Im Januar dieses Jahres beklagte bereits Kai Warnecke, Präsident Haus & Grund Deutschland, in der Bild, „Landauf, landab heben Kommunen die Hebesätze für die Grundsteuer an“. Im Ergebnis steige die Grundsteuer-Last für Eigentümer und Mieter um zehn bis 20 Prozent. Millionen Bundesbürger seien betroffen.
Warnecke beanstandete, dass viele Kommunen bereits vor der für 2025 geplanten Grundsteuerreform ihre Hebesätze heraufsetzten. „Die Erhöhungen sind durchschaubar: Sie finden rechtzeitig vor der großen Grundsteuer-Reform 2025 statt. Dann sind die Gemeinden nämlich fein raus und können erklären, dass sie nicht weiter anheben werden“, sagte Warnecke der Zeitung.
Der Hebesatz ist ein Begriff aus dem Bereich des Gemeindesteuerrechts. Es handelt sich dabei um einen Faktor. Mit seiner Hilfe ermitteln die Gemeinden im Kontext der Grundsteuer, wie hoch die Steuerschuld von Grundstückseigentümern anzusetzen ist. Er variiert von Gemeinde zu Gemeinde und liegt überwiegend zwischen 250 und 500 Prozent. Vereinzelte Kommunen verlangen sogar deutlich höhere Sätze. Häufig ist er umso höher, je besser die Infrastruktur vor Ort ausgebaut ist.
Grundsätzlich werden in Deutschland drei Arten von Hebesätzen unterschieden: Hebesatz für die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke; Hebesatz für die Grundsteuer B für alle sonstigen Grundstücke; der Hebesatz für die Gewerbesteuer.
Die höhere Grundsteuer zeichne sich in vielen Bundesländern ab. Der Bund der Steuerzahler erklärte seinerzeit gegenüber dem Focus, betroffen sei vor allem Nordrhein-Westfalen. Dort könne es zu umfangreichen Erhöhungen kommen. „In gut 60 Prozent aller NRW-Städte und -Gemeinden könnte nächstes Jahr die Grundsteuer teurer werden.“
In NRW hatte der Landtag noch Ende Dezember 2022 das Gemeinde-Finanzierungs-Gesetz 2023 beschlossen, das umfangreiche Anhebungen möglich macht. Auch in Gemeinden in Rheinland-Pfalz und Hessen sowie Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern zeichneten sich Erhöhungen ab, so focus.de.
Rückblick: Es komme nun auf die Kommunen an, die reale Last im Rahmen zu halten, hatte Olaf Scholz den Bürgern auf einer Podiumsdiskussion im Mai 2019 versprochen. „Ich versichere Ihnen, dass es nicht zu einem höheren Steueraufkommen kommen wird“, betonte der heutige Bundeskanzler auf mehrmalige Nachfragen der besorgten Zuhörer. Wer jedoch glaubte, für ihn käme es schon nicht so schlimm, sieht sich inzwischen den Tatsachen gegenüber.
„Denn mittlerweile erhielten die ersten Steuerbürger ihre Wertbescheide für die neue Grundsteuer, die ab 2025 erhoben werden soll“, meldete die Welt schon im Januar. So berichtete der Verband deutscher Grundstücksnutzer von Fällen am östlichen Berliner Stadtrand, in denen sich die Steuer – gleichbleibende sonstige Parameter vorausgesetzt – vervierfachen würde. Auch aus anderen Bundesländern schilderten Interessenverbände und Medien Erfahrungen von Eigentümern, denen eine Vervielfachung ihrer Abgaben droht.
Doch das war längst nicht alles. Nun, im Juni 2023, wird die Sache eindeutiger. Die eintreffenden Grundsteuer-Bescheide zeigen, was neben der Erhöhung der Hebesätze schon absehbar war: Die Belastungen fallen oft noch höher aus als bisher. Denn jetzt kommen auch noch die gestiegenen Immobilienpreise hinzu. „Beobachtungen und Rückmeldungen zeigen, dass in vielen Fällen – vor allem bei privaten Immobilien – die Grundsteuerwerte im Vergleich zu den bisherigen Werten steigen“, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler Deutschland, der Welt am Sonntag. „Entsprechend steigen auch die Steuermessbeträge, die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer sind“, so Holznagel. Eigentlich müssten die Kommunen die Hebesätze nun senken, doch das wird schieres Wunschdenken bleiben.
Unter dem Strich solle, so kolportierte das Handelsblatt im vergangenen Jahr, die Grundsteuerreform aufkommensneutral und damit keine Steuererhöhung sein. Die Kommunen sollten daher ihre Hebesätze für die Grundsteuer anpassen, also in der Regel absenken, um entstandene Zusatzbelastungen über einen niedrigeren Steuersatz auszugleichen.
Der Bund der Steuerzahler geht laut der Welt nicht davon aus, dass die Gemeinden ihre Hebesätze als Ausgleich für gestiegene Immobilienpreise absenken, obwohl vom Gesetzgeber „Aufkommensneutralität“ zugesagt worden war: „Die Kommunen haben mit steigenden Ausgaben für Energie oder Unterbringungen zu kämpfen“, so Holznagel.
Es sei schwer nachvollziehbar, „ob die Grundsteuer – ohne Berücksichtigung der gestiegenen Kosten – ab 2025 aufkommensneutral erhoben wird. Ohne entsprechende Anpassung der Hebesätze in den Kommunen wird die Grundsteuer künftig höher ausfallen.“