Tichys Einblick
Habecks neuer Plan:

Exportförderung nur noch für grüne deutsche Produkte

Mitten in der Rezession will der Wirtschaftsminister das Bürgschafts-System für Auslandsgeschäfte zerschlagen. Das schadet vor allem Mittelständlern – und nützt ‚dem Klima‘ nicht das Geringste.

IMAGO / Chris Emil Janßen

In seinem jüngsten Interview mit der ZEIT erklärte Robert Habeck wieder einmal seinen grundsätzlichen Blick auf die deutsche Wirtschaft, der sich fundamental von dem vieler Ökonomen und vor allem ausländischer Investoren unterscheidet. Nein, die Bundesrepublik sei nicht der „kranke Mann Europas“, meint der Minister – trotz der Tatsache, dass unter allen Industriestaaten nur die deutsche Wirtschaft 2023 schrumpft. „Krank sind wir nicht“, so Habeck, „aber etwas untertrainiert.“ Folglich sieht sich der grüne Vizekanzler als eine Art Trainer, der die erschlafften Unternehmen wieder auf die richtige Spur bringen muss.

„Wir müssen Investitionshemmnisse wegräumen, Bürokratie reduzieren, bei den unzähligen Berichtspflichten entschlacken“, doziert Habeck im gleichen Interview, als wäre er ein langjähriger Oppositionsführer, der eben erst im Ministerbüro ankommt. In seinem Haus bereiten Beamte allerdings gerade eine Regelung vor, die exakt in die andere Richtung weist. In einer Lage, in der die Unternehmen unter hohen Energiepreisen, üppigen Steuern und ausgedehnter Bürokratie leiden, halst der Wirtschaftsminister ihnen noch ein Zusatzgewicht auf. Seine neue Idee nennt sich „klimapolitische Sektorleitlinien für Exportgarantien“.

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Hinter dem bürokratischen Begriff verbirgt sich die faktische Abschaffung des erfolgreichen deutschen Exportförderungssystem, besser bekannt als Hermes-Bürgschaften. Bisher sichert der Staat deutsche Exporteure, die dafür eine Prämie entrichten, zu 95 Prozent gegen Zahlungsausfälle ab. Bei Lieferungen in die USA oder die Schweiz braucht kaum jemand diese Absicherung. Bei Verkäufen von Maschinen und Anlagen in afrikanische Länder oder Schwellenstaaten Lateinamerikas kann dieses Instrument vor allem für Mittelstandsfirmen lebenswichtig sein. Gerade jetzt, da etliche afrikanische Länder in eine massiven Schuldenkrise schliddern, wäre die Exportunterstützung dringender nötig als in den vergangenen Jahren.

Dieses Modell zur Stützung der eigenen Wirtschaft, das jahrzehntelang gut funktionierte, will Habeck jetzt zerschlagen: In Zukunft sollen die Ausfallbürgschaften nur noch für ausgewählte Produkte gelten, die in das grüne Klima-Weltkonzept passen. In Zukunft sollen laut Ministeriumsvorlage Erzeugnisse jeweils in eine grüne, weiße oder rote Gruppe fallen. Grüne, also korrekte Produkte erhalten dann sogar eine Absicherung gegen Zahlungsausfälle von 98 Prozent, weiße, also zumindest neutrale Waren eine Bürgschaft wie bisher – und rot markierte überhaupt keine mehr.

Was wohin gehört, darüber entscheidet demnächst ein hoch komplizierter Kriterienkatalog. Stahl beispielsweise soll nach den Leitlinien nur dann der roten Gruppe entgehen, wenn zu seiner Herstellung grüner Wasserstoff eingesetzt wurde. Bei Aluminium darf der CO2-Ausstoß bei der Herstellung eine bestimmte Marke pro Kilo Metall nicht überschreiten. Alle Exporte von Anlagen beziehungsweise Bestandteilen von Kohleförderung und -kraftwerken fallen aus der Exportsicherung – auch dann, wenn sie in Schwellenländern alte Kohlekraftwerke ersetzen und damit zur Energieeffizienz beitragen würden. Technik zur Gasförderung erhält nur noch in Ausnahmefällen eine weiße Einstufung.

„Eine Deckung für Gasförderprojekte kann danach nur übernommen werden, wenn die Wahrung der nationalen Sicherheit (z.B. zur Abwendung einer ernsthaften Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit) oder ein geostrategisches Versorgungssicherheitsinteresse (z.B. zur Abwendung einer Ernährungskrise) dies erfordert. Wichtig ist auch, dass mit der Realisierung des Projekts das 1,5 Grad-Ziel eingehalten wird“, heißt es in dem entsprechenden Ministeriumspapier.

Robert Habeck
Das Land vor die Wand fahren und dabei „null Hadern, null Zaudern, null Bedauern“ empfinden
Dort ist auch vermerkt, die Prüfung erfolge „evidenzbasiert“. Wie sich das Kriterium „Wahrung der nationalen Sicherheit“ im Empfängerland oder der Einfluss einer einzelnen Anlage auf die globale Durchschnittstemperatur evidenzbasiert prüfen lässt, dazu macht das Habeck-Papier keine Angaben. Selbst dann, wenn ein Unternehmen noch eine Exportbürgschaft erhält, muss es also vorher durch einen extrem aufwendigen Dokumentationsprozess mit ungewissem Ausgang. Vor allem mittelständische Firmen dürften deshalb lieber die Finger von Geschäften mit Kunden in wirtschaftlich wackligen Ländern lassen.

Die Maßnahme des Ministers – wenn sie so kommt – führt natürlich nicht dazu, dass Schwellenländer lieber ein grünes Wasserstoff- statt ein Kohle- oder Gaskraftwerk kaufen. Sie beziehen das, was sie wünschen, dann eben von einem anderen Anbieter – beispielsweise aus China. Für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, die Habeck angeblich so wichtig ist, wäre deshalb gleich doppelt nichts gewonnen: Mit seinem neuen Exportförder-Modell lassen sich andere Staaten nicht auf den grünen Weg zwingen. Und Wertschöpfung, die von Deutschland nach China oder Indien wandert, erzeugt sogar mehr CO2, weil die Energieeffizienz dort geringer ist.

Der neueste Vorstoß aus dem Hause Habecks trägt also nur zur weiteren ökonomischen Selbstverstümmelung Deutschlands bei. Wessen Agenda, dürften sich exportorientierte Mittelständler jetzt reihenweise fragen, vertritt eigentlich der Bundeswirtschaftsminister?

In dem gleichen ZEIT-Interview erklärte Habeck übrigens: „Das, was ich im Moment mache, ist das Beste, was ich in meinem bisherigen politischen Leben gemacht habe. Es bedeutet mitrrichtig viel, und ich bin stolz darauf.“ Immerhin: Der grüne Minister arbeitet zu seiner eigenen vollsten Zufriedenheit.

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