in Deutschland zu erlangen. Es wäre gar wahrscheinlich, dass die AKP und Erdogan dies sogar IGMG-Akteuren gewißermaßen anordnen würden. In Bielefeld trat der Grünen-Politiker Selvet Kocabey als Kandidat bei den NRW-Kommunalwahlen an.

LEGALISTISCHER ISLAMISMUS
Grüne halten an Kandidatur eines Milli-Görüs-Funktionärs fest
Aufgrund der Anschuldigungen als islamistischer Funktionär, trat er von seinen Ämtern zurück. Er war nicht nur Sprecher und im Vorstand der Milli-Görüs-Gemeinde Hicret, sondern vor allem Stellvertreter des Vorstandschef des „Bündnis Islamischen Gemeinden in Norddeutschland (BIG)“, das wiederum bei dem Dachverband „Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IR)“ Mitglied ist, dessen Vorsitzender Ali Kizilkaya zuvor ein Milli-Görüs Funktionär war. Laut Hamburger-Verfassungsschutz dominiert der IGMG im BIG, das sogar als IGMG-Ableger fungiere. Kocabey kann aufgrund dieser Verbindungen kein kleiner Funktionär sein.

Ähnliches geschah letztes Jahr in Hamburg. Zwei Grünen-Abgeordneten wurde vorgeworfen, islamistischen Organisationen sehr nahezustehen. Dem Hamburger Abendblatt nach sollen beide zusammen mit zahlreichen Gleichgesinnten eingetreten sein – was für eine systematische Unterwanderung spräche. Der eine rief auf Facebook zu Spenden des Hilfswerks Ansaar International auf, das islamistische Terrororganisationen wie die Hamas, die den Staat Israel vernichten will, unterstützt; der andere soll der islamistischen Milli-Görüs-Bewegung nahestehen.

Antisemitische Ideologien halten Islamistische Gruppen zusammen

Antisemitische Ideologien bilden eine maßgebliche Rolle bei den immer enger werdenden Islamisten. Die Ideologie der Milli-Görüs ist von Antisemitismus bestimmt, da diese von dem Muslimbruderschaft-Ideologen Sayyid Qutbb grundlegend beeinflusst ist. Auch zu den Ideologien der türkisch rechtsextremen Grauen Wölfe gehört Rassismus und Antisemitismus. Die Feindlichkeiten richten sich hauptsächlich gegen Armenier, Kurden und Juden, aber auch gegen Christen und liberale, säkulare Muslime. Erdogan und die AKP üben nicht nur eine strikte Anti-Israel Politik aus, sondern unterstützten finanziell und ideell die Terrororganisation Hamas, die den jüdischen Staat auslöschen will. Islamistische und türkisch rechtsextreme Organisationen begrüßen das, sowie auch, dass Erdogan eine fundamentalistische Religiosität vertritt. Einen nationalistischen politischen Islam zu etablieren, eint all diese Gruppierungen, mit dem Traumziel eines islamischen Staates.

Man kann es als eine geplante Doppelstrategie von Erdogan deuten: Islamische Vereine zu ideologisieren und zum Lobbyismus anzuwerben; Gleichzeitig Parteien und Institutionen zu unterwandern. Ziel: Einerseits den politischen Islam zu etablieren, andererseits Wählerstimmen sowie Geldquellen zu erlangen. Dazu kommt noch ein groß ausgebautes Spitzelnetz, das sich auf Konsulate, DITIB-Moscheen, Banken, Tarnfirmen und Reisebüros erstreckt. Nun stellte sich auch heraus, dass Erdogan sehr wahrscheinlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte instrumentalisierte.

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