Tichys Einblick
Wird Gold besteuert?

Goldsteuer: Die Raffkes aus der Wilhelmstraße

Mit Gold hinterlegte Inhaberschuldverschreibungen, eine Form der Geldanlage, sind bislang steuerfrei. Das ist dem Finanzministerium nun gar nicht recht.

imago Images/Science Photo Library

Gold hat auf Räuber aller Zeiten eine magische Wirkung ausgeübt – und tut dies offenbar heute noch. In der Berliner Wilhelmstraße 97 scheint sich ein solches Räubernest zu befinden. Die Adresse ist besser bekannt als Sitz des Bundesministeriums der Finanzen. In der dortigen Steuerabteilung haben staatliche Einnahmeverbesserer keine Ruhe, wenn Bürger vielleicht doch einen kleinen Gewinn steuerfrei vereinnahmen könnten. Vor allem die Entwicklung des Goldpreises auf immer neue Rekordhöhen lässt die staatliche Begehrlichkeit entsprechend wachsen. Deshalb soll mit der Steuerfreiheit von Gewinnen bei bestimmten Goldanlagen bald Schluss sein. Fällt der Goldpreis wieder und Anleger machen Verluste, bleibt deren steuerliche Berücksichtigung natürlich ausgeschlossen.

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Es geht um eine Form der Goldanlage, die in Deutschland von den Börsen Frankfurt und Stuttgart angeboten wird. Ins Visier des Finanzministeriums sind mit Gold hinterlegte Inhaberschuldverschreibungen geraten, die täglich an den Börsen wie andere Wertpapiere gekauft und verkauft werden können. Besonderer Unterschied bei diesen auch unter der Bezeichnung „Exchange Traded Commodity“ (ETC) bekannten Papieren: Anleger können sich den Gegenwert in Barren nach Hause liefern lassen. Seitdem der Bundesfinanzhof 2015 feststellte, dass diese Produkte steuerlich wie physisches Gold zu behandeln und Gewinne nach einer Haltefrist von einem Jahr steuerfrei zu bleiben haben (BFH VIII R 4/15 und VIII 35/14), blüht das Geschäft der beiden Börsen: Für die von der Frankfurter Börse herausgegebene Inhaberschuldverschreibung „XETRA-Gold“ sind inzwischen 221,7 Tonnen Gold im Börsentresor hinterlegt, beim kleinen Stuttgarter Bruder „EUWAX Gold II“ sind es 8,1 Tonnen. Die Frankfurter haben ihren Goldbestand seit Jahresanfang aufgrund der Käufe der Anleger um 18,5 Tonnen erhöht, in Stuttgart stieg der Bestand nach dortigen Angaben seit März um 27 Prozent. Der steigende Goldpreis beflügelt den Absatz dieser Inhaberschuldverschreibungen. So war eine Unze Gold am Morgen des 27. Juli mit 1.944 US-Dollar so teuer wie noch nie.

Mit der steuerfreien Mitnahme von Gewinnen aus Gold-Inhaberschuldverschreibungen soll bald Schluss sein. Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines Jahressteuergesetzes erarbeitet, mit dem die für Anleger günstigen Urteile des Bundesfinanzhofes ausgehebelt und Gewinne mit diesen Goldpapieren genauso wie Gewinne mit Aktien immer mit 25 Prozent Abgeltungsteuer belegt werden sollen – egal wie lange die Papiere gehalten werden. Bundestag und Bundesrat sind mit den Plänen noch nicht befasst worden und müssen noch zustimmen, ehe das Gesetz vermutlich zum 1. Januar 2021 in Kraft treten kann.

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Die Möglichkeiten steuerfreier Gewinne oder die Anerkennung von Verlusten von Privatanlegern sind Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ein Dorn im Auge. Sein Steuer-Credo heißt offenbar Sozialisierung von Gewinnen und Privatisierung von Verlusten. Schon zu Jahresanfang wurde die Verlustverrechnungsmöglichkeit bei Termingeschäften und nach dem Totalausfall von Wertpapieren stark eingeschränkt. Im Ergebnis führt dies seitdem zu kurios erscheinenden Sachverhalten. Ein Privatanleger, der mit einem Papier 100.000 Euro Gewinn macht, mit dem anderen aber 90.000 Euro Verlust, kann Gewinne und Verluste nicht mehr vollständig ausgleichen, sondern von den Verlusten nur höchstens 10.000 Euro pro Jahr. Statt 10.000 Euro Gewinn rechnet das Finanzamt in diesem Fall mit 80.000 Euro Gewinn, obwohl dieser gar nicht entstanden ist. Dass der Anleger seinen Verlust auf die Folgejahre vortragen kann, hilft ihm nichts.

Der Kauf von physischem Gold (ist mehrwertsteuerfrei) und die Einlagerung im privaten oder im örtlichen Banktresor bleibt natürlich eine Alternative, um sich vor den Raffkes aus der Wilhelmstraße in Sicherheit zu bringen. Doch auch hier zieht der Staat bereits die Zügel an. War bis 2017 der Kauf von Gold beim Händler bis zu 14.999 Euro anonym möglich, so wurde die Grenze danach auf 9.999 Euro und seit dem 1. Januar dieses Jahres auf 1.999 Euro reduziert. Damit ist gerade noch ein Krügerrand (eine Unze) registrierungsfrei kaufbar. Offizieller Grund für die Registrierungspflicht von Goldkäufern ist der Kampf gegen Geldwäsche. Doch das Argument erscheint vorgeschoben: Von 77.252 Meldefällen für Geldwäsche beziehungsweise Terrorismusfinanzierung hatten im Jahr 2018 nur 175 Verdachtsmeldungen einen Bezug zu Edelmetallen, musste die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion einräumen. Möglicherweise kommen auch auf Käufer von physischem Gold umfassendere Steuerpflichten zu.

Die steuerlichen Einschränkungen werden zur Folge haben, dass Anleger auf Angebote im Ausland ausweichen, wie etwa zu der auch bei deutschen Anlegern beliebten (staatlichen) Münze Österreich, wo Käufer ihr erworbenes Gold (zum Beispiel der Wiener Philharmoniker) direkt einlagern können oder auf Angebote deutscher Anbieter wie von Degussa Goldhandel, dem größten von Banken unabhängigen Edelmetallhändler für den  Ankauf von Altgold und Verkauf von Investmentmetallen: Gerne lagert man für den Kunden auch in tiefen Stollen in der Schweiz oder an anderen Standorten weltweit ein. Auch unseriöse Händler könnten wieder Morgenluft wittern. Zuletzt hatte der Zusammenbruch der Firma PIM-Gold Schlagzeilen gemacht, die jahrelang Goldsparpläne mit Verzinsung angeboten hatte, obwohl Gold naturgemäß keine Zinsen abwirft. Die Finanzaufsicht BaFin merkte nichts. Der Schaden der Anleger beläuft sich auf rund 150 Millionen Euro.

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