Tichys Einblick
Falsche Toleranz gegen Links und Islamistisch

Hans-Georg Maaßen: Es werden permanent die gleichen Fehler gemacht wie 2015

Erster öffentlicher Auftritt des politisch geopferten Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz - Teil 2: Innere Sicherheit.

Markus Hibbeler/Getty Images

Profis, die etwas mehr als nur ein wenig Ahnung von innerer und äußerer Sicherheit haben, gelten im ergrünten und erröteten „no-borders“-Deutschland offenbar als suspekt. Deshalb entledigt man sich ihrer, wenn man ein Bauernopfer zur Vertuschung eigenen politischen und medialen Versagens braucht – und wenn man eine ohnehin desaströs dahindümpelnde Mini-„GroKo“ über die Zeit retten will.

So geschehen im November 2018, als Hans-Georg Maaßen (56) nach einem beispiellosen Kommunikationsdesaster nicht nur der Bundesregierung, sondern auch der Mainstream-Medien seinen Hut nehmen musste. Maaßen hatte es gewagt, ein recht dünnes 19-Sekunden-Allerwelts-Video nicht als Beleg für angeblich am 26. August 2018 in Chemnitz stattgefundene „Hetzjadgden auf Migranten“ und „Zusammenrottungen“ gelten zu lassen. TE hat die Herkunft dieses „Komm-Hasi-„Videos aufgedeckt.

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Nun hat sich Hans-Georg Maaßen bei einer Veranstaltung der WerteUnion am 16. Februar 2019 in Köln nicht nur über den Zustand der Demokratie in Deutschland geäußert, sondern auch über den Zustand der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands. Er hätte viel zu sagen, und wahrscheinlich weiß er eine Menge von Dingen, die so manchem aus der politischen Elite gefährlich werden könnten. Aber das Waschen solcher Wäsche ist nicht die Sache eines Maaßen. Vielmehr zeigt sich der von August 2012 bis November 2018 amtierende Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und 27 Jahre lang im Sicherheitsbereich tätige Jurist als diplomatisch und aufgeräumt – mit erkennbarer Bereitschaft, sich einzumischen.

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Maaßen ist ein international angesehener Sicherheitsprofi und ein zugleich gebildeter Mensch. Wenn er Wilhelm von Humboldt einleitend zitiert, dann nicht etwa dessen halbwegs bekannte Aussagen über Bildung, sondern was Humboldt als die wesentlichen Aufgaben des Staates betrachtet. Humboldts Jugendschrift mit dem Titel „Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen“ hat es Maaßen angetan.

Ganz im Sinne Humboldts hebt Maaßen hervor: Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Und Maaßen fügt an: Diese Überzeugung sei in Deutschland keine Selbstverständlichkeit mehr, wie sich dies an der Geringschätzung der Sicherheitsdienste (Polizei) und des Militärischen tagtäglich belegen lasse. Maaßen nennt es keine Blindheit, aber er meint eine solche, wenn er der deutschen Politik vorhält, sie erkenne nicht, was Russland mit Cyber-Angriffen und was China an expansiver, imperialer, hegemonialer Politik betreibe. Deutschland und die EU seien für diese Herausforderungen nicht stark genug.

Sicherheitsdienste würden von der Politik, so Maaßen, nicht genügend ernstgenommen, weil es letztlich an der Souveränität des Staates Bundesrepublik fehle. Abzulesen sei dies am Terrorismus, der via Flugverkehr, Internet und Migration auch Deutschland zunehmend erfasst habe. Zum Beleg: 2012 hat es in Deutschland 3.800 Salafisten gegeben, heute gibt es 11.500. Laut Einschätzung der Dienste sind 2.200 von ihnen Anschläge zuzutrauen. Nachgewiesen sei auch, dass mindestens 20 Gefährder über den „Asyl“-Weg gekommen seien – ohne gültigen Pass und mit frei erfundenen Namen.

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Noch heute, sagt Maaßen, erinnere er sich an den „Schüttelfrost“, der ihn erfasst habe, als Anfang September 2015 von Merkel die Grenzen geöffnet wurden. An dieser Stelle hält er mit Kritik am damals amtierenden Bundesinnenminister de Maizière nicht zurück. Dieser hatte in seinem aktuellen Buch geschreiben, dass man die Bilder, die sich 2015 durch geschlossene Grenzen ergeben hätten, nicht ausgehalten hätte. Mit „man“ habe man, so Maaßen, wohl die Partei, die Bundesregierung gemeint, aber nicht den Souverän.

Über seinen zuletzt über ihn gebietenden Bundesinnenminister Seehofer sagt CDU-Mitglied Maaßen nur indirekt etwas. Otto Schily sei für ihn der beste Innenminister gewesen. Den Seehofer-Satz, die Migration sei die Mutter aller Probleme, macht sich Maaßen nicht zueigen. Er setzt dagegen, dass man Migration regeln könne, wenn man denn wolle, aber dass die Mutter aller Probleme die mangelnde Integrationsbereitschaft sehr vieler Migranten sei.

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Seehofers Namen nennt Maaßen auch an anderer Stelle nicht, aber implizit macht er sich Seehofers Aussage zueigen, mit dem September 2015 habe es eine „Herrschaft des Unrechts“ gegeben. Allein die Anwendung des seit 1.1.2005 geltenden und von Maaßen mitkonzipierten Aufenthaltsgesetzes hätte nämlich vorgegeben, dass die Zuwanderung zu steuern und zu begrenzen sei. Siehe Paragraph 1 des „Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG)“. „§ 1: Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland …“

Große Hoffnung wollte Maaßen den 150 Zuhörern nicht machen. Denn die Fehler von 2015 würden permanent wiederholt. 2018 habe es 200.000 „Flüchtlinge“ und eine nicht benannte Anzahl von  Familiennachzug plus illegale Zuwanderung gegeben.  Außerdem seien 230.000 ausreisepflichtig. Die Terrorgefahr sieht Maaßen noch lange nicht gebannt, und der Schutz der EU-Außengrenzen würde nicht funktionieren.

Die Schuld für all dies sieht Maaßen in einem Rückfall des Bürgertums in ein neues Biedermeier, in einer Aufweichung des anti-totalitären Grundkonsenses in Richtung Toleranz gegen das Linke und Islamistische sowie in der Konstellation der politischen Klasse, in der sich zu viele Berufslose tummeln, die nichts mitzubringen hätten.

Da hat ein Mann gesprochen, 56 Jahre alt, der nach einer gewissen Schonfrist noch gebraucht werden wird.

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