‚Hallo, liebe Migranten in Deutschland, warum verschwendet ihr eure Energie damit, die Mehrheitsgesellschaft zu nerven, anstatt endlich mal dort integriert anzukommen, wo ihr doch seit Jahrzehnten bestens wattiert oder sogar alimentiert samt Familie und Familiennachzug lebt bzw. arbeitet?’
So oder ähnlich ließen sich wohl aktuell jene nicht ganz so bitterbösen und weniger aufgeregten Kommentare in den sozialen Medien zu einem fiktivem zusammenfassen, die sich darüber empören, dass eine größere Zusammenkunft von Funktionären von Migrantenorganisationen zum Tag der Deutschen Einheit einen „Tag der Vielfalt“ forderte und dabei möglicherweise – was gleich noch zu besprechen sein wird – rassistisch vorgegangen ist gegen Menschen weißer Hautfarbe mit deutscher Herkunft, eben gegen solche, die hier schon länger leben.
Was genau ist passiert, dass heute früh entsprechende Berichte in Welt und Spiegel das Ranking der meistgelesenen deutschsprachigen Internetseiten anführen? Die Welt schreibt: „Mehrere Migrantenverbände fordern anlässlich des Tages der Deutschen Einheit auch einen „Tag der deutschen Vielfalt“. Bislang werde am 3. Oktober die Einheit nur aus einer „deutschdeutschen“ und „weißen“ Perspektive gefeiert.“
Ein „Appell“ einer Vereinigung von Gruppen von oder für Migranten („Neue Deutsche Organisationen“) wurde via Facebook verbreitet und von der Presse dankbar angenommen. Dieser Appell stellte zunächst fest: „Die deutsche Gesellschaft umfasst mehr als Ost- und Westdeutsche. Als Einwanderungsland brauchen wir endlich auch einen Tag der deutschen Vielfalt, symbolisch für alle.“
Weiter heißt es da:
»Doch die deutsche Einheit wird üblicherweise aus einer rein „weißen“ Sicht betrachtet – deutschdeutsche Ostdeutsche wiedervereint mit deutschdeutschen Westdeutschen. Dass aber auf beiden Seiten viele Bindestrichdeutsche, also Menschen mit Migrationshintergrund dabei waren, wird meist vernachlässigt.«
Aber er ist herzlich eingeladen, sich mit zu freuen. Wem das zu schwer fällt, der muss es so erledigen, wie viele Muslime an Weihnachten: Einfach was anderes machen als die Mehrheit, Weihnachten ignorieren, den Alltag als solchen weiterleben, auch wenn rechts und links die Fenster im Kerzenlicht glühen; die Menschen hinter den Vorhängen sind für den Moment auch ohne bereichernde Migranten glücklich. So etwas soll es geben. Niemand meint das böse gegenüber Migranten, so wie für die Annahme, der Tag der Deutschen Einheit sei ein Statement gegen Zuwanderung, schon ein gehöriges Maß an Unverfrorenheit vorhanden sein muss.
Woraus speist sich nun aber dieses merkwürdige Beleidigt aus dem Appell eigentlich? Worauf basiert dieses zwanghafte nun wirklich überall dazugehören zu wollen, selbst da noch, wo es historisch unmöglich ist, wenn die Gruppe in ihrem Appell weiter schreibt: „Wir stehen ein für eine plurale Republik, in der nicht Herkunft oder Aussehen entscheiden, wer dazu gehört.“
Nun entscheidet allerdings selbstverständlich auch die Herkunft über den persönlichen Bezug zum 3. Oktober. Ansonsten könnte sich ja jeder nach Geburt aussuchen, zu welchem Volk, zu welchem Staat er gehören möchte. „Ich bin die Tochter von …“ oder „Ich bin der Sohn von …“, legt aber die Staatsangehörigkeit fest und die Sprache. Darüber hinaus formen Erzählungen und die Erziehung der Eltern und Großeltern den werdenden Menschen auf eine Weise, die ihn befähigt, in der Gesellschaft anzukommen.
Was steckt noch hinter diesen Migrantenverbänden und ihrem Appell? Ihre Website heißt „Neue Deutsche“ in Abgrenzung also zu den alten Deutschen. Zu den bösen rassistischen „Weißen“ und ihrem rassistischem Wunsch, immer Anfang Oktober eine deutsche Einheit aus Rassisten zu feiern.
Die aktuelle Forderung auf der Website lautet übrigens: „Wir wollen kein Praktikum, wir wollen die Chefetage“. Und wenn man dann genauer hinschaut, passiert, was eigentlich neuerdings immer öfter passiert: die Organigramme sind immer umfangreicher und gesättigter. Überall das gleiche Spiel: eine beeindruckende Verästelung, ein Netzwerk aus Politik, Medien und weiteren prominenten Influencern, die so ihrerseits ihren Wirkkreis noch zu erweitern hoffen. Egomane treffen Gutmeinende und warten auf weitere Klicks in den sozialen Medien.
Die für den Appell verantwortlich zeichnende Gruppe wird u.a. unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), der Stiftung Mercator sowie der Bundesbeauftragten für Migration.
Das muss man sich vorstellen, das muss man sich erst einmal ausdenken: Der Vorwurf, der Tag der Deutschen Einheit sei eine rassistische Veranstaltung nur für Weiße, wird unterstützt und gefördert vom Staat und ihm wohlgesonnenen Stiftungen. Nach Autorin Baumstark soll die Organisation schon beim Bundesparteitag der SPD aufgetreten sein und außerdem mit Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert werden oder worden sein. Eine Forderung der Organisation: Das Grundgesetz soll um folgendes neues Staatsziel ergänzt werden: „Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland. Es fördert die gleichberechtigte Teilhabe und Integration.“
Selten noch wurde eine spaltende Gegenüberstellung (alte und neue Deutsche) so exzessiv und so umfangreich und querbeet von einer großen Anzahl gesellschaftlich relevanter Gruppen betrieben. Und es sind mitnichten nur Migrantenverbände, auch der deutsche Staat spielt mit und fördert und spaltet fleißig.
Wenn also am Tag der Deutschen Einheit die Bundeskanzlerin und weitere Poltiker im Berliner Dom vorgeben, die Vollendung der deutschen Einheit zu feiern, aber diesen Festtag nur dazu nutzen, Öl ins Feuer zu gießen und ihr politisches Versagen auf die Straße zurückzuwerfen, dann ist alles gesagt.
Währenddessen sich eine staatlich subventionierte Minderheit anschickt, eben diesen Tag der Deutschen Einheit durch einen Tag der Vielfalt mindestens ergänzen zu wollen, einfach deshalb, weil es heute so vielen unerträglich erscheint, dass ein Volk eine eigene Identität besitzt und diese auch noch konkret an einem Ereignis wie der Wiedervereinigung festmachen will.
Eine böse weiße Identität, eine verdächtige Individualität und dann als finaler GAU: die mutmaßliche Berufung auf irgendeine deutsche Indigenität. Also die Behauptung, wer den Tag der deutschen Einheit feiere wie bisher, der sei Teil von etwas, das nun in der Formulierung des Appells wie eine völkische Verschwörung klingt, wenn es dort heißt: „Die deutsche Einheit wird üblicherweise aus einer rein „weißen“ Sicht betrachtet – deutschdeutsche Ostdeutsche wiedervereint mit deutschdeutschen Westdeutschen.“
Verzeihung, aber wie viel Schwachsinn muss sich der Deutsche – übrigens gleich welcher Hautfarbe oder Herkunft – eigentlich noch anhören? Und wie lange wollen Politiker und Regierungsmitglieder eigentlich noch daneben stehen diese geistig und moralisch verirrten Aktivitäten befeuern, während sie sich zeitgleich die Augen reiben und vorgeben, nicht zu verstehen, woher diese zunehmende Spaltung der Gesellschaft eigentlich kommt, die sie selbst tagtäglich so aktiv befördern?
Was für ein fieser Alltagsrassismus ist das nun wieder, der sich da hinter der Selbstherrlichkeit selbst überhöhter so genannter Verfechter einer Vielfalt versteckt?