Tichys Einblick

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann aus dem Amt gewählt

Wahlen können doch etwas verändern. Das erfuhr der wegen Vorteilsnahme im Amt angeklagte Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann.

Peter Feldmann nach seiner Abwahl

„Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine“, lautet Bert Brechts Zeile im Lied von der Moldau.

Nein, daran hat Peter Feldmann sicher nicht gedacht; Bildung war nie die Sache des Funktionärs von SPD und Arbeiterwohlfahrt (AWO). Er hat als Oberbürgermeister von Frankfurt zwei triumphale Siege errungen – und wurde davongejagt. Um 19:39 Uhr wurde das notwendige Quorum erreicht und der OB abgewählt.

Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.

Peter Feldmann hat gelogen und betrogen, als der Pate der betrügerischen Frankfurter AWO die Wege geebnet zum Griff in die Stadtkasse.

Frankfurt ist eine ehrwürdige Stadt, hier wurden die deutschen Kaiser gewählt und gekrönt; er konnte den Krönungsweg eröffnen, den seine Vorgängerin Petra Roth buchstäblich aus dem Brutalbeton eines hässlichen Verwaltungsbaus herausgeschlagen hat, den einer seiner sozialdemokratischen Vorvorgänger zwischen dem Wahlort, dem Kaiserdom und dem Frankfurter Römer gebaut hat. Und im Römer, dem Rathaus, präsidierte er gerne mit der Amtskette im Kaisersaal.

„Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.

Am Ende stoppten Kleinigkeiten seinen Weg. Beim Europacup entriss er der siegreichen Fußballmannschaft den Pokal und präsentierte sich als Sieger. Da stand schon die Anklage der Staatsanwaltschaft auf Vorteilsnahme. Selbst die SPD stellte sich dem Abwahlbegehren nicht mehr in den Weg, fast alle Parteien unterstützten diesen seltenen Vorgang.

Gewählt worden war er zuletzt mit 31 Prozent Wahlbeteiligung. Bei der Abwahl mussten sich mindestens 30 Prozent zur Wahlurne bewegen, und die Mehrheit für die Abwahl votieren. Eine doppelte Hürde, die unüberwindbar schien – und am Ende stimmten 95 Prozent der Wähler gegen ihn.

„Am Grunde der Moldau wandern die Steine“

Brechts Zeile gilt auch für den Main. Feldmann versuchte sich zwei Wochen vor dem Wahltermin zu rechtfertigen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass seine  Frau als Berufseinsteigerin gleich 17 Gehaltsstufen als Leiterin eines ethnisch gemischten Kindergartens übersprungen hat und dass ihr zu Beginn ihres Schwangerschaftsurlaubs ein Dienstauto zur Verfügung gestellt worden war. Es geht um rund 30.000 Euro, Peanuts gemessen am Gesamtschaden, den die AWO in Frankfurt unter der Schirmherrschaft Feldmanns anrichten konnte. 

Aber bekanntlich bleibt „klein nicht das Kleine“. Feldmann selbst ließ vor Gericht erklären, dass seine Beziehung nur eine „Liebelei“ gewesen sei; dass er versucht habe, die Mutter zur Abtreibung zu überreden. Vergeblich. Da habe er notgedrungen geheiratet; dabei legt er Wert darauf, dass ihre türkische Herkunft dies erfordert habe. Der Verführer stellt sich als Verführter da. Seine Tochter ist 6 Jahre alt mittlerweile, und sie erfährt aus den Medien, dass es besser sei, wenn sie nie das Licht der Welt erblickt hätte.

Das hat den Großen zu Fall gebracht. Über 100.000 Briefwahlanträge wurden gestellt; viele in den letzten Tagen. Frankfurt hat gut 508.000 Wahlberechtigte: Die Wahlbeteiligung liegt damit alleine schon bei gut 20 Prozent, und Fans hat Peter Feldmann kaum mehr. Das Wahlamt war manchmal überfordert, aber reagierte flott auf Anfragen und zuvorkommend, so weit es möglich ist. Das kleine Frankfurt funktioniert noch besser als das große Berlin, das keine Wahlen organisieren kann.

Anfangs zeigten die Ergebnisse nur 12 Prozent Wahlbeteiligung. Aber dann wurden immer mehr Stadtbezirke ausgezählt und Briefwahlumschläge geöffnet. Kaum mehr als gerade noch 6 Prozent hielten dem Oberbürgermeister die Stange.

Brechts Lyrik kann als Gleichnis auf die Vergänglichkeit herrschender Zustände („Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine“) verstanden werden oder als „Trost und Hoffnung für die jeweils Schwachen und Unterlegenen“. Es ist ein Ergebnis, das Hoffnung macht: Die Wähler lassen sich nicht mehr alles gefallen.

Eigentlich hat der Kleingeist Feldmann Brechts große Zeilen gar nicht verdient. Feldmann will nach seiner Abwahl politisch weiter aktiv sein. Politik gehe mal in die eine Richtung, mal in die andere, „diesmal eben in die andere“, sagt er und beweint vorher noch die Folge von Inflation für die Bürger der Stadt. Bei einem Abwahlanteil von 95,1 Prozent und über 40 Prozent Wahlbeteiligung ein stolzes Wort. Damit haben ihn 190.000 Bürger abgewählt; aber bei seiner Wahl nur 100.000 für ihn gestimmt. Am kommenden Freitag endet sein Amt. Im März wird neu gewählt. Möglicherweise tritt dann der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour gegen ihn an. Ob das dann besser wird – oder ob die Schwachen und Unterlegenen wieder warten müssen?

Peter Feldmann feiert seine Niederlage im Amtszimmer mit dem Fraktionsvorsitzenden der LINKEN


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