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Wirtschaftsministerium

Habecks Frühwarnstufe im »Notfallplan Gas« – und Putins leises Zurückrudern

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Auslöser war die Forderung Russlands, Bezahlung der Gasimporte nur noch in Rubel und nicht mehr in Dollar zu akzeptieren. Putin schränkt seine Forderung schon ein.

Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

IMAGO / Metodi Popow

Die Bundesregierung hat die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Grundlage ist eine sogenannte europäische SOS-Verordnung, die das Europäische Parlament und der Rat am 25. Oktober 2017 erlassen haben. Darin sind Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung aufgeführt. Die sind in drei Stufen aufgeteilt: die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe.

Die Frühwarnstufe muss dann ausgerufen werden, wenn es konkrete, ernst zunehmende und zuverlässige Hinweise darauf gibt, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm oder der Notfallstufe führt. So heißt es kompliziert ausgedrückt. Zu dieser Frühwarnstufe gehört, dass ein Krisenteam gebildet wurde, das die Versorgungslage bewertet. Ab sofort tagt das Krisenteam Gas regelmäßig und beobachtet die Daten der Netzbetreiber der Gasfernleitungen und der sogenannten Marktgebietsverantwortlichen.

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Gas sei ausreichend vorhanden, betont das Bundeswirtschaftsministerium, und damit ist die Gesamtversorgung aller deutschen Gasverbraucher weiterhin gewährleistet. Dennoch seien die Wirtschaft und Privathaushalte gehalten, den Verbrauch so gut wie möglich zu reduzieren. Für das Bundeswirtschaftsministerium war die Forderung Russlands, Bezahlung der Gasimporte nur noch in Rubel und nicht mehr in Dollar zu akzeptieren, der Auslöser für die Frühwarnstufe. Dies stelle einen Bruch der Lieferverträge zwischen russischen und deutschen Unternehmen dar.

Am 28. März haben die G-7 Staaten in einer gemeinsamen Erklärung die Bezahlung in Rubel abgelehnt und führten als Grund Vertragstreue an. Die russische Regierung jedoch will Zahlungen nur in Rubel akzeptieren und droht, ohne Rubel Zahlungen die Gaslieferungen zu stoppen. Bis Donnerstag, 31. März, sollen auf Anordnung von Präsident Putin die Regeln ausgearbeitet sein, damit europäische und internationale Gasbezieher »einfach, verständlich, transparent und umsetzbar« in Rubel bezahlen könnten. »Keiner wird Gas umsonst liefern, und bezahlt werden kann es nur in Rubel«, betonte der Sprecher des Kreml, Peskow, laut Interfax und suggeriert damit Normalität.

Ein Teil der Lieferverträge über etwa 12 Prozent der Gaslieferungen laufen laut Internationaler Energieagentur (IAEA) Ende dieses Jahres aus. Danach sollten nach Empfehlung der Agentur keine weiteren Verträge mehr abgeschlossen werden, um die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu reduzieren.

Ein einfaches Abdrehen des sogenannten Gashahnes würde erhebliche Schäden in den Gasfeldern Westsibiriens hervorrufen und vor allem die Gasströme im Untergrund empfindlich stören. Das Erdgas wird unter hohem Druck – etwa 200 bar – durch die Nord-Stream-1-Pipeline gepumpt. Nach etwa zwei Tagen würde sich ein Abschalten durch Druckverlust bemerkbar machen. Eine andere Transportmöglichkeit des Erdgases aus einem der größten Erdgasvorkommen in Russland als durch Nord Stream 1 nach Europa besteht derzeit nicht. Alternative Pipelines etwa nach China müssten erst verlegt werden.

Wie das russische Präsidialamt am Mittwoch Mittag mitteilte, solle die Währungsumstellung schrittweise erfolgen. Das könnte bedeuten, dass eine Bezahlung in Rubel nur für Verträge gilt, die neu abgeschlossen werden. Das kann man als ein Zurückrudern Putins interpretieren.  

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