Tichys Einblick
Acht Tote

Bluttat im Hamburger Saal der Zeugen Jehovas: Täter noch nicht klar festgestellt

Am Donnerstagabend kam es zu einem blutigen Überfall mit einer Schusswaffe auf eine Versammlung der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Groß Borstel unweit der Alster. Acht Tote sind zu beklagen, darunter wohl auch der Täter. Das Motiv ist derzeit noch unklar.

Polizeieinsatz nach mutmaßlichem Amoklauf in Hamburg-Alsterdorf, 09.03.2023

IMAGO / Eibner

Im Hamburger Stadtteil Groß Borstel, unweit von Alsterdorf, ist es am Donnerstagabend zu einer Amoktat in einem religiösen Versammlungssaal der Zeugen Jehovas gekommen. Ein Großeinsatz der Polizei wurde ausgelöst. Der Sprecher der Hamburger Polizei, Holger Vehren, berichtete gegenüber Ippen Media von einem Polizeiruf gegen 21.15 Uhr. Im Königreichssaal der Zeugen Jehovas, in dem sich zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Gläubige befanden, waren Schüsse gefallen.

Durch Zufall befanden sich einige Polizisten nah am Tatort. Als die Beamten den Saal betraten, fanden sie mehrere durch Schüsse, teils schwer, teils auch tödlich verletzte Personen. Im „oberen Teil des Objektes“ war noch ein Schuss zu hören, und dort fanden die Polizisten noch einen leblosen Körper. Obwohl es keine Hinweise auf flüchtige Täter gab, wurden die Anwohner per SMS über eine „lebensbedrohliche Lage“ informiert und damit auch alarmiert. Die Bürger sollten ihre Wohnungen nicht verlassen.

Acht Menschen wurden getötet, darunter vermutlich auch der Täter, wie die Hamburger Polizei am Freitagmorgen mitteilte. In der Nacht war zunächst von sechs oder sieben Toten die Rede. Mehrere Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht. In Video-Berichten aus den sozialen Medien ist von mehr als 20 Rettungswagen die Rede, daneben zahlreiche Streifenwagen. Auch die erst 2020 neugebildete USE-Einheit (Unterstützungsstreife für besondere Einsatzlagen) befand sich in unmittelbarer Nähe des Geschehens und konnte innerhalb von Minuten im Saal sein.

Die Hintergründe der Tat gelten als unklar. Es könnte allerdings sein, so deutete es Polizeisprecher Vehren an, dass auch der Täter unter den Toten ist, was dann im direkten Rückschluss auf einen Amoklauf hinweisen würde. Davon geht auch die Polizei inzwischen aus.

Im Gegensatz zur Mutmaßung des Polizeisprechers, der Täter könne – möglicherweise tot – noch im Königreichssaal zu finden sein, standen zunächst andere Berichte, die von mehreren flüchtigen Tätern und Schüssen im Freien sprechen, wie sie häufig bei Amoktaten sind. Später wurde ein Haus in Groß Borstel von bewaffneten Polizisten gestürmt.

Der Hamburger Erste Bürgermeister Peter Tschentscher tweetete aus dem Urlaub: „Die Meldungen aus Alsterdorf / Groß Borstel sind erschütternd. Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl. Die Einsatzkräfte arbeiten mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter und der Aufklärung der Hintergründe.“

Unbehagen am Umgang mit Meinungen und Information

Für Unbehagen sorgte bei vielen Nutzern sozialer Medien die ausdrückliche Aufforderung der Hamburger Polizei, das Teilen und „Streuen … ungesicherter Vermutungen und/oder Gerüchte“ zu unterlassen. Das wurde als sanft maskierter Eingriff in die Meinungsfreiheit angesehen. Andere Nutzer vermissten eine irgendwie geartete Täterbeschreibung, auch um Anwohner zu warnen.

Beeindruckend bleibt das Schweigen der öffentlich-rechtlichen Sender im Moment eines außerordentlichen Geschehens. Es gab keine Sondersendung der mit 8,4 Milliarden Euro Zwangsgebühren finanzierten Anstalten. Während ntv und viele andere umgehend und ausführlich von dem Fall berichteten, begnügte man sich in ARD und ZDF mit Laufbändern, die auf kommende Nachrichtensendungen verwiesen.

Die Ermittlungen gehen am Freitagmorgen weiter. Details zu den Toten und Verletzten konnte ein Polizeisprecher laut Welt zunächst nicht nennen. Innensenator Andy Grote (SPD) kündigte eine Pressekonferenz für den Mittag an. Dann sollen Details zur Bluttat und der Stand der Ermittlungen bekannt gegeben werden.

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