Ratspräsident Donald Tusk gibt den Kammerton vor. „Hier ist niemand ein Engel“, sagt er offenkundig auf alle Beteiligten gemünzt. Tusk fügt hinzu: „Unser Hauptziel ist der Zusammenhalt der Eurozone.“ Das klingt nicht nur nach Draghis „Whatever it takes“, sondern ist es auch. Tusk spricht von einem ganz neuen Ansatz, einen bankrotten Staat in der Eurozone zu halten, von einem Warteraum in der Eurozone, formal drinnen aber in einem Schwebezustand, aus dem der Staat später wieder ganz zurückkehrt, aber nie wirklich draußen ist.
Wir kriegen nach dem Feilschen um Kredite, Tilgungsaufschub, Schuldenerlass nun also zusätzlich eine Debatte über eine neue Konstruktion der Eurozone. Solange die anhält, wird die EU Griechenland nicht verhungern lassen. Aber Klarheit wird so bald nicht einkehren. Klar nennt Tusk die geopolitische Bedeutung von Griechenland mit der klassischen Formel vom Balkan als dem „weichen Unterleib Europas“. EU-Verträge zu ändern ist für den sorbischen Polen kein Tabu. David Cameron wird das gern hören vor seiner Volksabstimmung, andere auch.
Dem Klima unter den Menschen in Europa schadet das Politikversagen nachhaltig. Die handelnden Amtsträger scheinen nicht zu merken, was rechthaberische Madonnen und beleidigte Leberwürste in öffentlichen Auftritten anrichten. Da kommt einem doch gleich Ian Harris in den Sinn: „Geschichte wird von bequemen, gierigen, verängstigten Leuten gemacht, die kaum wissen, was sie wirklich tun …“. Dringend werden welche gesucht, für die das nicht zutrifft. Aber vielleicht bringt die Krise sie ja hervor.