Tichys Einblick
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Im Spiegel ist viel Platz für Gerechtigkeit

Beim Spiegel arbeitet eine Klassen-Redaktion: Die Print-Mannschaft wird deutlich besser entlohnt und prämiert als das Online-Team. Ist das gerecht? Die Antwort findet man in der aktuellen Printausgabe nicht. Warum wohl?

Die aktuelle Spiegel-Ausgabe vom 29. Juli ist ein besonderes Heft, „ein Spiegel zur Lage der Nation“, wie die Redaktion ankündigt. Weiter heißt es in den „Hausmitteilungen“: „Eine der Leitfragen ist dabei diese: Geht es gerecht zu in Deutschland?“. Das beschäftigt den Spiegel so sehr, dass auch Spiegel-Online in dieser Woche täglich etwas zum Thema beisteuern will. „Viele Menschen haben in Deutschland den Eindruck, dass Bildungschancen und Vermögen ungerecht verteilt sind. (…) Wir berichten, wie gerecht es in Deutschland tatsächlich zugeht“, kündigte Barbara Hans, Chefredakteurin von Spiegel-Online, an.

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„Gerechtigkeit?“ War da nicht was? Als der SPD-Kanzlerkandidat sich noch als „Gottkanzler“ feiern ließ, verkündete er als Motto „Zeit für mehr Gerechtigkeit“. Damals unterstützte das Hamburger Magazin den Kandidaten mit einer Titelgeschichte: „Die Schulz-Debatte: Wie gerecht ist das Land?“ (Spiegel vom 25. Februar 2017). Was konnte sich der Kandidat damals mehr wünschen, als dass „das deutsche Nachrichten-Magazin“ sich seines zentralen Wahlkampf-Themas so intensiv annimmt? Der Spiegel lieferte wie erwartet: Mehr Gerechtigkeit könnte es schon sein.

Auf der Gerechtigkeitswelle konnte Schulz nicht lange auf hohen Zustimmungswellen surfen; er wurde bald richtig nass. Also legt der Spiegel jetzt nach. Deutschland wird als „gespaltenes Land“ dargestellt, in dem sich ungeachtet guter Wirtschaftszahlen das Gefühl verbreite, die Gesellschaft bewege sich auseinander. „Die Befindlichkeit“, so der Spiegel, ist zum politischen Faktor ersten Ranges geworden. „Fragt sich nur, warum sich dieser „Faktor ersten Ranges“ nicht in den Umfragezahlen niederschlägt, wenn nicht bei der „Agenda“-SPD dann wenigstens bei der Linken?

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Am  Rande bemerkt: Beim Spiegel arbeitet eine gespaltene Redaktion: Die Print-Mannschaft wird deutlich besser entlohnt und prämiert als das Online-Team. Ist das gerecht? Die Antwort findet man in der aktuellen Printausgabe nicht. Warum wohl?

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Wahlkampfweisheit zum Tage: In der Politik ist es wie in der Malerei: Der gute Wille ist keine Entschuldigung für schlechte Arbeit (Winston Churchill).

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