Italiens Regierungspartei Lega hat ebenso wie Deutschlands Bauministerin Klara Geywitz (SPD) scharfe Kritik an dem EU-Beschluss geübt, der Zwangssanierungen von Häusern und Wohnungen zum Zweck des Klimaschutzes vorsieht. So formiert sich ein lagerübergreifender Widerstand in mehreren Mitgliedsstaaten. Unter anderem auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat seine Ablehnung klar gemacht: „Hier werden Regeln für 27 Länder beschlossen, die gar nicht umsetzbar und damit völlig weltfremd sind.“ Nehammer verband das auch mit einer Generalkritik an der EU und ihrem Parlament, das „sich mitunter im Klein-klein“ verliere.
In Deutschland geht, nachdem FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler die Unterstützung seiner Partei für Geywitz’ Widerstand deutlich machte, der Riss durch die Ampel selbst. Die Grünen scheinen nicht nur der Kritik aus der Opposition, sondern auch einem innerkoalitionärem Bündnis von FDP und SPD gegenüber zu stehen. In Brüssel verläuft der Riss unter anderem zwischen dem CSU-Politiker und EVP-Präsidenten Manfred Weber und der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (deren CDU-Mitgliedschaft allerdings ruht).
„Die EU, angeführt von einer zunehmend ideologischen Linken und weit entfernt von der Realität, gibt grünes Licht für einen Angriff auf italienische Häuser. Das Europäische Parlament billigt die Wohnungsbaurichtlinie, eine sachlich und methodisch falsche Bestimmung, ein verdecktes EU-Eigentumsrecht ohne Rücksicht auf die Besonderheiten des Gebäudebestands unseres Landes und ohne Rücksicht auf die Anforderungen der betreffenden Gebäude-Kategorien“. Die vom EU-Parlament gebilligte Richtlinie sei ein „schwerer Schlag für Italien, für unsere Unternehmen und für unsere Arbeitnehmer, denen von oben neue Lasten und neue Auflagen auferlegt werden, mit Kosten von Zehntausenden von Euro auf den Schultern jeder italienischen Familie“. Man sei auch für Umweltschutz und teile die Ziele, aber die Fristen und Methoden seien nicht akzeptabel. „Wie beim Autoverbot ab 2035 hoffen wir, dass die Verhandlungen diesem Euro-Wahnsinn ein Ende setzen können: Der Kampf um die Verteidigung italienischer Häuser endet hier nicht.“
Die Worte von FDP-Fraktionsvize Köhler klingen nicht völlig anders: „Es ist gut, dass nun auch die Sozialdemokraten den sozialen Sprengstoff erkannt haben und sich der Kritik aus der FDP anschließen“, sagte er der Bild. Die Liberalen stünden bereit, „gemeinsam mit der SPD für die Rechte der Hausbesitzer und gegen eine Überforderung der Mieter durch immer höhere Auflagen und Kosten zu kämpfen“.
Geywitz hatte zuvor im Deutschlandfunk gesagt, sie halte es „mit dem Grundgesetz nicht für vereinbar, dass man per Gesetz einen Sanierungszwang macht“. Das sei „ein absolut harter Eingriff in die Eigentumsrechte der Hausbesitzer“ und „unverhältnismäßig“.
Die Union schaltet sich indes mit eigenen Vorschlägen zur Senkung der Emissionen im Gebäudesektor in die Debatte ein – mit dem Tenor: staatliche Anreize statt Zwang. In Bild forderte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, „einen Klimabonus für den Austausch alter Heizungen in Höhe von 80 Prozent der Kosten und eine Abwrackprämie für Energiefresser“.
Die Richtlinie der EU sieht vor, dass alle neu zu bauenden Wohnimmobilien bis 2030 emissionsfrei sein müssen. Und bis 2033 sollen alle bestehenden Wohngebäude mindestens die Energieeffizienzklasse D erreicht haben, das heißt einen Energiebedarf von höchstens 130 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter Nutzfläche (m2a). Laut einer Studie des Immobiliendienstleisters McMakler müssten demnach etwa 54 Prozent der deutschen Wohnimmobilien bis 2033 saniert werden, um eine Energieklasse von D oder höher zu erreichen. Allerdings weisen die Immobiliendienstleister darauf hin, dass rund 60 Prozent der Eigentümer überhaupt nicht wissen, welche Energieklasse ihr Gebäude überhaupt hat.
(mit Material von dts)