Tichys Einblick
Ohne CDU keine Regierungsmehrheit

Generalprobe für grün-rote Wahlkampfstrategie auch im Bund

Laut aktueller Umfragen können Grüne und SPD bundesweit nur mit Hilfe der Union Regierungsämter erlangen. Die Union soll daher mit allen Mitteln daran gehindert werden, eine Mitte-Rechts-Regierung anzustreben.

Markus Kurze, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Medien der CDU-Landtagsfraktion

picture alliance/dpa

Gemessen an den derzeitigen Umfragen haben die Grünen zusammen mit der SPD und der Linken bislang keine Chancen, ab dem kommenden September im Bund gemeinsam zu regieren. Sie erreichen demoskopisch zusammen nur etwa 42 Prozent der Stimmen, während die Union allein schon mit etwa 37 % der Stimmen rechnen kann. Sie könnte demnach sowohl mit den Grünen wie auch mit der SPD, falls notwendig auch mit beiden zusammen, eine Mitte-Links-Regierung bilden. Gefährdet werden könnte das erneute Zustandekommen einer solchen Regierung, die mittlerweile nicht nur die CDU-, sondern auch die CSU-Führung befürwortet, aus derzeitiger Sicht nur dann, wenn die Union ihren derzeitigen Kurs ändern würde und zusammen mit der FDP eine Regierungsmehrheit anstrebte. Aktuell erreichen CDU, CSU und FDP zusammen aber ebenfalls nur etwa 42 Prozent der Stimmen. Eine Mitte-Rechts-Koalition wäre daher rechnerisch nur unter Einschluß der AfD möglich. Eine solche Koalition schließen Union wie FDP jedoch kategorisch aus. Sie zementieren so die Fortführung eines nunmehr seit 2005 bestehenden Mitte-Links-Bündnisses, das nur für eine Legislaturperiode unterbrochen worden ist.

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Das könnte sich allerdings noch ändern, wenn im kommenden Jahr die gesamte AfD erwartungsgemäß vom Verfassungsschutz zum Verdachtsfall erklärt wird und Union wie FDP mit ihren Wahlprogrammen liberal-konservativen AfD-Wählern zum Beispiel in den Bereichen Asyl und Migration, Energie- und Klimapolitik und Europapolitik Angebote unterbreiten sollten, die sie für sie (wieder) wählbar machten. Sollten sie dies nicht tun, bliebe diesen AfD-Wählern nichts anderes übrig, als die AfD trotz ihres völkisch-nationalen Flügels entweder (aus Protest) erneut zu wählen oder ins Lager der Nichtwähler zu wechseln. Das momentane Kalkül von Grünen, SPD und Linken läuft inzwischen vor allem auf Letzteres hinaus. Vorschläge aus den Reihen der SPD und der Linken, den Interessen und Anschauungen der AfD-Wähler programmatisch wieder mehr Geltung zu verschaffen, bleiben unberücksichtigt. Die Führungsspitzen der SPD und der Linken wollen stattdessen, wie das grüne Führungs-Duo, mit der Peitsche des Verfassungsschutzes die Wähler der AfD von den Wahlurnen und die AfD so aus den Parlamenten vertreiben.

Auch die Union scheint diesem Vorgehen einiges abgewinnen zu können, ist sich aber noch uneins, ob neben der Peitsche nicht zusätzlich auch das Zuckerbrot zum Einsatz kommen sollte. Teile der Union wollen sich jedenfalls bei ihrem Kampf gegen die AfD nicht allein auf den Verfassungsschutz verlassen, sondern durch die Wiederbelebung von liberal-konservativen Werten und Zielen auch AfD-Wählern im kommenden Jahr ein programmatisches Angebot unterbreiten. Sollten diese Strömungen in der Union an Einfluss gewinnen, könnten sich die Aussichten auf eine Mitte-Rechts-Regierung von Union und FDP verbessern, sofern es auch der FDP gelingen sollte, ihr Ergebnis von 2017 unter anderem mit Hilfe von AfD-Wählern zu steigern.

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Um dem vorzubeugen, setzen Grüne, SPD und Linke die Union und die FDP inzwischen zusehends unter Druck, jeglichen politischen Zielen und Inhalten abzuschwören, in denen es mehr oder weniger Übereinstimmungen zwischen ihnen und der AfD gibt oder geben könnte. In Sachsen-Anhalt soll die CDU deswegen ihren Beschluß, eine Beitragserhöhung für den öffentlichen Rundfunk abzulehnen, widerrufen, da auch die AfD im Magdeburger Landtag gegen eine Beitragserhöhung stimmen will. Wie schon in Thüringen anlässlich der Wahl eines Ministerpräsidenten wird nun auch in Sachsen-Anhalt der Teufel eines Bündnisses mit der AfD an die Wand gemalt, um vor allem die Union daran zu hindern, liberal-konservative Politik zu betreiben.

Es handelt sich dabei um eine Art Generalprobe einer neuen Taktik im Rahmen einer grün-roten Wahlkampfstrategie für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen. Deren Zweck ist indes nicht, eine ohnehin ausgeschlossene Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern, sondern jegliche Option auf die Bildung einer Mitte-Rechts-Regierung im Bund wie in den Ländern auf alle Zeit auszuschließen. Dahinter verbirgt sich die Angst vor den rund 52 Prozent der Bürger, die laut aktuellen Umfragen auf Bundesebene nicht für Grüne, SPD und Linke, sondern für CDU, CSU, AfD und FDP stimmen wollen. Regierungsbeteiligung erlangen könnten Grüne und SPD, wie schon in Sachsen und in Sachsen-Anhalt, auch im Bund nach derzeitigem Stand nur mit Hilfe der Union. Vor allem sie soll deswegen mit allen Mitteln daran gehindert werden, sich selbst und das Land wieder stärker Richtung Mitte-Rechts auszurichten.

Mit den derzeitigen Parteiführungen von CDU und CSU auf Bundesebene gelingt dies, anders als in manchen Bundesländern, bislang recht reibungslos. Sie tanzen schon weitgehend nach der Pfeife der Grünen und der SPD. Geht das so weiter, wird auch die Union vermehrt auf den Verfassungsschutz angewiesen sein, um zu verhindern, dass noch mehr ihrer liberal-konservativen Wähler 2021 der AfD ihre Stimme geben.

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