Weil er Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck in Anlehnung an die „Schwarzkopf“-Shampoo-Werbung mit „Schwachkopf“ assoziierte, musste der unbescholtene 64-jährige Unterfranke Stefan Willi Niehoff am 12. November 2024 im Morgengrauen eine Hausdurchsuchung der Kripo wegen Volksverhetzung über sich und seine Familie ergehen lassen. Niehoff hatte im Juni 2024 folgendes Bild gepostet bzw. retweetet:
Schließlich folgte mit Datum vom 8. August der Beschluss der Richterin Englich (es gibt dort auch einen aufsichtführenden Richter namens Markus Englich) vom Amtsgericht Bamberg: Sie ordnete an, dass von der Kripo Schweinfurt Niehoffs sämtliche Räume, Nebenräume und Fahrzeuge nach Mobiltelefonen, internetfähigen Endgeräten und digitalen Speichermedien „ohne vorherige Anhörung“ durchsucht und Gefundenes beschlagnahmt werden sollen. Die Staatsanwaltschaft blies ins selbe Horn: Es bestand nach deren Ansicht ein „öffentliches Interesse an der Strafverfolgung“.
Richterin Englich schrieb: „Zu einem gegenwärtig nicht näher eingrenzbaren Zeitpunkt in den Tagen beziehungsweise Wochen vor dem 20.6.2024 veröffentlichte der Beschuldigte unter der Nutzung des Accounts eine Bilddatei, die eine Porträtaufnahme des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck, mit dem an den Werbeauftritt der Fa. Schwarzkopf angelehnten Schriftzug ‚Schwachkopf PROFESSIONAL‘ zeigt, um Robert Habeck generell zu diffamieren und ihm sein Wirken als Mitglied der Bundesregierung zu erschweren.“ Weiter schrieb sie: „Dies ist strafbar als gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung gemäß §§ 185,188 Abs. 1,194 StGB.“
Darauf muss man erst einmal kommen: Habecks Arbeit werde durch witzige Kritik erschwert??? Nein, Euer Gnaden, Habeck erschwert es Millionen von Bürgern, heizungstechnisch über den Winter zu kommen.
Das Amtsgericht Bamberg wollte sich auf eine NIUS-Anfrage hin im Laufe des Dienstags, 12. November, weder per Mail noch im Telefon-Gespräch zu dem Dokument oder dem Vorgang äußern. Die Pressestelle der Kriminalpolizei Schweinfurt bestätigte den Einsatz gegenüber NIUS telefonisch. Dieser habe im Rahmen eines Aktionstages gegen Internetkriminalität stattgefunden.
Zum Hintergrund und zum Zeitpunkt: Staatsschutzabteilungen und Landeskriminalämter durchsuchten offenbar im Rahmen des Aktionstages auch in anderen deutschen Ländern Wohnungen, etwa in Hamburg die Wohnungen von Männern und Frauen im Alter von 18 bis 67. Sie sollen sich durch Äußerungen auf verschiedenen Online-Plattformen strafbar gemacht haben. Die Kripo in Deutschland hat ja nichts anderes zu tun, oder?
Die „Regierenden“ selbst scheinen sehr dünnhäutig geworden. In der laufenden Legislaturperiode seit Ende 2021 haben „Ampel“-, vor allem „grüne“ Ministerinnen und Minister wegen Beleidigungen und Bedrohungen schon fast 1500 Strafanzeigen erstattet (Stand: September 2024). Das zitierte die Plattform Table.Briefings aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion, über die der Spiegel berichtete. Allen voran meldete Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) mit 805 Strafanzeigen die meisten „Delikte“, gefolgt von seiner Parteikollegin und Außenministerin Annalena Baerbock, die in 513 Fällen betroffen war.
Warum sich immer mehr Gerichte und Staatsanwaltschaften diese Dünnhäutigkeiten zueigen machen? Reicht es nicht, dass man mittlerweile mehr als fünfzig „Meldeportale“ zum Denunzieren von „Hass und Hetze“ hat? Nicht wenige davon staatlich finanziert und empfohlen. Wie zum Beispiel die von der Bundesnetzagentur (oberster Dienstherr: Habeck) empfohlene Meldeplattform „REspect!“
Ein zweifacher Verdacht drängt sich auf: Es geht erstens offenbar nicht mehr – wie in einem Rechtsstaat üblich – darum, dass der Bürger vor dem Staat, sondern dass der Staat bzw. deren Exponenten vor den Bürgern geschützt werden sollen. Das ist vordemokratisch, und es ist Praxis in totalitären Regimen. Die Regierenden haben zwar einerseits Angst vor dem Volk. Nennen wir es „Demophobie“. Andererseits herrschen sie mit Angstmachen und mit der Herrschaft des Verdachts: Nennen wir es „Phobokratie“.
Und zweitens: Die politische „Elite“ scheint mittlerweile Gottähnlichkeitsstatus für sich gepachtet zu haben. Gewisse Medien basteln an diesen Hagiographien (Heiligsprechungen) mit. Da ist es kein Wunder, wenn die vermeintlich gottähnlichen Damen und Herren schier nach neuen Blasphemie-Paragraphen lechzen. Aber dann sollten sie ihre Posten demnächst in islamisch geprägten Staaten anstreben.
— Argo Nerd (@argonerd) November 13, 2024