Tichys Einblick
TE-Exklusiv

AfD-Politiker in Hamburg: Gewählt und strafversetzt

Ein Polizeimitarbeiter soll versetzt werden – weil er eine demokratische Wahl gewann. Das passt der Poilzeidirektion nicht, also fangen die Schikanen an. Wie der antidemokratische Abwehrkampf gegen Konkurrenz auf kommunaler Ebene funktioniert.

Objektschutz für leere Olaf Scholz-Wohnung in Hamburg Altona.

picture alliance / rtn - radio tele nord | rtn, frank bründel

Anfang Juni fanden in der Hansestadt Hamburg Bezirksversammlungswahlen statt. Der deutschlandweite Trend, dass die AfD ihre Position auf Kommunal- und Landesebene ausbauen kann, setzte sich auch hier fort. Nun laufen die Abwehrkämpfe gegen den Mitbewerber von rechts. Der Abgeordnete des Bezirks O. ist beim Objektschutz angestellt. Das heißt, er wird bewaffnet und in Uniform zum Schutz gefährdeter Einrichtungen, bei Gefangenentransporten und ähnlichen Aufgaben eingesetzt. Darüber hinaus wurde er bei der Bezirkswahl in die Bezirksversammlung Hamburg-Nord gewählt. Er gehört der AfD an.

Nun soll er versetzt werden. Gegenüber Tichys Einblick berichtet er, dass er in einen anderen Aufgabenbereich und in einen anderen Bezirk versetzt werden soll. Interne E-Mails, die Tichys Einblick einsehen konnte, bestätigen dies und stellen einen klaren Zusammenhang mit der Wahl her. Dabei steht die Arbeit als Objektschützer der Polizei ausdrücklich nicht im Widerspruch zur Rolle als gewähltes Mitglied der Bezirksversammlung. Dies bestätigte das Personalamt der Hansestadt Hamburg – entsprechende Dokumente liegen TE vor.

Schikane im Wahlkampf

Für die Dauer des Wahlkampfs und drei Monate danach (bis September) sollte O. nicht mehr zum Objektschutz des Polizeipräsidiums und an jüdischen Einrichtungen eingesetzt werden, durfte aber weiterhin im Objektschutz arbeiten. Nun „dauern die Maßnahmen so lange fort, wie die Legislaturperiode andauert sind [sic]“, wie aus internen Dokumenten der Polizei Hamburg hervorgeht, die Tichys Einblick einsehen konnte. Die Befristung dieser Maßnahmen sei wegen der gewonnenen Wahl hinfällig. Auch ein Einsatz im Bezirk Hamburg-Nord, in dessen Bezirksversammlung O. sitzt, sei „ausgeschlossen“.

Nun soll er versetzt werden – was für O. auch wirtschaftliche Folgen hätte, denn damit würden Nachtschichtzulagen und andere Zulagen im Wert von mehreren hundert Euro pro Monat verloren gehen.

Illegales Vorgehen?

Ob ein solches Vorgehen rechtens ist, muss ein Gericht entscheiden. Der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau bewertet den Fall im Gespräch mit TE so: „Die Bezirksversammlung als Instanz der kommunalen Selbstverwaltung ist zwar kein Parlament, dessen Abgeordnete unter besonderem Schutz stehen … dennoch widerspricht es demokratischen Prinzipien, dass ein Abgeordneter in der Bezirksversammlung einen Nachteil aus seiner Wahl haben soll.“

Ob eine solche Versetzung legal ist, ist also hoch fragwürdig – demokratisch problematisch ist sie aber auf jeden Fall. Beamte können auch ohne Begründung jederzeit versetzt werden – O. ist jedoch Angestellter im Polizeidienst, für ihn gilt also reguläres Arbeitsrecht.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Auch die Hamburger Polizei ließ eine von TE gesetzte Antwortfrist verstreichen. In einer späteren Antwort lehnte die Pressestelle der Polizei eine Stellungnahme ab.

Auf die Nachfragen

Ist es ein normales Vorgehen der Polizei Hamburg, dass Mitarbeiter (im Allgemeinen) nach einer Wahl in die Bezirksversammlung versetzt werden?
Ist dieser Fall in der Vergangenheit schon vorgekommen?

antwortete die Polizei mit
Personalentscheidungen erfolgen immer jeweils im konkreten Einzelfall, eine pauschale Beantwortung ist daher nicht möglich.
Das sind viele Worte, um eine Ja-/Nein-Frage nicht zu beantworten.
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