Nachdem die Bundesregierung gezeigt hat, dass sie es nicht kann, will sich nun ein privater Verein um die Evakuierung von »Ortskräften« und Verwandtem aus Kabul bemühen. Der Grüne Erik Marquardt hat angeblich schon ein Flugzeug gechartert und behauptet, das sei mit Einsatzführungskommando und Bundesregierung abgesprochen. Kommt nach dem Regierungsversagen nun die Privatisierung hoheitlicher Aufgaben zugunsten von „Menschenrechts-NGOs“?
Der heutige EU-Abgeordnete Erik Marquardt versucht seit vielen Jahren, nebenher etwas für die private „Seenotrettung“ im Mittelmeer zu tun. Das erwies sich zwar in der Vergangenheit als schwieriger als gedacht, aber der Grüne lässt sich offenbar bis heute nicht abhalten. Noch immer will er ein Schiff zu diesem Zweck ausrüsten. Aus diesem Grund gründete er 2018 einen privaten Verein namens »Civilfleet«, der mit Hilfe von Fernsehstars große Spendenbeträge einwarb. Doch etwas Greifbares konnte daraufhin bis heute noch nicht zu Wasser gelassen werden. Die Spenden wurden meist an verwandte NGOs weitergereicht und deckten im Zweifelsfall die eigenen Personalkosten.
Die Initiative des grünen Aktivisten will bereits einen Flieger gechartert haben, der bald seine erste Mission ausführen soll. Marquardt behauptet: »Die Formalia sind geklärt, jetzt geht es um die Umsetzung.« Man sei im Besitz von »Listen von Personen, die gerettet werden müssen«. Daneben stehe man mit »hunderten weiteren« im Kontakt. Zunächst ist es dieser Informationsreichtum, der einen staunen lässt. Von wem, von welchen staatlichen oder nicht-staatlichen Stellen hat Marquardt die Informationen über die angeblich aus Afghanistan zu »Rettenden«?
»Brauchen möglichst viele, die das weitersagen«
Daneben erstaunt die plötzliche Schlagfähigkeit einer solchen Marquardt-NGO. In einem Tweet schreibt er, man habe »lange mit Organisationen« an dem Plan gearbeitet, um so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan einzufliegen. Schlusswort seines Twitter-Videos: »Und dafür, wie gesagt, brauchen wir eure Spenden. Wir brauchen eure Unterstützung und möglichst viele Menschen, die das weitersagen.«
Doch es geht weiter mit den ungedeckten Schecks und Aussagen: Denn angeblich weiß die Initiative sogar von »mehr Möglichkeiten […], den Zugang zum Flughafen sicher zu gestalten«. Genau das wird von Sicherheits- und Militärexperten in Zweifel gezogen. Derzeit garantieren die Amerikaner die Sicherheit der Evakuierungsflüge aus Kabul. Dabei kommen Militärmaschinen zum Einsatz, die im Falle eines Angriffs auch abwehrbereit wären. Mit großer Vorsicht fliegt man den Flughafen an, um Taliban-Stellungen zu vermeiden.
Rechtlich völlig unklare Lage für Privatflieger nach Kabul
Dabei ist schon in rechtlicher Hinsicht völlig unklar, ob ein ziviles Luftfahrzeug wie Marquardts Chartermaschine überhaupt eine Landeerlaubnis in Kabul erhalten könnte. Unbekannt bleibt daneben, auf welches Klientel Marquardt am Ende überhaupt zugreifen will. Die USA und andere Staaten sind derzeit fähig, mehr als 20.000 Menschen pro Tag aus dem Land zu bringen, mit bis zu 150 Flügen pro Tag. Doch auf der Website der privaten Initiative wird behauptet, dass speziell die Bundesregierung auf Unterstützung angewiesen sei.
Was fordert die Marquardt-Initiative noch? »Ein Visa-on-arrival-Verfahren«, also Visumserteilung nach Ankunft in Deutschland, offenbar vergleichbar mit der Sicherheitsprüfung, die laut Innenminister Seehofer im Fall der Orts- und Hilfskräfte auch erst nach in Deutschland stattfindet. Außerdem will die Luftbrücken-NGO natürlich die maximale Ausweitung des Ortskräfte-Begriffs: »Wer von den Taliban gefährdet ist, muss ausfliegen können.« Marquardt geht von 100.000 »Betroffenen« durch den Bundeswehreinsatz aus, darunter auch Subunternehmer, Medienschaffende und Aktivisten.
Auch Personen ohne Papiere sollen ausgeflogen werden
Und natürlich sollen auch Personen ohne gültige Papiere, die sich am Flughafen Kabul befinden, sofort ausgeflogen werden. Marquardt träumt schon von einer dauerhaften Sicherung des Kabuler Flughafens. Aber auch im Fall von dessen Sperrung seien die eingesammelten Spendengelder nicht verloren. In diesem Fall fände man offenbar noch Projekte in der »humanitären Hilfe«, denen man die eingesammelten Gelder zur Verfügung stellen könnte.
Derzeit veröffentlicht die Kabulluftbrücke – »aus Kapazitätsgründen und um nicht die Operation oder Menschen zu gefährden« – keine weiteren Informationen. Man darf gespannt sein, was da noch kommt. Aber wenn hier wirklich einem privaten Charterunternehmen die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben übertragen würde, wäre das wohl nur ein weiterer Hinweis auf die Verstrickung höchster Kreise mit den zahllosen NGOs, die sich in der »Flüchtlingsfrage« öffentlich exponieren.