Tichys Einblick
Wahlkampf 2025

Friedrich Merz hofft auf das Thema Wirtschaft, aber …

Wirtschaft wird das Thema des Wahlkampfs im nächsten Jahr sein. Zumindest, wenn es nach der CDU geht. Eine Versicherung lässt die Christdemokraten hoffen, dass dieser Plan aufgehen könnte. Aber es gibt für sie auch ein Risiko.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Doch, doch. Es gibt durchaus auch Pfunde, mit denen Robert Habeck als Kanzlerkandidat der Grünen wuchern kann: die unendliche Liebe staatlicher und staatsnaher Journalisten zum „Wirtschaftsminister“, sein gutes Aussehen, die entschlossene Liebe staatlicher und staatsnaher Journalisten zu Habeck, seine angenehme Stimme und die täglich hemmungslos gelebte Liebe staatlicher und staatsnaher Journalisten zum grünen Kandidaten. Nur um eine Sache darf es im Wahlkampf nicht gehen. Ein Thema zieht ihn runter, den Minister für Wirtschaft: Wirtschaft. Da sind die Zahlen verheerend. Und auch wenn staatliche und staatsnahe Journalisten 365 Tage im Jahr das Gegenteil erzählen: Das ist die Schuld von Robert Habeck.

Die Zahl der Insolvenzen ist zum Beispiel auf einem Rekordniveau. Das ist nicht die Meldung aus dem September oder dem August. Die lautete da nur gleich. Neu sind die Zahlen – neu und schlechter als davor. Die Zahl der privaten Insolvenzen ist im Jahresvergleich um 18 Prozent gestiegen, teilt das Statistische Bundesamt mit. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist sogar um 22,1 Prozent nach oben gegangen. Oder wie es Robert Habeck selbst formulieren würde: Er hat die Zahl der Insolvenzen in Fahrt gebracht.

Knapp 2000 Unternehmen haben allein im Juli Insolvenz angemeldet, teilt das Statistische Bundesamt mit. Aus Habecks Sicht sind das aber nur 2000 Unternehmen, die nicht rechtzeitig mit der Produktion aufgehört haben. Für die Gläubiger ist es so oder so blöd. Sie bleiben auf Forderungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro sitzen – nur durch die im Juli erfassten, wirtschaftlichen Insolvenzen. Die meisten Insolvenzen gibt es im Verkehrsbereich, danach folgt der Dienstleistungssektor. Wenn die Industrie sich zurückzieht, sind sie es, die das als Erste zu spüren bekommen.

Der Klimawandel sei das größte aller Probleme, erklären staatliche und staatsnahe Journalisten 365 Tage im Jahr. 2019 war das letzte Jahr, in dem wir das Klima-Armageddon abwenden konnten. 2020 auch. Und 2021. Wer den Aktivisten der letzten Generation spenden will, braucht sich aber nicht zu ängstigen. 2024, 2025 und alle weiteren bleiben letzte Jahre, in denen wir die Klima-Apokalypse abwenden können. Denn sonst würden sich Spenden an die letzte Generation nicht mehr lohnen und die Aktivisten müssten auf den Arbeitsmarkt. Dort hätten sie keine Chancen. Nicht, weil sie dem nichts zu bieten hätten. Ok. Schon. Deswegen auch. Aber der Arbeitsmarkt bricht gerade für alle zusammen: über 4 Millionen erwerbsfähige Empfänger von Bürgergeld und mittlerweile 2,8 Millionen Arbeitslose.

Die Ursachen dafür sind nicht schwer zu finden. Reich wurde Deutschland durch seinen Außenhandel. Unter dem Minister Robert Habeck hat die Wirtschaft dieses Pfund verspielt: Internationale Konflikte setzten ihnen zu, berichteten 6000 Unternehmen im aktuellen „Außenwirtschaftsreport“ der Industrie- und Handelskammern. Es seien aber auch die neuen Vorschriften, die ihnen das Leben schwer machten. Also unter anderem das, was von der Ampel und ihrem „Wirtschaftsminister“ Habeck kommt. So stelle der Ausgleichshandel für den CO2-Ausstoß „eine erhebliche bürokratische Hürde dar, die die Betriebe belastet“, wie die Kammern mitteilen. Kleine und mittelständische Unternehmen seien „in höherem Maße betroffen“. Strenge Berichtspflichten im „Nachhaltigkeitsbereich“ belasteten diese Unternehmen angesichts ihrer kleineren Betriebsgröße überproportional.

Ein weiteres Problem: Deutschland hat die Digitalisierung verschlafen. Der Report macht nur offiziell, was jeder Sehende ohnehin seit langem weiß. Der Anteil der „elektronischen Ursprungszeugnisse“ erreichte im vergangenen Jahr mit 88 Prozent einen Rekordwert. Aber in einer schrumpfenden Masse. Die Zahl dieser ausgestellten Ursprungserzeugnisse ist in Deutschland im gleichen Jahr um 13 Prozent auf 1,1 Millionen zurückgegangen. Die weltweite Wirtschaft wird digitaler.

Doch Deutschland kann nicht mithalten. Stattdessen setzt seine Regierung auf Lastenräder, Wärmepumpen, Balkonkraftwerke und die Möglichkeit, jedes Jahr im Standesamt das Geschlecht zu wechseln. Digitalisierung ist der „Schlüssel für die Zukunft“, sagen die Kammern. Doch Robert Habeck steht draußen vor der Tür.
Der Klimawandel ist das dringendste Menschheitsproblem predigen die Grünen. Der Klimawandel ist das dringendste Menschheitsproblem, pilgern staatliche und staatsnahe Journalisten ihnen gläubig nach. Doch diese Prozession läuft am Bewusstsein der Mehrheit vorbei. Die „R + V“-Versicherungen haben ermittelt, was die größten Ängste der Deutschen sind: auf Platz eins, die Inflation. Also die Angst vor weiteren Preissteigerungen wie nach Antritt der Ampel. Auf Platz zwei, die unkontrollierte Einwanderung. Und auf drei der zu teure Wohnraum. Der Klimawandel ist das dringendste Menschheitsproblem predigen grüne Politiker und grüne Journalisten – doch je mehr sie predigen, desto weniger glaubt ihnen jemand.

Die Realität ist kein Verbündeter. Nicht der grünen Politiker und auch nicht der grünen Journalisten. Die beschreibt die Deutsche Industrie- und Handelskammer besser: „Die Insolvenzen hierzulande nehmen zu. Werkstore und Läden schließen für immer. Zwei Jahre mit schrumpfender Wirtschaftsleistung hinterlassen immer tiefere Spuren in der deutschen Wirtschaft.“ Die Kammer rechnet nach eigenen Angaben mit mehr als 20.000 Unternehmensinsolvenzen in diesem Jahr: „Bedenklich stimmt zudem das deutlich gestiegene Volumen an Forderungen, die von Insolvenzen betroffen sind. Monatlich stehen in diesem Jahr fast 6 Milliarden Euro im Feuer.“ Die Kammer rechnet da die Summen aus den privaten Insolvenzen rein.
Der Verband der Familienunternehmer sagt vor diesem Hintergrund: „Blickt man auf Robert Habecks Bilanz, ist diese größtenteils desaströs. Er versteht wenig von den Wirkungsmechanismen in der Wirtschaft, das zeigen zwei Rezessionsjahre und viele untaugliche Vorschläge.“ Gleichzeitig schweige der Minister bei wichtigen Themen wie der Explosion der Lohnzusatzkosten, wenn der Beitragssatz in der Pflegeversicherung im nächsten Jahr noch höher ausfallen soll oder wenn das Rentenpaket II Rentenbeiträge für jeden, der arbeitet, in die Höhe treibe: „Für unsere Mitarbeiter bedeutet das alles weniger Netto vom Bruttolohn und für die Unternehmen wird das Halten von Arbeitsplätzen noch teurer, vom Schaffen neuer ganz zu schweigen.“

Wirtschaftliche Fragen beschäftigen die Deutschen. Das zeigt nicht zuletzt die Umfrage der „R + V“-Versicherung. Die unkontrollierte Einwanderung gehört zu den wirtschaftlichen Fragen. Fast die Hälfte der vier Millionen erwerbsfähigen Empfänger von Bürgergeld sind Ausländer, wie die Agentur für Arbeit mitteilt. Tendenz steigend. Das kostet den Staat, das schränkt ihn bei echten Entlastungen für Wirtschaft und Arbeitnehmer ein – bis zur Handlungsunfähigkeit.

Über die wahren Kosten täuscht Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Öffentlichkeit, wie der Unions-Abgeordnete Stephan Stracke sagt. Er rechnet damit, dass die Arbeitslosigkeit weiter steige. Doch statt das einzurechnen, geht Heil in seinem Etat davon aus, dass die Kosten fürs Bürgergeld um fast sechs Millionen Euro zurückgingen. „Das ist angesichts der stotternden Konjunktur und des nicht zündenden Jobturbos vollkommen unseriös“, wie Stracke sagt. Heil täusche mit seinem Haushaltsplan über den wahren Geldbedarf hinweg. Spätestens die Herbstprojektion – Habeck rechnet künftig offiziell mit einem weiteren Schrumpfen der Wirtschaft – habe Heils „Haushalt nun endgültig pulverisiert“.

Friedrich Merz tut gut daran, wenn er wie geplant die Wirtschaft zu seinem großen Thema im Wahlkampf 2025 machen will. Ihr gelten die Sorgen der Deutschen. Sie fürchten um Jobs, um bezahlbare Wohnungen, um die Möglichkeit Esszimmer zu heizen – und mit Lebensmitteln zu versorgen. Mit Wirtschaftsthemen kann die CDU die AfD schlagen. Das hat das Beispiel Sachsen gezeigt. In diesem Bereich weckt der Blackrock-Mann bei einigen Hoffnungen – auch wenn anderen vor ihm gruselt.
In Sachen unkontrollierter Einwanderung tritt die CDU besser nicht gegen die AfD an. Niemand hat vergessen, dass es Angela Merkel war, die diese dem Land eingebrockt hat. Doch auch ein Wirtschafts-Wahlkampf 2025 hat diese Schwäche: Personal der Union, das an den Problemen die Mitschuld trägt: Eine Regelwut erdrückt die deutsche Wirtschaft? Ein Großteil davon kommt aus Brüssel und damit von der Christdemokratin Ursula von der Leyen. Die deutsche Wirtschaft hat den digitalen Anschluss verpasst? Es war Dorothee Bär von der CSU, die aus einem großen Rückstand einen uneinholbaren Rückstand gemacht hat. Die sich als Staatssekretärin auf Nebenschauplätzen profiliert hat, weil Dorothee Bär auf ihrem Hauptfeld nur Versagen und Unfähigkeit zu bieten hatte.

Es bleibt richtig. Die CDU sollte nächstes Jahr auf Wirtschaft setzen. Die Sorge darum treibt die Bürger um. Alle Zahlen dazu geben diesen Bürgern Recht. Doch die Union braucht im Wahlkampf noch einen Verbündeten: die Vergesslichkeit der Bürger. Glaubhaft kann ein Spitzenkandidat Friedrich Merz das Thema Wirtschaft nur besetzen, wenn alle vergessen, wie unfähig das Personal aus seinen Reihen ist.

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