Tichys Einblick
Islamkonferenz

Hamed Abdel-Samad: Was haben Muslime nach zwölf Jahren inhaltlich serviert?

Die Verbände ermutigen Muslime nicht, sich zu öffnen, sondern bestätigen viele Muslime in ihrer Lethargie durch ihren Opferdiskurs.

Statt sich über Blutwurst auf dem Buffet zu beschweren, auf dem für alle etwas Passendes serviert wurde, sollten Muslime nach zwölf Jahren Islamkonferenz sagen, was sie inhaltlich serviert haben.

„Viele regen sich auf, weil Blutwurst auf dem Büffet der Islamkonferenz serviert wurde. Das verärgert einige Muslime (bei weitem nicht alle), die kein Schweinefleisch essen dürfen. Aber sie mussten das gar nicht essen, denn es gab auch andere Sorten von Fleisch. Außerdem waren auch viele Nichtmuslime anwesend. Warum müssen diese Halal essen, nur weil Muslime dabei sind. Diesen wird auch kein Schweinefleisch angeboten, wenn sie in einer Moschee oder bei Muslimen zuhause eingeladen werden. Eher für Vegetarier war das Angebot in der Islamkonferenz viel magerer, dennoch habe ich mich nicht beschwert, andere Vegetarier auch nicht.

Das ist aber symptomatisch für die Beziehung von Staat und dem organisierten Islam und für die Anspruchsmentalität, die sich dadurch entwickelt hat. Die Frage sollte sein, was haben Muslime auf der Islamkonferenz nach zwölf Jahren inhaltlich serviert! Was haben sie in den letzten zwölf Jahren geleistet?
Im Jahre 2006 lud der damalige Innenminister Muslime aus allen Richtungen zu der ersten Islamkonferenz ein, um den Dialog zwischen Ihnen und dem Staat, aber auch den Dialog unter Muslimen selbst zu fördern. Seitdem wurden Millionen von Steuergeldern in Projekten und Strukturförderung der unterschiedlichen Islamverbände gesteckt. Der Staat kam den Verbänden und auch anderen muslimischen Initiativen immer entgegen und bat seine Unterstützung an. Mit welchem Ergebnis? Die Anspruchsmentalität befestigte sich, die konservativen Verbände verbesserten ihre Mobilisierungskraft, nicht um die Integration zu fördern, sondern um ein Erdogan-Kult aufzubauen oder ihren Einfluss in den Parallelgesellschaften zu verstärken. Auch im Bereich Bildung haben die Verbände nun einen größeren Einfluss als damals. Die Verbände ermutigen Muslime nicht, sich zu öffnen, sondern bestätigen vielen Muslimen in ihrer Lethargie durch ihren Opferdiskurs.

Nach zwölf Jahren haben es Muslime auch nicht geschafft, den Dialog unter einander zu starten. Sunniten, Schiiten, Ahmadia, Sufis, Konservative und Liberale müssen zuerst eine Einladung des deutschen Innenminister bekommen, um mit einander an einem Tisch zu sitzen und ihre Positionen austauschen. Dann kommen sie und verlangen noch viel mehr Unterstützung vom Staat und beschweren sich über fehlendes Verständnis.

Eine der Hoffnungen, die mit der ersten Islamkonferenz gehegt wurden, war die Ausbildung von Imamen an deutschen Universitäten. Diese Hoffnung wurde nun auf der vierten Islamkonferenz begraben. Denn der Verband Ditib hat erklärt, dass er weiterhin die eigenen Imame in der Türkei ausbilden lassen wird, auch die, die in Deutschland geboren sind. Andere Verbände wollen eigene Imamseminare errichten, wo sie die eigene Theologie an sie weitergeben wollen, aber natürlich mit Steuergeldern. Andere tun das bereits. Und die Absolventen der theologischen Institute deutscher Universitäten gehen baden, denn die Moscheen werden sie nicht als Imame einstellen, weil sie für die Verbände zu verdeutscht sind. Sie wollen Imame mit Stahlgeruch haben, wie ein Professor es bei einer Diskussion in der Konferenz sagte. die an deutsche Universitäten ausgebildeten Imame würden den Standards der Verbände nicht entsprechen, wie es der Ditib-Vertreter auf der Bühne indirekt mitteilte.

Also nochmal zum Mitschreiben: Die gleichen Leute, die sich beschweren, wenn man sagt, der Islam gehört nicht zu Deutschland, wollen ihre Imame selbst in der Türkei ausbilden lassen, lehnen Absolventen der deutschen Universitäten als Imame ab. Sie lassen sich von der Türkei und den Golfstaaten politisch, theologisch und finanziell lenken, haben aber auf deutsche Schulbildung, Gesundheitswesen und in den Medien immer mehr Einfluss. Selbst bei den theologischen Instituten deren Imame sie selbst ablehnen haben sie Mitspracherecht. Wer regt sich eigentlich darüber auf?“

Quelle: Hamed Abdel-Samad, Facebook

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