Tichys Einblick
Eckdaten für den Haushalt

Ampel trickst sich weiter durch

Die Spitzen der Koalition haben sich auf Eckwerte für den Haushalt 2025 geeinigt. Die Botschaft lautet: Koalition und Schuldenbremse halten. Doch Olaf Scholz und Christian Lindner betreiben nur Etikettenschwindel.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Frederic Kern/Geisler-Fotopress

TE-Leser wissen mehr. TE-Leser wissen es früher. Seit Wochen orakelt eine Clique von Hauptstadtjournalisten über das (vorzeitige) Ende der Ampel. Die werde am Haushalt zerbrechen. Das werde sie nicht, hat TE bereits am vergangenen Freitag geschrieben. Olaf Scholz und Christian Lindner werden zwar weiterhin nicht gestalten, aber sich trotzdem in und an den Ämtern halten. Buchungstricks werden ihnen dabei helfen. Nun. Genau so ist es gekommen.

Erst einmal hat die Ampel den üblichen Theaterdonner inszeniert. Mit allen dramaturgischen Kniffen der Berliner Schmierenkomödie: Einzug der Gladiatoren um 15 Uhr. Heldenhaftes Ringen der tapferen Krieger. Nur wenig sickert an ausgewählte Journalisten durch. Die lassen den Testballon starten. Um 6 Uhr verlässt die Runde übermüdet den Kampfplatz. Ausgesuchte Journalisten erhalten ausgesuchte Botschaften. Die denken dann, sie hätten einen Schatz in der Hand. Aber letztlich bekommen sie nur die Sprachregelung der Regierung, die sie mit der Pflichtschuldigkeit eines Regierungssprechers verbreiten: Die Ampel hat sich auf einen Haushalt geeinigt. Die Schuldenbremse bleibt.

Details folgen später, heißt es. Die Journalisten geben sich damit ab. Sie haben ja da schließlich was ganz was Besonderes in der Hand. Die alten Trüffelschweine. Doch ein etwas kühlerer Blick zeigt: Die Kernbotschaft der Ampel ist verlogen. Zwar hält die Schuldenbremse formell. Doch eine solide Haushaltspolitik ist das eben trotzdem nicht. Weder spart die Ampel wesentlich, noch investiert sie in eine bessere Wirtschaftslage. Sie wendet Buchungstricks an, um faktische Schulden machen zu können, die aber als solche nicht im Haushalt auftauchen, somit auch nicht die Schuldenbremse in Frage stellen.

Zum Beispiel im Verteidigungsetat. Minister Boris Pistorius (SPD) hatte im Vorfeld sieben Milliarden Euro mehr an Bedarf angemeldet. Davon bekommt er nicht mal zwei Milliarden Euro, wie die Bild berichtet. Aber er darf trotzdem weiter Waffen bestellen, die durch den Haushalt 2025 nicht gedeckt sind – und folglich später bezahlt werden müssen. Läuft 2028 das „Sondervermögen Bundeswehr“ aus, weiß der Bund ohnehin nicht, wie er seine internationalen militärischen Verpflichtungen finanzieren soll. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) handeln nach dem Motto: Wenn wir morgen eh pleite sind, können wir die Verpflichtungen von heute auch noch auf die künftige Last oben draufsatteln. Da kommt es dann auch nicht mehr drauf an.

Die Ausgaben für die Ukraine lassen sich auch rausrechnen. Sie bringen zwar Schulden mit sich, die über das von der Schuldenbremse erlaubte Maß hinausgehen. Aber da es sich hier um eine Notlage handelt, erlaubt die Bremse diese Ausnahme. Sie ist ein Label für vernünftige Haushaltspolitik und mit ihr verhält es sich wie mit den Bio-Labels: Wer denn unbedingt dran glauben will, sollte die Bedingungen nicht hinterfragen und das Kleingedruckte meiden.

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Um das Label „Schuldenbremse“ aufrechterhalten zu können, lagert die Ampel weiterhin Kosten aus. Reformen gibt es nicht. So bleibt das Bürgergeld, wie es ist: hoch und auch ohne wirksame Regularien gegen Empfänger, die sich einer Arbeit verweigern. Die Regierung um Scholz, Lindner und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) geht weiter von Kosten aus, von denen sie weiß, dass die zu niedrig angesetzt sind. Nachtragshaushalte werden das regeln müssen. Zudem belässt die Ampel gesellschaftliche Aufgaben bei Krankenkasse, Rentenversicherung oder Pflegeversicherung. Damit werden in der Sozialversicherung die Beiträge steigen, Arbeit damit noch teurer und weniger lohnenswert – Bürgergeld dafür umso attraktiver.

Ein paar Informationen haben sich die Ampelvertreter noch für den Lauf des Tages aufgehoben. An irgendeiner symbolischen Stelle werden sie investieren: eine Milliarde Euro, vielleicht zwei Milliarden Euro. Das werden sie wieder an ausgewählte Journalisten stecken, die es entsprechend zur Investitionsbereitschaft der Ampel aufblasen werden. Die fühlen sich dabei vielleicht wie der Goldene Reiter, sind aber nicht mehr als Stallburschen der Regierung.

Den Haushaltsstreit beigelegt hat die Ampel mit den Eckwerten auch noch nicht. Bereits an diesem Wochenende wird das Konzert der Forderungen wieder losgehen. Mit den üblichen Verdächtigen: Saskia Esken und Kevin Kühnert (SPD) werden fordern, die Schuldenbremse aufzuweichen, um im Sozialen Geld auszugeben. Einer von den vielen grünen Vorsitzenden wird mehr Geld für Investitionen in die Klimaschutzindustrie wollen. Ukraine-Experten wie Andre Hofreiter (Grüne), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) oder Roderich Kiesewetter (CDU) werden höhere Ausgaben für den Krieg für notwendig halten. Und Merkelianer wie Hendrik Wüst oder Daniel Günther werden signalisieren, dass dies mit der CDU alles möglich sein kann. Mit anderen Worten: Das Theater geht weiter, nichts ändert sich. Oder um es im Fußball-Jargon zu sagen: Nach der Einigung ist vor dem Streit.

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