Das hatte sich die im Gegensatz zur Bevölkerung mehrheitlich linksgestrickte Mehrheit der mainstream-Medien ganz anders vorgestellt. Die zu einer SPIEGEL-Affäre hochgehypten Ermittlungen gegen zwei Berliner Blogger sollten zum Fanal gegen verhasste Repräsentanten des Rechtsstaats Bundesrepublik werden – doch statt dessen produzierten sie einen gigantischen Rohrkrepierer. r2g – die Formel für rot-rot-grüne Koalition, hat ihren Hoffnungsträger verloren.
Zugegeben – der oberste Ermittler und Ankläger des Staates verlor seinen Job. Doch statt nun auf diesen den Linken so unangenehmen Posten einen Sozialdemokraten zu setzen, hielt sich der bedrängte Bundesminister der Justiz an die im Zuge der Edathy-Affäre ausgehandelte Verabredung und schlug einen christsozialen Bayern vor. So folgt nun auf einen blaugelben Liberalen der Ära Schnarrenberger ein weißblauer Schwarzer.
Ein Hoffnungsträger enttäuscht
Zum Scheitern verurteilt dagegen ist der hartnäckige Versuch, den obersten Verfassungsschützer abzuräumen. Denn der hat sich mit seiner Anzeige gegen unbekannte Durchstecher ebenso wenig zu Schulden kommen lassen wie mit einer beigehefteten Beurteilung des Sachverhalts aus seinem Hause. Der Anzeigende ist weder Ermittler noch Kläger und zur juristischen Objektivität nicht verpflichtet. Dennoch darf es wenig wundern, dass es ausgerechnet der Chef der mit der freiheitlichen Bundesverfassung fremdelnden Linken ist, der nicht müde wird, dem Verfassungsschützer die Verantwortung in die Schuhe schieben zu wollen. Linksparteiler Riexinger wird dafür gute Gründe haben – und diese dürften eher im Verhalten seiner eigenen Parlamentarier als in vorgeblichem Fehlverhalten des Verfassungsschutzpräsidenten ihre Ursache haben.
Das allein schon beschreibt eine Situation, die deutlich abweicht vom erhofften Massensturz der Staatsverteidiger. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen. Denn völlig ungewollt und unerwartet offenbarte die hochgespielte Affäre die Unfähigkeit des Bundesministers der Justiz, mit der Situation angemessen umzugehen. Ausgerechnet Heiko Maas!
Der smarte Saarländer war der rot-rot-grünen Wunschkoalitionsträumer eine ihrer letzten Hoffnungen für die Zeit nach dem Barockengel Sigmar Gabriel. Maas verfügt scheinbar nicht nur über die richtige, linksalternative Gesinnung – er erschien den versammelten Linken angesichts der personellen Alternativen auch als jener, der die Merkelsche Dominanz würde überwinden können. Denn die Personaldecke der R2G-Befürworter in der SPD ist dünn geworden. Der von Gegnern gern als „wandelndes Magengeschwür“ geschmähte Ralf Stegner gilt als Wählergift. Der früheren Parteirebellin Andrea Nahles wird mit ihrer Attitüde der Hartz-IV-Mutti ebenfalls nicht zugetraut, das Ruder herumreißen zu können, und dem Linkshessen Thorsten Schäfer-Gümbel wird das Charisma eines „Einfahrt-verboten“-Schildes zugeschrieben. So blieb der eloquente Maas der letzte Trumpf im R2G-Marketing der Merkel-Überwindung – und es darf wenig wundern, dass es ausgerechnet die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann war, die ihrem Vorsitzenden in alter Nahles-Manier das Messer in den Rücken schob und zur Bestellung eines Kanzlerkandidaten eine Mitgliederbefragung einforderte.
Die Hannover-Connection geht zu Ende
Das war nicht dumm gedacht – zumindest zu einem Zeitpunkt, als der Taschennapoleon von der Saar noch mit stolz geschwellter Ministerbrust durch die Lande marschieren durfte. Denn die Zeiten der Hannover-Connection, die rund zwei Jahrzehnte den Weg der SPD bestimmte, neigen sich nach dem Edathy-Ausfall dem Ende zu. Fraktionschef Thomas Oppermann, immer noch angezählt wegen seiner bis heute nicht aufgeklärten Rolle in eben jener Edathy-Affäre, gelang es nie, in die Fußstapfen des Peter Struck zu treten. Auch die Tage der „Putte“ scheinen gezählt. Gabriels ständiges Schwanken zwischen sozialdemokratischem Traditionalismus und sozialem Realismus ebenso wie die offensichtliche Verzweiflung, als nächster schwarzer Witwer der ewigen Bundeskanzlerin in die Geschichte eingehen zu können, haben ihn längst seiner linken Parteibasis entfremdet. Gabriels notorische Abneigung gegen die spätmarxistischen Romantiker und Amerikafeinde auf der politischen Linken tat ein weiteres, um die sozialdemokratischen Systemüberwinder in Maas ihre letzte realistische Hoffnung erblicken zu lassen. Und dann kämpft er auch noch für das Transatlantische Freihandelsabkommen.
So ist denn gut nachvollziehbar, dass mediale Supporter des Ministers nicht müde werden, das mehr als fragwürdige Vorgehen des Saarländers gegen seinen Generalbundesanwalt als „großen Befreiungsschlag“ zu feiern und dem wankenden Wankelmütigen ungeahnte Charakterstärke anzudichten.
Kein Befreiungsschlag
Nutzen wird es wenig – ganz im Gegenteil. Die Bevölkerung hat ein gutes Gespür dafür, wem sie ihr politisches Schicksal anvertrauen darf. Ein Heiko Maas ist dieses nicht mehr – falls er es überhaupt jemals gewesen sein sollte.
So stirbt denn mit dem politischen Leichtgewicht Maas nun auch Rotrotgrün. Und es könnte gut sein, dass die verzweifelten Versuche, den Gescheiterten im Justizministerium schön zu reden, sogar zum Brandbeschleuniger werden. Denn Gabriel und seine Hannoveraner wissen mittlerweile sehr gut, dass ihre einzige Chance, nach der nächsten Bundestagswahl auf den angewärmten Sesseln der Macht zu verbleiben, in der vagen Hoffnung auf eine Fortsetzung der Großen Koalition zu finden ist. Ein Protagonist des R2G-Experiments im Ministeramt kann da nur hinderlich sein. Vor allem dann, wenn er – wie nun geschehen – heftig wankt. Insofern wird manch einer aus dem Niedersachsenclan schon klammheimlich darüber nachdenken, wie man den forschen Jungspunt aus dem Stall des Oskar Lafontaine behutsam aus dem Rennen nehmen kann.
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