Tichys Einblick
Achtung, Kontrolle

Show-Einsatz der Bundespolizei in Fernzügen der Deutschen Bahn

Auf den Gedanken, dass der mündige Bürger einer Demokratie das als Zumutung empfinden könnte, ist den Damen und Herren in der Politik - die Bundespolizei ist ja nur ausführendes Organ und die meisten Beamten können einem leid tun - wohl nicht gekommen.

picture alliance/dpa

Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Besuch in Peking gegen Ende des vergangenen Jahres. Auf fast allen Flughäfen der Welt wird die Atmosphäre durch eine ständige Mischung aus Stimmengewirr und Alltagsgeräuschen beherrscht. Nur in der Hauptstadt des „Reiches der Mitte“ ist das anders. Eine merkwürdige Stille liegt über allem. Woran das wohl liegen mag, fragt sich der Besucher aus dem Westen. Die Antwort gibt ein Blick ringsherum. Überall schwarz gekleidete Zweier-Streifen, die auf anhieb als Sicherheitskräfte zu erkennen sind. Keine Person entgeht ihrer Aufmerksamkeit. Diese Halle ist der Platz der Tausend Augen!

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Am Pass-Schalter selbst schaut man in die Augen einer eisig blickenden jungen Frau, die roboterhaft den Reisepass auf Visa und Angaben überprüft. Man weiß, von diesem Moment an ist man nicht nur biometrisch für alle Ewigkeit vermessen, sondern auch in den zahllosen Dateien der kommunistischen Diktatur gespeichert. Gelächelt wird nicht, man hatte es auch nicht erwartet. Später, in der Pekinger Innenstadt, alle zehn Meter ein Polizist. Von den Lichtmasten herab nehmen hunderte von Kameras jede Regung auf. Das System ist durch-perfektioniert.

Ich spare mir an dieser Stelle, das gewaltige Überwachungssystem im Detail zu beschreiben. Die Staatsmacht ist jedenfalls überall präsent. Polizeistaat eben. Erinnerungen an die ehemalige DDR werden wach. Obwohl die Staatssicherheit von derartiger Technik nur träumen konnte. Demokratien haben derartige Einschüchterungen nicht nötig, fußen diese doch auf der Zustimmung einer Mehrheit ihrer Bürger. Nun sticht auch die Obrigkeit hierzulande der Hafer. So geschehen am Montag in den Fernzügen der Deutschen Bahn.

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Tausende von Angehörigen der Bundespolizei stolzierten mit geschwollener Brust respektheischend durch die Waggons. Gesucht: Egoisten und Verweigerer, die sich der Maskenpflicht in einem Akt verbrecherischen Heldentums entzogen haben. Jetzt geht es aber los! Der Witz des Ganzen ist aber nur, dass der gewaltige Aufwand für den Steuerzahler in keinem Verhältnis zur Erfolgsquote steht. Ein Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn hatte schon zuvor erklärt, dass weit über 90 Prozent der Reisenden wie selbstverständlich die Maskenpflicht befolgen. Als täglicher Nutzer des ÖPNV kann ich das auch in Berlin bestätigen.

Warum also dieser Showakt auf Schienen? Ganz einfach. Der Staat wollte einfach mal Kante zeigen. Auf den Gedanken, dass der mündige Bürger einer Demokratie das als Zumutung empfinden könnte, ist den Damen und Herren in der Politik – die Bundespolizei ist ja nur ausführendes Organ und die meisten Beamten können einem leid tun – wohl nicht gekommen. Sicher auch nicht der an die Opfer krimineller Taten, die bei Gewaltakten und Diebstählen auf Bahnhöfen liebend gern einen der Ordnungshüter in ihrer Nähe gehabt hätten. Aber das ist ja nur Statistik, mag man da denken – Public Relations geht vor!

Für die Stimmung im Lande ist das alles nicht gut. In der Demokratie ist der Bürger Partner und Kunde des Staates und nicht sein zu bewachender Untertan. Vielleicht ist Kanzlerin Merkel in den letzten Jahren zu oft in China gewesen oder hat zuviel mit Putin auf einem Sofa gesessen. Bemerkte sie doch vor kurzem vor laufenden Kameras, in China, und überhaupt in Asien, gäbe es keine Demonstrationen gegen die Maßnahmen der Regierung, da habe man die Lage im Griff.

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