Seien wir nicht allzu fasziniert von einer Teenagerin, die einige seltene Gaben wirkungsvoll benutzt, um weltweite Aufmerksamkeit zu erzielen. In der Pubertät, zumal wenn der Eindruck des Kindlichen noch überwiegt, ist die Spanne des Sozialverhaltens beim Menschen vielfach noch nicht ganz ausgebildet. Unreflektierte Revolte und übermäßiges Wohlverhalten gegenüber sozialen Referenzgruppen liegen dicht beieinander. Und vielleicht – wir können es aus der Ferne wahrlich schwer beurteilen – vielleicht war es eine Art von Wohlverhalten, die das schwedische Mädchen Greta Thunberg dazu bewog, sich sehr gerne für die Art von Aufgabe einspannen zu lassen, die ihr die Eltern zugedacht hatten.
Große Karrierechance – für Gretas Eltern
Die familiäre Situation spricht sehr für ein gezieltes Vorgehen: Gretas Vater ist Schauspieler, aber wir sehen wenig von ihm. Ihre Mutter ist eine Opernsängerin, aber ihre Auftritte an der Met in New York, in der Mailänder Scala oder auch nur in der Elbphilharmonie sind eher selten – und die eigentlich angepeilte Karriere in der U-Musik, die sie 2009 mit ihrer Teilnahme am European Song Contest startete, ist seit 2011 von zunehmender Erfolglosigkeit gekennzeichnet. Zudem hat die mäßig erfolgreiche Künstlerin, die jetzt unter „Gretas Mutter“ bekannter ist, als sie zu „Grand-Prix“-Zeiten je war, just zum Zeitpunkt der klimatisch relevanten Auftritte ihrer Tochter ein Buch herausgebracht, das aber trotzdem weitgehend unbeachtet blieb – und auch bleibt. Aber einen Versuch war die Sache wert. Wer wundert sich jetzt noch über die Auftritte des schwedischen Klimamädchens?
Seien wir also nicht allzu fasziniert von diesem Kind. Viel interessanter ist die Reaktion von Journalisten der Leitmedien auf die kurzen, fast gepressten Sätze. Auf die starr blickenden Augen. Und dann auf diesen vorgetragenen Satz: „Ich will, dass ihr in Panik verfallt!“ Fürwahr, das Kind aus Schweden wird behandelt, als sei es eine religiöse Instanz. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Inaugurationsritual des Dalai Lama. Ein Kind aus dem tibetischen Volk wird durch subjektiv festgelegte Kriterien, die nur ein innerer Kreis von Mönchen kennt, als neuer „ozeangleicher Lehrer“ erkannt. Der komplexen Systematik der Feststellung der Inkarnation durch diverse Mönchskommissionen, die sodann im alten Tibet folgte, ist das Orakeln der verschiedenen internationalen Verlagsgruppen und Senderfamilien durchaus vergleichbar. Die kleine, verschlossene, mit ihren seltenen Gaben ausgestattete Greta aus Schweden wird zur „ozeangleichen Lehrerin“ der Gläubigen westlicher Medien in Sachen Klimakatastrophe.
Warum alle nur zu gerne mitmachen
Verwenden wir nicht allzu viel Zeit auf die Frage, ob das Fernbleiben vom Unterricht an einem oder mehreren Freitagen hierzulande oder auch in Schweden bei durchschnittlichen Schülern einen großen Schaden anrichtet. Nützlich ist Schwänzen natürlich nicht, aber verpasster Unterrichtsstoff kann bekanntermaßen nachgeholt werden. Worum geht es dann also? Warum ist der Vorgang so elektrisierend? Es ist das Brechen der Regeln an sich, das hier von Interesse ist. Immerhin haben sich vor hunderten schwedischen Rathäusern Kinder, die unerlaubt der Schule fernblieben, versammelt, um „für das Klima“ zu demonstrieren. Ähnliche Aktionen gab es in Belgien, Dänemark, Finnland und Frankreich. Bis Anfang Dezember 2018 hatten um die 20.000 Schulschwänzer in etwa 270 Städten weltweit für das Klima „gestreikt“. Es sei das Gedankenspiel gewagt: Falls es darum gegangen wäre, eine neue, unangreifbare Begründung für die Rebellion gegen die westliche, marktwirtschaftlich ausgerichtete, liberale Wertegemeinschaft zu finden, dann stünde der „Schulstreik für den Klimaschutz“, der seit August 2018 um sich greift, in einer ganz bestimmten Tradition. Mutlangen, die Bonner Rheinaue, das Wendland rund um Gorleben und die Elbauen bei Brokdorf lassen grüßen.
Es sei die These gewagt: Kinder und Jugendliche, die gegen ganz bestimmte Industrieprojekte oder ganz allgemein für Frieden, Klima und Weltverbesserung auf die Straße gehen, erhoffen sich eine Belohnung durch „Erwünschtheit“. Sie folgen den Vorgaben einer zahlenmäßig starken Gruppe von Erwachsenen, die politisch sehr weit links steht und deren Mitglieder unzufrieden sind, weil sich ihre sozialistischen und kommunistischen Blütenträume angesichts des Alltags in einer funktionierenden Marktwirtschaft aus diesem oder jenem Grund in Luft aufgelöst haben. Greta verdient Mitleid. Sie strahlt nicht jene Fröhlichkeit aus, die für eine glückliche Kindheit steht, sondern wirkt getrieben, fremdgesteuert. Kein Wunder, ist sie doch, vorsichtig gesprochen, von einem Profi im PR-Geschäft auf ihre Auftritte „vorbereitet“ worden. Welche Rolle dieser Mensch, Ingmar Rentzhog heißt er, in Wirklickeit spielt, bleibt merkwürdig nebulös.
Greta Pippi Langstrumpf
Wenn da nicht dieses linkische Mädchen mit dem starren Blick wäre, das schamlos instrumentalisiert wird, wie das auch auf diesem Portal schon hundertfach in Leserzuschriften bemerkt worden ist. Eine davon möchte ich zum Abschluss zitieren: „Wir erleben gerade die Installation der ersten Heiligen der neuen Sekte der Klimareligiösen.“ Das Kind Greta, das auszog, „um kreuzzugmäßig Scharen anderer Kinder zu erleuchten und zu illuminieren, die Schule zu schwänzen und für die ‚Religionen des Klima’ zu kämpfen.“ Diese „Greta Pippi Langstrumpf“ habe alles, um das Zeitalter dieser Religion beginnen zu lassen: die Geschichte, die Zöpfe, den „Ernst“, den bedingungslosen Fanatismus und die Strahlkraft einer überzeugten „Heiligen“. Und natürlich, das sei hinzugefügt, diese gehörige Portion Revoluzzertum der echten Pippi, die die deutsche Linke nur allzugern hätte, wenn sie nicht mehrheitlich so entsetzlich spießig wäre.
Ja, die Prognose, dass Greta von einer deutschen Kanzlerin, wie wir sie nun derzeit einmal haben, empfangen wird, dass sie vor dem Bundestag sprechen wird: Diese Prognose könnte durchaus eintreffen. Wir werden sie erleben: Greta, die „ozeangleiche Lehrerin“ – der Anstieg des Meeresspiegels, der ja auch unmittelbar bevorsteht, bekommt nun eine neue Bedeutung.