Tichys Einblick
Elon Musk legt den Finger in die Wunde

Fünf Momente, als Deutschland andere Länder von außen beeinflussen wollte

Einmischung von außen? Das kennt man doch: nein, nicht gegen, sondern von Deutschland aus. Der Spitzenreiter bei der weltweiten moralischen und politischen Belehrung kann austeilen, aber nicht einstecken. Länder wie Italien, Polen, Ungarn und die USA können ein Lied davon singen.

IMAGO / NurPhoto

Elon Musk hat eine unverschämte Tat begangen: Er hat sich in Deutschland eingemischt. Unerhört! Denn eigentlich ist es doch Deutschland, das dafür bekannt ist, sich durchweg über andere Länder zu mokieren, sie zu belehren und sich ins politische Geschehen einzumischen. Die nachfolgende Liste beansprucht keine Vollständigkeit – sondern zeigt eher eine über Jahre zu beobachtende Symptomatik auf.

Beispiel 1: Der „Spiegel“ bei der Italien-Wahl 2018

Bereits 2018 rief der Spiegel deutsche Journalisten und Politiker auf, nach der Parlamentswahl in Italien mitzumischen. Spiegel-Autor Peter Müller: „Vor dem Brexit haben die EU-Spitzen still gehalten, auch die deutsche Regierung – das Ergebnis ist bekannt. Im Ringen um die Zukunft Italiens sollten sie diesen Fehler nicht wiederholen, sondern Flagge zeigen.“

Deutsche Selbstkritik? Keine.

Beispiel 2: Ursula von der Leyen gegen Polen 2017

Im Jahr 2017 rief Ursula von der Leyen in der Sendung Maybrit Illner dazu auf, den „gesunden demokratischen Widerstand der jungen Generation in Polen“ zu unterstützen – gegen eine demokratisch gewählte Regierung in Warschau, wie man dazu erwähnen muss. Die Reaktionen aus Polen überraschten die damalige Verteidigungsministerin. Man war ja keine Widerworte aus dem Nachbarland gewöhnt. Die damalige PiS-Regierung konstatierte: „Einmischung in die inneren Angelegenheiten Polens“.

Deutsche Selbstkritik? Keine.

Beispiel 3: Das deutsche Verhalten gegenüber Ungarn (2024 et alii)

Es gibt zahlreiche Fälle, in denen Deutschland Budapest von oben herab belehrt und auch die Demokratie wie Rechtsstaatlichkeit Ungarns infrage gestellt hat. Hier nur das jüngste Beispiel: im Sommer dieses Jahres bestellte Ungarn die deutsche Botschafterin Julia Gross ein. Hintergrund: Äußerungen der Diplomatin untergrüben das Vertrauen in seine EU- und Nato-Partner. Dies sei „inakzeptabel“ und ein Angriff auf die Souveränität Ungarns, sagte Außenminister Peter Szijjarto. Es gebe eine „ganze Serie von Vorfällen, Theorien, Maßnahmen und Provokationen, die (…) Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit Ungarns aufkommen lassen“, sagte Gross laut ungarischen Medienberichten.

Deutsche Selbstkritik? Keine.

Beispiel 4: Luisa Neubauer im US-Wahlkampf 2024

Bisher kannte man das nur von Ralf Stegner, aber im US-Wahlkampf 2024 mischte auch Klima-Chaotin Luisa Neubauer mit. Sie versuchte Tür-zu-Tür-Propaganda für die Kandidatin der Democrats, Kamala Harris, zu machen. Am Ende hat es zwar nicht viel genützt, insbesondere nicht im Swing-State Pennsylvania.

Deutsche Selbstkritik? Keine.

Beispiel 5: Das Auswärtige Amt im US-Wahlkampf 2024

Wie die Herrin, so das Gescherrin? Beim X-Account des Auswärtigen Amtes könnte man auf diesen Gedanken kommen. Da provoziert der Account mit Posts wie etwa den über deutsche Energienetze und dass man hierzulande keine Katzen und Hunde essen würde. Zum Mitschreiben: Kein Politiker, keine Aktivistin, kein Journalist, sondern eine offizielle deutsche Behörde treibt hier ihren Schabernack. Das ist unterm Strich deutlich mehr als ein lose mit der neuen US-Regierung verbundener Elon Musk.

Deutsche Selbstkritik? Selbstverständlich keine!

Es handelt sich hier richtigerweise nur um Fallbeispiele. Eine kurze Google-Suche hilft. Was aber die Fallbeispiele verdeutlichen sollen: Es geht nicht um das Einzelne, sondern das Ganze. Italien, Polen, Ungarn, die USA: Es sind diese Länder, bei denen deutsche Aktivisten, deutsche Journalisten und deutsche Politiker glauben, den Zeigefinger zu erheben. Nicht erst seit gestern, nicht in einem Zeitungsartikel, sondern in zyklischen Abständen. Aber was den Göttern aus Germanien erlaubt ist, das ist bekanntlich einem südafrikanischen Tech-Milliardär noch lange nicht erlaubt.

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