Tichys Einblick
Karlsruhe entscheidet:

Hessisches Verfassungsschutzgesetz in großen Teilen verfassungswidrig

Karlsruhe kassiert das Verfassungsschutzgesetz Hessens ein. Grund: Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es geht unter anderem um die Ortung von Mobilfunkgeräten und den Einsatz verdeckter Mitarbeiter.

picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Keine guten Tage für die Verfassungsschutzämter: Zuerst muss der Präsident des Bundesamtes, Haldewang, einräumen, dass er für Correctiv im Migrationsskandalspiel mitgeschnüffelt hat. Dann muss das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz seine Verleumdungskampagne gegen Journalisten zurücknehmen.

Jetzt ist das hessische Verfassungsschutzgesetz in weiten Teilen als verfassungswidrig abgeurteilt worden. Wie verfassungswidrig ist das hessische Verfassungsschutzgesetz? Folgt man einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dann verstößt das Gesetz gleich mehrfach gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

In einem am Dienstagmorgen veröffentlichten Beschluss führt Karlsruhe gleich sechs Paragrafen an, deren Inhalte teils nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Unter anderem geht es dabei um die Ortung von Mobilfunkendgeräten, das Auskunftsersuchen bei Verkehrsunternehmen und über Flüge, den Einsatz verdeckter Mitarbeiter sowie Übermittlungen an Strafverfolgungsbehörden.

Die Verfassungsbeschwerde lag dem Gericht seit 2019 vor. Geklagt hatten fünf Beschwerdeführer. Zwei davon sollen Mitglieder einer Organisation sein, die das Landesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch einstuft. Ein weiterer Kläger ist Journalist und stünde häufig in Kontakt mit Personen, die unter Beobachtung des Landesamtes stünden.

Unterstützt wurde die Beschwerde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Sie sprach von einem „Erfolg für die Grundrechte“, der hessische Gesetzgeber müsse nun „nachjustieren“.

Hessen hatte erst im Jahr 2022 das Verfassungsschutzgesetz geändert. Das Bundesverfassungsgericht stellt im neuen Urteil Grundsätze auf, die für alle Bundesländer maßgeblich sind. Bereits im Februar hatte das Gericht den Beschwerdeführern Recht gegeben, dass die Datenverarbeitung durch die Polizei eingeschränkt werden müsse.

Die Fälle zeigen: Die Versuche diverser Landesregierungen und der Bundesregierung, den Verfassungsschutz zur Zensur- und allgemeine Bürgerbespitzelungspolizei umzubauen, überschreiten längst den Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen.

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