Tichys Einblick
Die Agora: Woher sie kommt, wer sie bezahlt 3

Hal Harvey: der freundliche Geldgeber der deutschen Energiewende

TE hat in den letzten beiden Teilen eine ganze Reihe von Klimastiftungen vorgestellt, die hinter der Agora Energiewende stehen. Dabei gibt es einen Namen, der sie alle verbindet: Hal Harvey. Seine jüngste Gründung, die Climate Imperative Foundation, kommt alten Bekannten zugute.

Von Hal Harveys Netzwerk profitiert auch die Stiftung Klimaneutralität, hier (von links nach rechts): Rainer Baake, Claudia Kemfert und Bernhard Lorentz.

IMAGO / Jürgen Heinrich

Dass Hal Harvey im Beirat der Stiftung Klimaneutralität von Rainer Baake sitzt, ist der wichtigste Hinweis auf die Verflechtung deutscher Energiewendepolitik mit internationalen NGOs; sie ist aber zugleich ein Hinweis darauf, dass die ehemals „national“ erdachten grünen Ideen, wie sie bereits in den 1990ern Gestalt angenommen haben, auch über Deutschland hinausgewachsen sind und sich ihre Kontaktleute gesucht hat.

Sieht man sich die Stiftungen an, von deren Einsatz Agora, DUH und Co. profitieren, so taucht der Name Harvey immer wieder auf. Die Zeit hat Harvey deswegen einmal als den „Mächtigsten Grünen der Welt“ bezeichnet. Zugleich hat die Mittelländische Zeitung richtigerweise festgestellt: „Hal Harvey – der grüne Lobbyist, den niemand kennt.“

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Bereits im vorherigen Teil fiel der Name der Energy Foundation. Sie wurde im Jahr 1991 vom Pew Charitable Trust und der Rockefeller Foundation ins Leben gerufen. Der Stiftungsstrategie zufolge könne „intelligente Philanthropie“ die Energiepolitik mit „milliardenschweren Auszahlungen“ beeinflussen. Die Energy Foundation war und ist demnach das Modell einer Vielzahl von ähnlichen Gründungen.

Zuständig für die Gründung war Hal Harvey, der im Zuge des Golfkriegs darauf hinwies, dass ein großer Teil der auf dem Globus ausgefochtenen Konflikte den Kampf um Öl als Hintergrund habe. Die „Erneuerbaren“ sollten die Antwort darauf sein. Harvey stand der Organisation bis 2002 vor. 1999 half die Packard Foundation bei der Gründung der Energy Foundation China. Von 2002 bis 2008 war Harvey Chef des Umweltprogramms William and Flora Hewlett Foundation.

Moment einmal – Hewlett und Packard? War da nicht noch etwas? Richtig: Hewlett und Packard waren nicht nur Geldgeber der Energy Foundation. Sie unterstützten die Gründung der erwähnten ClimateWorks Foundation (CWF) mit 500 Millionen Dollar. Gründer der CWF? Hal Harvey. Dass die Energy Foundation Gelder von der CWF erhält, verwundert daher nicht. Auch das Konzept des Seitenwechslers, dass Harvey bei der CWF betrieb, hatte er schon bei der Energy Foundation erprobt: so war Bill Ritter, ehemaliger Gouverneur von Colorado, im Vorstand der Energy Foundation vertreten.

Harvey wirkte aber nicht nur bei der Gründung der CWF im Jahr 2008 als Strippenzieher. Die Gründung der Agora Energiewende in Kooperation mit der Mercator-Stiftung ist kein Zufall; und es ist ebenso auffällig, dass Bernhard Lorentz in seiner Zeit als Chef der Mercator Stiftung offenbar einige Schlüsselstrategien von Harvey in der Führung einer Klimastiftung übernommen hat. Ein Blick in den Aufsichtsrat der Agora Energiewende enthüllt: dort sitzen nicht nur die Klimaaktivistin Carla Reemtsma und Mercator-Umweltchef Lars Grotewold, sondern auch Hal Harvey als stellvertretender Vorsitzender. Dass Harvey zugleich Mitglied des Expertenbeirats des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), ist wohl Formalie.

Die Agora: Woher sie kommt, wer sie bezahlt 1
Stiftung Mercator: 50 Millionen für die Klima-Transformation Deutschlands
Zur Connection aus Millionärsstiftungen, der Energy Foundation, der ClimateWorks Foundation, der European ClimateFoundation, der Mercator Stiftung, den Agora-Gründungen und auch der DUH gibt es noch eine erwähnenswerte Stiftung: The Nature Conservancy. Mark Burget war von 2008 bis 2012 President & Chief Operating Officer der ClimateWorks Foundation; davor und danach hatte er jedoch jeweils wichtige Funktionen bei der Nature Conservancy inne. Wie bei vielen anderen Stiftungen mehren sich auch hier merkwürdige Zusammenhänge; so etwa, dass die Nature Conservancy eine enge Zusammenarbeit mit BP pflegte. Oder dass der Investmentbanker Henry Paulson (1999 bis 2006 CEO von Goldmann Sachs) zweimal Präsident der Stiftung war. Auch Paulson, natürlich, ein Seitenwechsler: von 2006 bis 2009 war er US-Finanzminister.

Die Nature Conservancy ist deswegen interessant, weil seit 2007 ein Deutscher für die Organisation arbeitete. Es handelte sich um einen Grünen, der bereits 1998 die erste Dependance der Heinrich-Böll-Stiftung in den USA gründete. Ab 2008 baute er das Europaprogramm der Nature Conservancy auf mit Niederlassungen in London und Berlin, die er bis Ende 2014 als geschäftsführender Direktor leitete. 2015 wurde er Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe an der Seite von Jürgen Resch. Es handelt sich um Sascha Müller-Kraenner.

Zurück zu Harvey. Denn nach Energy Foundation, der Hewlett-Stiftung, der ClimateWorks Foundation, der European Climate Foundation, der Mit-Initiation der Agora und schließlich der Mitgründung der Stiftung Klimaneutralität – gehen dem Amerikaner die Ideen nicht aus. 2020 rief Harvey sein neuestes Kind ins Leben: die Climate Imperative Foundation. In deren Beirat sitzt auch der bereits von Mercator bekannte Bernhard Lorentz – und Ex-Gouverneur Bill Ritter.

Die Agora: Woher sie kommt, wer sie bezahlt 2
Wie Stiftungen aus Übersee die deutsche Klimabewegung mästen
Mit Anna Müller-Debus gibt es einen EU Initiative Director, der vorher schon für Mercator und die ClimateWorks gearbeitet hat; sie besitzt – wie Lorentz – Kontakte zu Ernst&Young sowie Deloitte. Sie sitzt auch im Beirat der Stiftung Klimaneutralität. Als einen der präferierten Partner nennt die Climate Imperative Foundation Transport&Environment – den autofeindlichen europäischen Dachverband, dem die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub Deutschland ist (den der ehemalige UBA-Chef Jochen Flasbarth mitbegründet hat).

Die Climate Imperative Foundation ist vergleichsweise jung, aber nicht weniger finanzstark. Im Jahr 2021 konnte sie 221 Millionen Dollar sammeln, 109 Millionen Dollar gab sie für Programme aus. Allein von der Builders Initiative (hinter der das Unternehmen Walmart steht) erhielt sie 20 Millionen Dollar, weitere 20 Millionen Dollar kamen von der Silicon Valley Community Foundation.

Die Agora Energiewende erhielt bereits im Gründungsjahr 2020 rund 1,7 Millionen Euro von Harveys neuer Stiftung. 2021 erhöhte sich der Betrag auf fast 2,4 Millionen Euro. 2021 bekam sie zusätzlich 1,7 Millionen Euro von der European Climate Foundation. Mercator zahlte 3 Millionen Euro. Von den rund 12,5 Millionen Euro Stiftungsförderungen, welche die Agora Energiewende im Jahr 2021 erhielt, kommt damit mehr als die Hälfte (rund 7,1 Millionen Euro) aus Kanälen, die direkt mit Harvey und seinen Gründungen verknüpft sind.

Anzeige
Die mobile Version verlassen