Tichys Einblick
Corona-Update 4. Oktober 2021

US-Untersuchung: kein Zusammenhang zwischen Impfquote und Covid-19-Fallzahlen

Erleben wir tatsächlich gerade eine "Pandemie der Ungeimpften"? Neue Daten zeigen ein anderes Bild. Die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Delta-Variante bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück.

IMAGO / Aton Chile

Amerikanische Wissenschaftler haben Daten aus 68 Staaten und 2947 US-Countys ausgewertet und auf einen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Corona-Impfquote und den Covid-19-Fallzahlen der letzten sieben Tage (vor dem 3. September) untersucht. Einer der Autoren des Beitrags ist der Harvard-Professor für Bevölkerungsgesundheit, S V Subramanian. Die Ergebnisse, die am 30. September im European Journal of Epidemiology veröffentlicht wurden, sind brisant: „Auf Länderebene scheint es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen dem Prozentsatz der vollständig geimpften Bevölkerung und neuen COVID-19-Fällen in den letzten sieben Tagen zu geben“, heißt es da. Der Trend weise sogar eher auf das Gegenteil hin, was sich am Beispiel Israel zeigen ließe, das Anfang September trotz einer Impfquote von über 60 Prozent, die höchsten Corona-Fallzahlen unter den untersuchten Staaten aufwies.

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Auch bei einer Datenanalyse über fast 3000 US-Countys fanden die Autoren keine signifikanten Indizien dafür, dass die Zahl der COVID-19-Infektionen mit einem höheren Prozentsatz der vollständig geimpften Bevölkerung abnehmen würde. Vier der fünf Countys mit den höchsten Impfquoten mit teils über 95 Prozent, wurden von der US-Seuchenschutzbehörde als Gebiete mit hoher Ansteckungsrate eingestuft. Dahingegen hatten über 25 Prozent der Countys, deren Ansteckungsraten als niedrig klassifiziert wurden, eine Impfquote von unter 20 Prozent.

Natürlich gelten für die Untersuchung Einschränkungen: Dadurch, dass nur eine Zeitspanne von sieben Tagen untersucht wurde, können Verzerrungen entstehen, weil verschiedene Regionen sich in unterschiedlichen Stadien einer Infektionswelle befanden. Auch strukturelle Effekte wie die natürlicherweise geringeren Infektionszahlen in sehr dünn besiedelten Gebieten werden nicht berücksichtigt. Der untersuchte Datensatz ist allerdings so groß, dass solche Effekte sich grob ausgleichen – die grundsätzliche Botschaft erscheint also aussagekräftig. Nicht untersucht wurde die Krankheitsschwere der Corona-Fälle, es kann also nicht gesagt werden, inwiefern die geimpften Infizierten dennoch mildere Verläufe hatten.

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Die Corona-Politik der meisten Staaten geht bis heute allerdings davon aus, dass die Impfungen auch vor Infektionen als solchen schützen würden. Das scheint nach diesen Ergebnissen kaum mehr möglich. Es wird geschlussfolgert: „Die Impfung als einzige Strategie zur Eindämmung von COVID-19 und seinen nachteiligen Folgen muss überprüft werden, insbesondere unter Berücksichtigung der Delta-Variante und zukünftiger Varianten.“ Die Stigmatisierung der ungeimpften Bevölkerungsteile könne mehr schaden als nutzen, meinen die Autoren.

Diese Erkenntnisse decken sich mit Zahlen aus anderen Ländern. Das israelische Gesundheitsministerium berichtete etwa, dass die Wirksamkeit der BionTech-Impfung gegen Infektionen unter 40 Prozent liege. In Großbritannien gehen über 50 Prozent der Infektionen mittlerweile auf sogenannte „Impfdurchbrüche“ zurück, auch bei den Hospitalisierungen machen geimpfte Personen fast die Hälfte der Covid-19-Fälle aus.

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