Tichys Einblick
315 Millionen für Radwege in Peru:

Trotz Haushaltsloch: Milliardenverschwendung in der Entwicklungshilfe

Es muss gespart werden, doch der Widerstand vieler Politiker bei nur kleinsten Kürzungen des Entwicklungsetats lädt ein, sich diesen genauer anzusehen. Die ernüchternde Bilanz: Gelder werden verschwendet, Korruption gedeiht, und außer den ausführenden NGOs profitieren die zu beglückenden Länder kaum oder gar nicht.

IMAGO / photothek

Die desaströse Haushaltslage hat zumindest ein Gutes: Endlich müssen und werden einige der reichlich fließenden Summen an Steuergeldern, mit denen die Regierung ansonsten prasst, hinterfragt werden. Die Politik schießt sich dabei aber selbst ins Bein, wenn sie einige übervolle Töpfe nicht stillschweigend einer leichten Kürzung unterzieht, sondern sich über diese Einsparungen echauffiert, denn damit rückt die Frage, was mit dem Inhalt dieser Töpfe eigentlich getan wird, in ein öffentliches Licht, das sie womöglich lieber gescheut hätten.

So geschehen nun, als Finanzminister Christian Lindner eine geringfügige Kürzung des Entwicklungsetats des BMZ von 12,16 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf 11,52 Milliarden Euro 2024 verkündete und damit Empörung nicht nur unter der SPD und den Grünen, sondern sogar bei der Opposition der CDU und der Linken, hervorrief. Einzig die AfD argumentierte, dass selbst diese Kürzung nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei, da ein Großteil des Entwicklungsetats ohnehin eine Verschwendung wäre.

Was zunächst ein wenig herzlos klingen mag, erscheint bei Lichte betrachtet aber nicht mehr so abwegig. Rainer Zitelmann veröffentlichte einen Beitrag im Focus, in dem er vorrechnete, welch absurde Ausgaben im Rahmen sogenannter Entwicklungshilfe oft getätigt werden und wie gering deren tatsächlicher Nutzen ist. Das wohl eklatanteste Beispiel dafür sind die 315 Millionen Euro deutscher Steuergelder für Busse und Radwege in Peru. Sie stellen aber nur die Spitze eines Eisbergs dar, der in den Jahren und Jahrzehnten des Wohlstands immer größer wurde und den man sich folglich aus dem Wunsch, „Gutes zu tun“, leistete. Ein wenig wie moderner Ablasshandel, was ja für einen Großteil der Wohltätigkeitskultur gilt.

Die Wirkungslosigkeit der Entwicklungshilfe

Denn wer nach Jahrzehnten der Entwicklungshilfe nüchtern bilanziert, muss feststellen, dass der Nutzen der meisten Investitionen in den geförderten Gesellschaften gegen Null tendiert. Große Teile dieser Investitionen landen entweder bei korrupten Politikern in den Zielgesellschaften, oder bei den eigens angekarrten Fachkräften aus dem Westen, die die Projekte realisieren sollen.

Projekte für ökologische Landwirtschaft interessieren die Einheimischen in Afrika ungefähr so sehr, wie Genderstudiengänge an der Universität Kabul die Taliban. Dennoch führen wir diese Projekte durch. Es ist der letzte verbliebene Rest unseres Sendungseifers, eine koloniale Missionierung, nur mit dem Unterschied, dass die zu kolonisierenden Gesellschaften kein Interesse an unserem Exportschlager „Hypermoral“ haben.

Aber selbst Infrastrukturprojekte wie der Straßenbau (oder mit ganz viel Fantasie sogar der Radwegbau in Peru) scheitern daran, dass es sich um eine einmalige Investition handelt, nach deren Vollendung keinerlei Strukturen für die Instandhaltung vorhanden sind. Das Resultat? Die neugebauten Straßen beginnen sofort wieder zu verfallen. Dabei handelt es sich aber nicht einmal um die spezifische Unfähigkeit des hypermoralischen Westens im Endstadium, denn selbst China stößt bei seinen Infrastrukturprojekten in Afrika auf Reihen von Hindernissen, die einen an der nachhaltigen Effektivität der von China gebauten Straßen und Krankenhäuser zweifeln lässt.

Die Dokumentation „Empire of Dust“ dokumentierte dies bereits vor Jahren eindrucksvoll, als sie den Frust eines chinesischen Straßenbauingenieurs im Kongo mit den Gepflogenheiten der lokalen Dienstleister abbildete.

Wenn Entwicklungsgelder in die falsche Richtung fließen

Profis in der Entwicklungshilfe hinterfragen deren Wirksamkeit mittlerweile unverhohlen, ja bezeichnen sie oftmals sogar als kontraproduktiv, da sie die örtliche Eigeninitiative und Eigenverantwortung unterwandern und stattdessen eher korrupte Strukturen perpetuieren. Nigeria ist eines der Länder, die international am meisten Entwicklungshilfe erhalten. Dennoch – oder gerade deshalb – genehmigte sich der dortige Präsident eine Luxusjacht zum Schnäppchenpreis von 6 Millionen Dollar. Und damit die dortigen Parlamentarier angesichts dieses Bonus nicht den Aufstand proben, erhielten sie als Trostpreis allesamt je einen Geländewagen im Wert von 150.000 Dollar. Die Nationalversammlung Nigerias umfasst 460 Abgeordnete.

Laut Weltbank werden 85 Prozent der Mittel für Entwicklungshilfe zweckentfremdet verwendet. Der Ökonom William Easterly hingegen rechnet vor, dass in über 40 Jahren mehr als 568 Milliarden Dollar an Entwicklungshilfe nach Afrika flossen. Ein Wachstum des realen BIP pro Einwohner war allerdings nicht messbar. Eine rasante Entwicklung legten aber – bekanntermaßen – China und Indien hin, die im internationalen Vergleich allerdings vergleichsweise wenig Entwicklungshilfe erhielten.

Diese beiden ehemaligen „Vorzeigeschwellenländer“ werfen allerdings die berechtigte Frage auf, wie die Entwicklungshelfer sich eigentlich das Ende ihrer Unterstützung vorstellen – bzw. ob ein solches überhaupt geplant ist. Denn auch wenn China zwar keine Vorzeigedemokratie ist und es wohl auch nie werden wird, mutet es angesichts der Industriemacht, aber auch der Wohlstandsbildung im Reich der Mitte doch mehr wie befremdlich an, dass Deutschland China nach wie vor Entwicklungshilfe zukommen lässt, immerhin in Höhe von fast drei Milliarden Euro im Zeitraum von 2017 bis 2021. Angesichts der Haushaltsnotlage ist es schon längst kein schwarzmalerischer Zynismus mehr, wenn man sich die Frage stellt, ob dies nicht eigentlich umgekehrt der Fall sein müsste.

Dennoch mischt Deutschland weltweit an der Spitze der Entwicklungshelfer mit. Einzig die USA liegen mit Nettoausgaben von 47,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 noch deutlich vor Deutschland, das neben den knapp 12 staatlichen Milliarden noch über 20 weitere Milliarden aus nicht-staatlichen Mitteln aufstellte, um sich mit insgesamt 33 Milliarden Dollar an der weltweiten Entwicklungshilfe zu beteiligen. Der Drittplatzierte, Japan, folgt mit 17,6 Milliarden Dollar bereits mit einigem Respektabstand.

Enteignung, um Freundschaftsdienste zu finanzieren

Entwicklungshilfe wirft zwar wenige Früchte ab, aber für manche lohnt sie sich dennoch. Viele NGOs, Hilfsorganisationen und deren Mitarbeiter können damit effektiv ihren Lebensunterhalt bestreiten, nur werfen diese Projekte eben selten einen sozialen, ökologischen oder wirtschaftlichen Mehrwert ab. Versorgungsgelder für ideologisch Gleichgesinnte, sollte man meinen.

Nirgendwo wird dies deutlicher als an den eingeplanten 835 Millionen Euro im Entwicklungsbudget des Jahres 2023 für „Entwicklungswichtige multilaterale Hilfen zum weltweiten Umweltschutz, zur Erhaltung der Biodiversität und zum Klimaschutz“. Da darf sich der deutsche Steuerzahler schon mal mit über 130 Millionen Euro an der 6., 7., und 8. „Wiederauffüllung“ des „Globalen Umwelt- und Treuhandfonds der Globalen Umweltfazilität“ beteiligen. Oder mit über 307 Millionen Euro an der 1. und 2. „Auffüllung“ des „Green Climate Fund“. Dagegen sind läppische 5 Millionen für „Problue“ (ohne weitere Erläuterung) oder Beiträge zu „Klimarisikoversicherungen“ in Höhe von 40 Millionen Euro ja schon wieder ein Schnäppchen und kaum der Erwähnung wert.

Man sollte dabei nicht vergessen, dass die aktuelle Haushaltssperre zum Anlass genommen wurde, um alte Debatten über Erbschafts- und Vermögenssteuer wieder anzukurbeln, und den Gipfel der Dreistigkeit bekam der deutsche Steuerzahler zu hören, als er vernahm, dass medial bereits vorgefühlt wird, ob der deutsche Staat sich nicht bei den Privatvermögen der Deutschen bedienen könnte.

— Klaus-Rüdiger Mai (@KlausMai1) December 5, 2023

Merkels Geist der Alternativlosigkeit

Doch über all dem steht die Frage: Wie lange noch? Zunächst einmal bezieht sich diese Frage auf die Ampel, doch die Debatte um die Entwicklungshilfe zeigt, wie wenig Grund zur Hoffnung es gibt. Dass die verbliebenen Parlamentarier der „Linken“ die Entwicklungshilfe als heilige Kuh betrachten, ist wenig verwunderlich.

Dass aber ein CDU-Parlamentarier wie Volkmar Klein sich die Blöße gibt, und die marginale Kürzung des Entwicklungsetats auf 11,5 Milliarden Euro als Anlass nimmt, diesen Schritt als „peinlich“ zu kritisieren und gleichzeitig das Hohelied auf die Regentschaft Angela Merkels anzustimmen, für die „internationale Verantwortung ein Herzensanliegen und ein Vernunftgebot gewesen“ sei, muss fast schon als erschreckend bezeichnet werden.

Was nutzt es dem deutschen Bürger, wenn die Ampel auseinanderbrechen und bei der nächsten Wahl wieder die CDU in die Regierung drängen würde, die nicht nur die Fehler der Ära Merkel nicht offen eingesteht, sondern diese im Gegenteil auch noch verherrlicht? Die Alternativlosigkeit in Deutschlands Politik jenseits der AfD ist vielleicht sogar das stärkste Argument dafür, dass es gerade Deutschland ist, das zum jetzigen Zeitpunkt der Entwicklungshilfe bedürfte. Es darf aber bezweifelt werden, dass andere Länder ebenso gewillt sind, Geld für hoffnungslose Projekte zum Fenster hinauszuwerfen.

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