Wer als Wuppertaler den Grünen Uwe Schneidewind zum Oberbürgermeister gewählt hat, erfährt nun aus dem Spiegel anlässlich einer Laudatio auf Friedrich Engels, welches Bild der neue Oberbürgermeister von den Wuppertaler Bürgern hat, die er als Probanden in einem einzigen großen Labor namens Wuppertal sieht, denn „Experimentierorte gewinnen an Bedeutung… Gerade Großstädte sind solche ,Reallabore´.“ Unter Reallaboren dürfte man Orte verstehen, in denen an realen Menschen irreale Weltbeglückungsideen der Grünen ausprobiert werden und man einen realexistierender Ökosozialismus errichtet, denn es geht Schneidewind darum, Wuppertal „zu einem solchen Experimentierort für die Transformation zu machen.“
Wuppertals Oberbürgermeister plädiert für einen „radikalen Umbau in ökologischer und sozialer Hinsicht“, und damit der Frosch nicht merkt, dass man das Wasser im Topf, in dem er sitzt, erhitzt, bis er platzt, wird das Wasser langsam erwärmt, „mit vielen kleinen Weiterentwicklungen des Wirtschaftssystem“, bis eines schönen Tages die Ökodiktatur steht. Dieses schrittweise Abgewöhnen kritischen Bewusstseins und die sukzessive Gewöhnung an die grüne Gängelung nennen ihre Agitatoren „radikaler inkrementeller Wandel“.
Da Schneidewind wahrscheinlich dann doch noch soweit Ökonom ist, dass er das ökonomische Desaster ahnt, das seiner Politik auf dem Fuß folgt, preist er schon mal eine „neue Kultur der Genügsamkeit“. Darin besteht ohnehin die illiberale Maxime der Grünen: der Bürger hat in Ansehung der Klima-, der Welt-, der Grünenrettung, der Rettung der EEG-Millionäre wirtschaftlich, kulturell und intellektuell, genügsam zu sein. Politiker der Grünen wie Habeck, Baerbock und eben Schneidewind möchten den Menschen gern vorschreiben, welche Bedürfnisse sie haben, was „die Menschen“ unter Wohlstand verstehen, welche Wünsche sie hegen und wie sie denken und reden müssen.
Schneidewinds Einlassungen im SPIEGEL erinnern sehr an die DDR, die nach ihrer Gründung die „selektive Neuorganisation der Eigentumsverhältnisse“ vornahm, die Vorreiter-Unternehmen zu festigen suchte, die zivilgesellschaftliche Organisationen wie die FDJ oder die GST stärkte, nur dass sie keine Kultur der Genügsamkeit zu propagieren brauchte, die ergab sich nach der „selektiven Neuorganisation der Eigentumsverhältnisse“ praktisch von selbst. Über die Wertschätzung Friedrich Engels hätte sich Uwe Schneidewind sicher prächtig mit Erich Honecker austauschen können, obwohl die DDR-Führung es eher mit Marxundengels hatte, liebevoll auch die Klassiker genannt.
Doch auch in andere Hinsicht kann Schneidewind seinem Vorbild Friedrich Engels leider nicht das Wasser reichen, denn Engels hat zumindest soviel von Ökonomien verstanden, dass er ein ideologiegetriebenes Grüppchen wie die Economists4Future gnadenlos verspottet hätte, wie er es mit Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft tat. Für Engels wäre Schneidewind ein Kathedersozialist gewesen – und damit wäre alles gesagt. Zur Begeisterung für die „Öffentliche Soziologie“ genügt es zu erwähnen, dass die „Öffentliche Theologie“ die EKD säkularisiert und zerstört hat, schaut man auf die Zahl der Christen, die aus den Kirchen der EKD fliehen.
Der „radikale inkrementelle Wandel“, von dem Schneidewind träumt, wird die Verarmung des Sozialismus für die Bürger dieses Landes bringen und den Luxus des Feudalismus für die neue Hocharistokratie der Finanz- und Digitalwirtschaft. Es wird keine Synthese aus Kapitalismus und Sozialismus, sondern eine Synthese aus Ökosozialismus und hocharistokratischem Feudalismus. Die Damen und Herren des Weltwirtschaftsforums sorgen für eins, für die Damen und Herren des Weltwirtschaftsforums. Aus ihren Reihen kommt die Systemkritik, weil sie ein anderes System wollen, Wohlstand für die wenigen und die „Kultur der Genügsamkeit“ für die vielen.
Danken darf man dem Wuppertaler Oberbürgermeister dafür, dass er ausgesprochen hat, was den deutschen Bürger nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr erwartet, denn „schwarz-grüne Bündnisse“ werden „zum Motor für den systemischen Wandel“. Einen leichten Vorgeschmack bekommt der Bürger auf den systemischen Wandel, wenn im Januar die Energie durch die Co2 Steuer erheblich teurer werden wird und er schon mal üben darf, genügsamer zu werden. Es wundert nicht, dass die Regierung ihr Versprechen, einen Ausgleich für die CO2-Steuer beim Energiepreis zu schaffen, nicht gehalten hat. In Deutschland werden nur die Drohungen gehalten, nicht aber die Versprechungen.