Seitdem die Bundeskanzlerin eine neues „Verfassungsorgan“ gestiftet hat, den Rat der Ministerpräsidenten und damit das Parlament entlastet, und der Bundestag Gesetzesvorlagen, die Deutschland grundlegend verändern wollen, in Rekordzeiten von zwei Tagen beschließt, hat er natürlich Zeit gewonnen, Gäste einzuladen und ihnen zuzuhören wie am vergangenen Freitag, als UN-Generalsekretär Antonio Guterres aus Anlass des 75-jährigen Bestehens der UNO ausführlich die Bundeskanzlerin und ihre Regierung lobte, besonders deren spendables Händchen. Antonio Guterres, der von 1995 bis 2002 Premierminister Portugals und Vorsitzender der Sozialistischen Internationale war, gehört seit nunmehr fünfzehn Jahren der UN-Bürokratie an, von 2005 bis 2015 als Hoher Flüchtlingskommissar und seit 1. Januar 2017 als deren Generalsekretär.
Der Generalsekretär begann seine Rede mit dem Bekenntnis, dass das „Denken, die Führungskraft und der Weitblick der Deutschen“ sein politisches Leben mitgeprägt hätten. Über das Denken sagt man genug, wenn sich in der Rede des portugiesischen Sozialisten einzig der Name des verhinderten Linguisten Jürgen Habermas findet. Man hätte, wenn man über Philosophie sprechen will, Immanuel Kant oder G.W.F. Hegel, Ernst Cassirer oder Martin Heidegger, Ernst Bloch oder Georg Simmel, Walter Benjamin oder Nikolai Hartmann, Hannah Arendt oder Edith Stein, Leo Strauss oder Karl Löwith, Theodor W. Adorno oder Arnold Gehlen, Robert Spaemann oder Hans Blumenberg, aber auch Max Weber oder die Freiburger Ordoliberalen anführen können. Was an Habermas „Geschichte der Philosophie“ wegweisend sein soll, wird Guiterres‘ Geheimnis bleiben – vielleicht sogar für ihn selbst.
Doch nun zu den Fakten, die in der Rede des UN- Generalsekretär fehlen: Mit beeindruckender Führungskraft legt die deutsche Bundeskanzlerin Hand an die deutsche Wirtschaft. Während die chinesische Wirtschaft wahrscheinlich um 2 % wächst und China zum Profiteur der Pandemie wird, verzeichnet die deutsche Wirtschaft ein Minus von 6.6 %, ohne Kurzarbeitergeld und Aussetzung der Pflicht, die Insolvenz zu melden, läge der Wert wohl bei minus 8 %. Im Vergleich zum Oktober steigerten sich die chinesischen Exporte um 21 %. Der Vergleich zwischen Oktober 2019 und Oktober 2020 weist für Deutschland ein Rückgang der Exporte um 6,5% auf. Laut einer Recherche von Bild kauften die Chinesen den Hamburger Modeunternehmen Tom Tailor für einen Euro. „Kaum zu fassen: Bund und Länder bürgen für die Chinesen mit 100 Millionen Euro.“ Auch Deutschlands fünftgrößter Frachtflughafen, Frankfurt-Hahn, ging während der Krise „still und heimlich“ an die Chinesen. Die staatseigene KfW gewährt den Chinesen einen Kredit von 500 Millionen Euro – man kann das auch eine gutgetarnte Zuwendung nennen. Laut einem Bericht des Focus zahlte Deutschland seit 1979 fast 10 Milliarden Euro an China an Entwicklungshilfe. Der FDP-Entwicklungsexperte Olaf in der Beek monierte in der Bild: „Deutschlands Entwicklungszusammenarbeit mit China wird mehr und mehr zum Treppenwitz der Geschichte. Während Deutschland mit den Folgen der Corona-Pandemie ringt, ist China auf Wachstumskurs und wir finanzieren dort auch noch die Ausbildung von Fachkräften.“
Besonders in der Energiepolitik zeigen sich die Führungsstärke und der Weitblick der Bundesregierung. Guterres lobt die Bundekanzlerin nämlich auch dafür, dass Deutschland als erster Land „1,5 Milliarden Euro für die Wiederauffüllung des Grünen Klimafonds zugesagt“ hat. Und damit nicht genug des Lobenswerten: „Wir müssen auch bei dem jahrzehntealten Ziel der Mobilisierung von jährlich 100 Milliarden Dollar für Abschwächungs- und Anpassungsmaßnahmen vorankommen. Deutschland sagte dafür 2015 insgesamt 4,1 Milliarden Euro bis 2020 zu.“
So viel, wie die Inquisition mit der Freiheit des Glaubens zu tun hatte, so Guterres‘ Begriff von der Wissenschaft mit der Wissenschaft selbst. Da verblüfft Genosse Guterres die lauschenden Parlamentarier mit der Feststellung: „Studien belegen, dass weibliche Führung während der COVID-19-Pandemie zu stärker faktengestützten, nachhaltigeren, inklusiveren und wirksameren Ergebnissen geführt hat.“ Da haben wir in Deutschland noch einmal Glück gehabt, dass der deutsche Bundeskanzler nicht Konrad Adenauer, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl heißt, sondern Angela Merkel.
Genosse Guterres will „gegen das Virus der Fehlinformationen vorgehen.“ Wähnt er sich im Besitz der einzig wahren Meinung, der einzig stimmenden Informationen, objektiver Studien? Wer gegen das „Virus der Fehlinformationen vorgehen“ will, bekämpft die Meinungsfreiheit, versucht, die Aufklärung rückgängig zu machen. Sein Vorbild ist nicht Immanuel Kant. Der Genosse Leonid Iljitsch Breshnew ließ Regimekritiker in die Psychiatrie einliefern, weil derjenige, der an der „wissenschaftlichen Weltanschauung“, am Humanismus des Sozialismus und an seiner Überlegenheit über den Kapitalismus zweifelt, nur geistig krank und verrückt sein konnte.
Im politischen Diskurs haben medizinische, genauer pathologische Kategorien nichts zu suchen. Wer sie benutzt, verlässt den Boden der Aufklärung.
Die Rede des Generalsekretärs vor dem Bundestag war UNO pur.