Er selbst war sein erster Proband. Er impfte sich mit einem Impfstoff, den er selbst entwickelt und der ihn nach seiner Aussage immun gegen das Virus SARS-CoV-2 gemacht hat. Er wandte sich bereits im vergangenen Sommer an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und berichtete von seinem Impfstoff, der die Antikörper-Bildung initiiert: »Um Zeit zu sparen, habe ich nicht lange um eine Genehmigung gebeten, sondern ein Antigen hergestellt und mehrmals intramuskulär verimpft.« Das PEI reagiert lange nicht, zeigte dafür den Impfstoff-Rebell an.
Professor Dr. med. Winfried Stöcker ist nicht irgendwer, sondern Arzt, Labormediziner und hat mit EUROIMMUN ein Unternehmen für medizinische Labordiagnostika gegründet, das Reagenzien für den Nachweis von Infektionskrankheiten entwickelt. Er war weltweit vorndran, wenn Tests entwickelt werden mussten, um neue Viruserkrankungen zu entdecken. Winfried Stöcker: »Mit diesen Tests haben wir immer wieder die neuesten Viruskrankheiten identifizieren können – über die Antikörper.«
Wenn sich jemand führend mit neuen Viren auskennt, dann Prof. Stöcker und seine Kollegen. Sie konnten eindeutig ein Zielantigen identifizieren, das sich von allen anderen Virusinfektionen unterscheidet, das auch die spezifische Corona-Immunität besitzt. Das benutzen sie, um die Antikörper des Corona-Virus zu bestimmen.
EUROIMMUN hat Anfang dieses Jahres sogar ein Testsystem für die Bestimmung der T-Zell-Reaktion auf SARS-CoV-2 auf den Markt gebracht, mit dem Aktivität dieser wichtigsten Waffe des Immunsystems festgestellt werden kann. Denn offenbar sind sowohl Antikörper – als auch die T-Zell-Antwort für eine Immunität gegen den Erreger von COVID-19 entscheidend. Sie stellen rekombinant jenes kleine Protein an der Oberfläche des Spikes des Virus her, jene Stelle also, mit der sich das Virus an die Endothelzellen heftet. Dabei kann es zu Entzündungen an der Oberfläche der Innenseite der Blutgefäße kommen und im schlimmsten Fall eben zu jenen gefürchteten Thrombosen.
Stöcker: »Diese Stelle haben wir im Test eingesetzt. Da lag es für mich nahe, diese Stelle auch zu benutzen, um eine Immunität herbeizuführen.« Er probierte die Reagenzien zuerst bei sich selbst aus, um sich selbst zu immunisieren, dann bei seiner Familie und schließlich einer Reihe von Mitarbeitern. Sie sind immun.
Sein Protein wird in Zellkulturen hergestellt und isoliert, er muss also nicht einen neuen genetischen Bauplan in Körperzellen einschleusen, nach dem dann die Ribosomen in der Zelle ihre Antigene gegen das Coronavirus produzieren. Er benutzt nicht den Körper, den Organismus als Produktionsinstrument für das Antigen.
Das genau aber ist das Ziel bei der Entwicklung jener RNA-Impfstoffe, von der sich die Pharmaindustrie entscheidende Fortschritte erhofft und Fachleute als Zukunft der Impfstoffentwicklung ansehen.
Bei einem Impfstoff, der RNA benutzt, muss der geimpfte Organismus das Antigen erst selbst produzieren. »Da mache ich eigentlich etwas zu viel. Ich komme ja mit dem Antigen viel besser und schneller zum Ziel. Ich habe weniger Nebenwirkungen einzukalkulieren. Dieser Impfstoff ist auch leichter herzustellen.« Stöckers Impfstoff muss zudem nicht tiefgekühlt werden wie die anderen, sondern kann bei Zimmertemperatur verschickt werden: »Wenn ich einen Impfstoff nehme, der erst im Körper produziert werden muss, oder wenn ich ein Antigen einbringe, das schon fertig ist, dann bin ich mir sehr sicher, dass die letztere Methode die Bessere ist.« Und: »Wir bekommen ja nicht nur einen Antikörper, sondern wir bekommen auch nachgewiesen, dass diese Antikörper in der Lage sind, diesen Virus zu neutralisieren.«
Sie haben mittlerweile auch Tests entwickelt, um die T-Zellen-Immunität zu überprüfen. Das bedeutet: konkretes Messen, sauberes Herleiten. Stöcker ist sich sicher: »Mit dieser Impfung werden die Leute keine Corona mehr bekommen.«
Er kann direkt messen, wie viele Antikörper im Serum konzentriert sind, die das Virus neutralisieren sollen. Ein klares naturwissenschaftliches Vorgehen; er muss nicht Befindlichkeiten auswerten und benötigt keine aufwändigen Studien.
Die offizielle »Fachwelt« reagiert indigniert auf den abtrünnigen Impfstoff-Rebellen aus Lübeck und verweisen auf Risiken, wenn Medikamente nicht so getestet werden, wie sie es wollen. Was ein falscher Hilfsstoff beispielsweise auslösen kann, so wenden sie ein, habe sich bei jener Schweinegrippe-Pandemie 2009 gezeigt: Ein falscher Zusatzstoff löste beim Schweinegrippe-Vakzin Pandemrix vermutlich hunderte Fälle von sogenannter Schlafkrankheit aus. Theo Dingermann, Ex-Präsident der pharmazeutischen Gesellschaft: »Dieser Selbstversuch löst bei mir Entsetzen aus.« Er kommentiert: »Man kann froh sein, dass mit einer Anzeige reagiert wurde.« Das Paul-Ehrlich-Institut verklagt ihn wegen der fünf Familienmitglieder, die Stöcker geimpft hatte.
»Ich glaube, dass das Paul-Ehrlich-Institut hier noch ein bisschen Nachhilfeunterricht braucht, um die Gesetzeslage festzustellen«, sagt Stöcker trocken. »Ich habe von meinem Recht als Arzt gebraucht gemacht, dass ich jemanden behandeln kann, indem ich mir einen Impfstoff zusammen braue. Da habe ich ein Antigen und dann ein Adjuvans, das mixe ich mir zusammen und verimpfe das den Patienten. Da darf sich keiner reinmischen. Das ist ein ärztliches Recht. Ich darf nur keinen Impfstoff in den Verkehr bringen.«
Das will er auch nicht, sondern hat den »Bauplan« veröffentlicht und ihn bewusst nicht patentieren lassen. So könnte er von anderen Pharmafirmen ohne hohe Patentkosten hergestellt und weltweit verwendet werden. Er will damit kein Geld verdienen, muss es auch nicht. Der 74-Jährige hat sein Unternehmen gut verkauft.
Stöcker hatte übrigens auch Deutschlands derzeitigen Ober-Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité angesprochen und nach seinem Selbstversuch eine Probe seines Blutes geschickt. Stöcker sagt, Drosten habe die neutralisierende Wirkung der Antikörper bestätigt. Als die Welt am Sonntag nachfragt, will Drosten sich nicht direkt dazu äußern und weder bestätigen noch abstreiten.
Stöcker ist gewohnt, Klartext zu sprechen. Es wundert nicht, wenn er es ablehnt, weiter mit Behörden zu reden: »Mit einer so unprofessionellen und innovationsfeindlichen Behörde muss ich nicht mehr lange telefonieren.«