Tichys Einblick
CDU-Politikerin Jana Schimke zum Parteitag

„In der CDU geht es darum, die Basis wieder mitzunehmen“

Heute Abend beginnt der CDU-Bundesparteitag, auf dem über den neuen Vorsitzenden entschieden wird. Die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Jana Schimke setzt sich für die Wahl von Friedrich Merz ein. Im TE-Interview beklagt sie den Gegensatz zwischen der Parteispitze und der Mehrheit der Basis

© Britta Konrad

TE: Mit Spannung wird die Wahl des Parteivorsitzenden erwartet.  Man hat fast den Eindruck, dass man einem Wahlkrimi beiwohnt. Warum bewegt diesmal die Wahl eines Vorsitzenden der CDU die Öffentlichkeit besonders?

Jana Schimke: Die CDU ist die letzte verbliebene Volkspartei in Deutschland und die Erwartungen der Menschen an uns sind hoch. Es geht aber nicht nur um die Zukunft der CDU, sondern auch die unseres Landes. Nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel geht eine Ära zu Ende und eine neue wird eingeleitet. Der nächste CDU-Parteivorsitzende hat gute Chancen, Kanzlerkandidat der Union und somit auch Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.

In welcher Situation befindet sich die CDU?

Wir stehen vor der Entscheidung, ob wir so weiter machen wie bisher oder etwas ändern wollen. Meine Meinung ist klar: Als Volkspartei darf die CDU es nicht zulassen, dass unsere bürgerlich-konservativen Anhänger sich auf die Suche nach einer neuen politischen Heimat machen, weil sie ihre Werte in der CDU nicht mehr vertreten sehen. Es geht um die Frage, wo wir uns zum politischen Mitbewerber abgrenzen und ob wir zu dem stehen, was wir sagen. Es geht um nichts anderes, als unsere Glaubwürdigkeit und das Vertrauen, das die Menschen in uns haben. Darum geht es bei der Wahl zum neuen Parteivorsitz. 

Ehemalige und inzwischen widerwillige CDU-Wähler wissen nicht mehr, wofür die CDU steht. Was sagen Sie diesen Wählern?

Ihnen sage ich, dass sie recht haben und wir alles daran setzen, sie zurück zu gewinnen. In den vielen Gesprächen spüre ich ganz deutlich, dass es eine große Sehnsucht danach gibt – mit dem richtigen Angebot. Ich möchte, dass die CDU den Menschen eine politische Heimat gibt, auf die man stolz ist und durch die man sich vertreten fühlt. 

Sie haben sich zu Friedrich Merz bekannt. Warum?

Er ist derzeit der einzige Politiker in Deutschland, der imstande ist, Hallen zu füllen. Davon konnte ich mich vor einiger Zeit hier in Brandenburg selbst überzeugen. Das gelingt, weil er über die seltene Eigenschaft von Berufspolitikern verfügt, Klartext zu sprechen und mit wenigen Worten auf den Punkt zu kommen. Das Maß an Glaubwürdigkeit, über das er verfügt, ist erheblich. Wer ihn erlebt, der merkt, er ist nicht eitel, nicht elitär und er hat einen guten Plan für Deutschland. Die Leute wollen wissen, woran sie sind. Und das wissen sie bei Friedrich Merz. Er überzeugt also nicht nur inhaltlich durch seine hohe Fachkompetenz und Berufserfahrung, sondern vor allem auch menschlich. Und das ist genau das, was den etablierten Parteien derzeit fehlt.

Was geschieht, wenn Friedrich Merz nicht gewählt wird?

Vor dem CDU-Bundesparteitag
Merkels große Jagd auf Merz
Dann fürchte ich, wird der durch die CDU bisher inhaltlich eingeschlagene Weg weiter fort geführt. Ich sage es ganz offen: Ich glaube nicht, dass eine Wahl von Armin Laschet oder Norbert Röttgen den Wahlkämpfern der CDU im Osten Deutschlands Rückenwind verleihen werden. Die Grünen sind hier nicht unsere Gegner, nicht einmal mehr die SPD. Wir verlieren Wähler an die AfD. Friedrich Merz ist der einzige, der das bisher erkannt hat. Wir leben im 30. Jahr der Deutschen Einheit. Es wäre ein fatales Signal, wenn der Osten in den politischen Strategien der CDU kein Rolle spielen würde.

Haben Sie Sorge, dass die komplizierte, zweiteilige Wahlprozedur das Wahlergebnis technisch verändern und zu Zweifeln an der Korrektheit führen könnte?

Dazu gibt es aus meiner Sicht keinen Anlass. Ich vertraue auf Paul Ziemiak und das Konrad-Adenauer-Haus. 

Teilen Sie die Einschätzung, dass die Wahl eine Auseinandersetzung zwischen  grüngeneigtem Parteiestablishment und bürgerlichen Erneuerern darstellt? Sind die Fronten verhärtet?

Ich habe schon den Eindruck, dass es sowohl personell als auch inhaltlich einen Gegensatz zwischen der Parteispitze und der Mehrheit der Parteibasis gibt. Es wäre gut, wenn der Parteitag dazu beitragen würden, diesen Gegensatz aufzulösen. Die Delegierten haben das selbst in der Hand. 

Lassen wir die Personen beiseite. Worin sehen sie die wichtigsten Aufgaben der CDU?

Ich halte es für existenziell, zu wissen, was man selbst will. Nur mit innerer Überzeugung, Leidenschaft und Optimismus gelingt es, andere zu überzeugen. In der CDU geht es darum, die Basis wieder mitzunehmen. Denn unsere Mitglieder sind es, die in den Familien, Vereinen oder dem Freundeskreis das Gesicht unserer Partei Vorort verkörpern. 

Unsere Wähler wünschen sich CDU pur, das muss sich in unserem inhaltlichen Angebot widerspiegeln. Was andere Parteien in ihre Programme schreiben, ist dafür unerheblich. Die Soziale Marktwirtschaft lebt im Kern durch den Ausgleich von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialen Belangen. Die vor uns liegenden Aufgaben wiegen deshalb schwer. Es wird nicht nur darum gehen, wie wir die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie bekämpfen. Es stellt sich auch die Frage, wie wir die aufgehäuften Schulden wieder abbauen, wie wir die Sozialsysteme demografiefest und generationengerecht machen, wie wir die Migrationspolitik richtig angehen und bei der Kriminalitätsbekämpfung klare Kante zeigen – nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis. Schließlich wird uns eine vernünftige Klimapolitik nur mit marktwirtschaftlichen Instrumenten gelingen. Ich traue uns zu, dass wir dazu in der Lage sind. 

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