Tichys Einblick
Fußball-EM im eigenen Land

Fußballstadt Frankfurt erschrickt vor der eigenen Fratze

Frankfurt feiert sich als  glanzvoller Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft. Doch tatsächlich sieht Europa das häßliche Gesicht einer Stadt, die verlottert - und es selbst nicht wahrhaben will.

Zum zweiten Mal nach 1988 ist nicht nur Deutschland, sondern auch die Stadt Frankfurt am Main Austragungsort einer Fußball-Europameisterschaft. „Frankfurt kann auf eine Fülle von Erfahrungen zurückblicken: Hier wurden bereits Spiele der EM 1988 und der Weltmeisterschaften 1974 und 2006 sowie der Frauen-WM 2011 ausgetragen“, feiert sich die Stadt. 

Traditionell wird auf dem Balkon des Rathauses die Nationalmannschaft begrüßt, wenn sie auf dem Frankfurter Flughafen landet. Und: In Frankfurt sitzt der Deutsche Fußballbund. Doch das glänzende Bild Frankfurts verdüstert sich durch den Verfall der Stadt und die Verelendung immer weiterer Innenstadtbereiche.

Warnung an Fußballfans, die Frankfurt kennenlernen

Bis zu 20.000 belgische Fans werden am Montag zum EM-Spiel gegen die Slowakei erwartet. Doch die belgische  Polizei ist mit sechs Mann vor Ort und spricht eindringliche Warnungen aus.  

Belgien gilt als einer der Kandidaten auf den Titel bei der Fußball-Europameisterschaft. Am Montag startet die Mannschaft des deutschen Trainers Domenico Tedesco mit dem ersten Gruppenspiel ins Turnier. In der Partie gegen die Slowakei sind die Belgier klare Favoriten.

„Der Konsum harter Drogen auf der Straße ist normal. Passanten werden belästigt, Drogenkonsumenten verlangen Geld. Ausländische Medien beschreiben das Viertel als Zombieland, und genau das ist es. Dort ist es nicht sicher”, sagte Jan Vanmaercke gegenüber der belgischen Zeitung „Nieuwsblad.” Der Polizist und Fan-Experte ist mit sechs weiteren belgischen Kollegen bereits vor Ort. Sein Appell an die nachreisenden Landsleute: „Wir bitten die Fans, den Bahnhofsbereich so schnell wie möglich zu verlassen.“

Die britische „Sun“ hatte ihre EM-Fans bereits Wochen vor dem EM-Start vor dem Drogenumschlagplatz gewarnt und das Viertel nicht nur als „Zombieland“, sondern auch als „Deutschlands größten Slum“ tituliert. Die englische Nationalmannschaft tritt am Donnerstag im zweiten Gruppenspiel in Frankfurt gegen Dänemark an, es werden zehntausende englische Anhänger erwartet. Der „Sun“-Bericht hatte in der Lokalpolitik für große Diskussionen über den Umgang mit dem Drogenproblem im Bahnhofsviertel gesorgt. Schätzungen zufolge versorgen sich dort täglich 4.000 Personen mit harten Drogen, um die 300 sollen dort auf der Straße leben, schreibt die Welt

Die Zahl ist weit untertrieben. Angeblich findet jetzt eine Sicherheitsdebatte statt. Dabei halten die Besucher der Stadt nur den Spiegel vor, und man sieht eine Fratze: Verdrängung von Problemen verschärft sie. Lösungen oder auch nur Bemühungen dazu fehlen. Die Stadt fällt zurück auf das Image einer verslumten, verdreckten, buchstäblich lebensgefährlichen Metropole der Kriminalität und Drogensucht.

Das Bahnhofsviertel dehnt sich aus

Denn es geht nicht nur um das Bahnhofsviertel. Das ist seit Jahrzehnten ein Vergnügungsviertel der zweifelhaftesten Art. Laufhäuser und Bordelle reihen sich aneinander, und zwar unmittelbar am Hauptbahnhof, dem Tor zur Stadt. Unter Oberbürgermeisterin Petra Roth, die von 1995 bis 2012 die buchstäblich verrottete Stadt erneuerte, konnten auch die Missstände am Zugangstor zur Stadt zurückgedrängt werden. Das architektonische Gründerzeitjuwel Bahnhofsviertel wurde das angesagte Viertel der Stadt; neue Wohnungen, Bars und Restaurants entstanden. Vorübergehend.

Doch die Blüte war von kurzer Dauer. Unter Oberbürgermeister Peter Feldmann brach das Sicherheitskonzept zusammen; der Polizei statt den Dealern wurden Handschellen angelegt. Der damalige hessische CDU-Innenminister Peter Beuth tat sein „Bestes“, um den Fall der Stadt zu beschleunigen: Die Beamten der SEK wurden von ihrem eigenen Dienstherren als Nazis verdächtigt und aus ihrem Job entfernt; mittlerweile haben sich die Vorwürfe als haltlos herausgestellt. TE hatte damals exklusiv und als einziges Medium berichtet, dass die die angebliche Nazi-Mucki-Bude eine Erfindung von Politik und Medien war.

Aber die Verunsicherung der Sicherheitskräfte blieb – und dann wurden sie auch noch der Lächerlichkeit preisgegeben: Bei Coronademonstrationen mussten sie mit dem Metermaß die Abstände zwischen den Demonstranten nachmessen. Zeitgleich kam es zu immer neuen Schießereien und Messerattentaten in der Stadt. Wegen Korruptionsfällen im Zusammenhang mit der sozialdemokratisch verfilzten Arbeiterwohlfahrt und anderen hanebüchenen Skandalen wurde Feldmann 2022 aus dem Amt gewählt.

Doch unter dem neuen, auf eine rotgrüngelbe Fraktion sich stützenden Oberbürgermeister Mike Josef verschlimmert sich die Lage, statt sich zu bessern. Längst ist es nicht mehr das Bahnhofsviertel, das endgültig zum kriminellen Hot-Spot und Slum verfällt. Slum und Kriminalität weiten sich aus, bis in die neuerbaute Altstadt. Die wird zwar von Einheimischen und immer mehr Touristen begeistert als Herz der Stadt zwischen dem großen Stadtplatz Römer und Dom angenommen. Doch wenn es dunkel wird, beginnt ein gespenstisches Leben.

Der Kaiserdom als Pissoir

Reisende Bettler aus Rumänien, in großen Clans und Banden organisiert, rollen ihre voluminösen Matratzen in der Galerie der Kunsthalle Schirn aus, die vom Römer und seinem Rathaus zum Dom führen. Jeden Abend nächtigen bis zu hundert straff organisierte Bettler dort; die Obdachlosigkeit des Bahnhofsviertels breitet sich unter jedes Dach aus. Wer daran vorbeigehen will, wird bedroht. Die Nischen des gotischen Doms der Kaiserkrönung wurden zur Kloake. Die tagsüber noch glanzvolle neue Altstadt zum Strich. Die Polizei hält sich bedeckt und erklärt auf Anfrage, man sei machtlos; der Schlafaufenthalt sei nicht strafbar.

Immer weiter greift die Kriminalität um sich und immer heimtückischer werden die Angriffe im gesamten Stadtgebiet. Am Mainufer wurde eine Frau, die auf einer Bank neben dem Kinderspielplatz saß, von einem Afghanen hinterrücks angefallen und in Hals und Kopf gestochen. Zwei Tage später war der Tatort gesäubert – dort fand eine Lasershow zur Eröffnung der EM statt und das Publikum drängte sich genau an der Stelle, an der die grausame Tat verübt worden war. Wiederum zwei Tage später kam es im Stadtteil Liederbach zu einem tödlichen Messerangriff. Das Bahnhofsviertel wurde zur Messerverbotszone erklärt. Jetzt wird eben in der ganzen Stadt gemessert.

So feiert Frankfurt den Fußball. Und die Welt schaut zu.

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