Tichys Einblick
Ethikrat-Mitglied analysiert

Ethik ganz groß: Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, sollen auf Intensivbett verzichten

In einem Brandbrief hat Prof. Dr. Wolfram Henn (59), Humangenetiker der Saarland-Uni und Mitglied des Deutschen Ethikrats, die Verweigerer einer Corona-Impfung aufgefordert, im Falle einer schweren Erkrankung auf Intensivpflege zu verzichten.

picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

„Wer partout das Impfen verweigern will, der sollte, bitte schön, auch ständig ein Dokument bei sich tragen mit der Aufschrift: ,Ich will nicht geimpft werden! Ich will den Schutz vor der Krankheit anderen überlassen! Ich will, wenn ich krank werde, mein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen.‘“ Weiter schrieb Henn: „Eine Impfpflicht gibt es nicht. Auch weil viele noch skeptisch sind und Fragen haben. Das ist verständlich. ABER: Bitte stellen Sie diese Fragen an Menschen, die sich wirklich auskennen.“

Gut, ich bin gerade mal 20 Jahre alt, habe weder Medizin studiert, noch bin ich im Ethikrat und ich habe viele Fragen. Zuerst einmal: laut einer Forsa-Umfrage wollen 43% der Befragten noch erstmal abwarten, sich zu impfen. Ist es nicht sehr unethisch, einen so großen Teil der Bevölkerung einfach über einen Kamm zu scheren? Es ist doch unmöglich, alle Beweggründe zu kennen, um so eine wertende Forderung zu stellen, oder nicht? Das ist eine ehrliche Frage, ich war noch nie Humangenetiker und kann daher nicht einschätzen, ob mit diesem Beruf auch Allwissenheit einhergeht. Ich weiß, dass viele Ärzte sich wie Gott fühlen, aber dass sie dazu werden, wäre mir neu.

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Daran anschließend meine nächste Frage: ist es nicht unglaublich unethisch, von schwer kranken Menschen zu verlangen, lieber zu ersticken und qualvoll zu sterben, statt sich behandeln zu lassen – und dass alles nur, weil sie es sich angeblich selbst zuzuschreiben haben? Wenn man diese Logik weiter anwendet, dürfen Übergewichtige nicht bei Diabetes behandelt werden, Raucher nicht mehr bei Lungenkrebs, Drogenabhängige nicht bei Überdosis und so weiter. Die Logik würde auch gleich das Böllerverbot zunichte machen. Alle, die Böllern, müssten einen Zettel bei sich tragen, auf dem steht: „Sollte ich durch einen Unfall Finger, Hände oder andere Glieder verlieren, verzichte ich hiermit darauf, in die Notaufnahme zu kommen.“ Dann wären aber wirklich viele Krankenhausbetten frei, dann könnten alle Corona-Patienten eine Luxus Rund-um-Sorglos-Behandlung bekommen.

Wolfgang Kubicki stellt zurecht fest: „Konsequent zu Ende gedacht, würde dies auch bedeuten, dass Menschen, die Polizisten auf den Müll wünschen, keinen Anspruch mehr auf staatlichen Schutz haben.“

Der absolute Wahrheitsanspruch ohne Beweise

Das bringt mich gleich zu meiner nächsten Frage, auf die ich durch einen Twitter-User aufmerksam wurde. Nach Ihrer Logik, Herr Henn, sollen die, die sich nicht geimpft haben, die Betten frei halten für die, die sich geimpft haben. Aber wofür brauchen die Geimpften die Betten denn überhaupt? Das heißt, wenn ich mich impfen lasse, habe ich die Risiken einer unerprobten Impfung, einen angeschwollenen Arm UND obendrauf kann ich immer noch einen schweren Corona-Verlauf bekommen? Das mit der Werbung müssen Sie nochmal üben.

Eine weitere Frage: Was hab‘ ich denn überhaupt noch von dem Impfstoff? Wenn ich das richtig verstehe, schützt es mich nicht davor, ansteckend zu sein, aber wohl auch nicht komplett vor der Erkrankung. Bisher dachte ich immer, es würde mich vor einem schweren Verlauf schützen, aber jetzt sagen Sie mir, dass ich möglicherweise trotzdem auf der Intensivstation landen könnte, dass sogar trotzdem eine Corona-Triage drohe. Was kann die Impfung denn dann? Im Grunde zeigt sie doch Ihnen zufolge nur guten Willen, oder?

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Vertrauen ist, das sollten Sie wissen, das wichtigste in der Medizin. Man muss Vertrauen zu seinem Arzt, zu seinem Chirurgen, zu seiner Krankenschwester, zu seiner Apothekerin haben. Auch zu Naturwissenschaftlern muss man Vertrauen haben – und das Vertrauen ist bei vielen zu einem sehr großen Teil verloren gegangen. Ich möchte dabei betonen: zu den Wissenschaftlern, nicht der Wissenschaft. Naturwissenschaftler sind Menschen. Und Menschen können niemals zu 100% objektiv sein. Niemals sollte man einem Naturwissenschaftler glauben, der von sich behauptet, er sei zu 100% objektiv. Das geht gar nicht.

Ich bin kein Corona-Leugner, schon alleine weil ich keine Ahnung von Medizin habe. Ich erlaube mir schlichtweg kein abschließendes Urteil. Da es leider keine sachlichen, wissenschaftlichen Debatten mehr gibt, bleibt mir nichts anderes übrig, als mir die eine und die andere Seite unabhängig voneinander anzuhören. Aber es ist mir nicht möglich zu sagen, wer recht hat.

Jedes Mal, wenn Politiker, Ärzte und Wissenschaftler von der Impfung reden, dann sprechen sie davon, dass es keine Komplikationen gab, keine Nebenwirkungen und keine Schwierigkeiten. Das glaube ich nicht, denn das geht nicht. Nicht mal Hustensaft hat keine Nebenwirkungen. Was soll dieser Impfstoff zudem bringen? Nächstes Jahr wird ein anderes Virus kommen, wir hören jetzt schon Nachrichten von mutierten Corona-Viren. Es sind Fragen, auf die man keine Antwort bekommen soll. Man wird alleine gelassen und dann aufgefordert, für seine Zweifel bereitwillig zu sterben.

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