Tichys Einblick
Der nächste Umfaller

Die FDP-Fraktion schweigt zum „Demokratiefördergesetz“

Nancy Faeser und Lisa Paus hebeln den liberalen Rechtsstaat aus. Doch die FDP-Fraktion schweigt zum „Demokratiefördergesetz“. Und wer schweigt, der stimmt bekanntlich zu. Anders kann man die Antwort auf eine TE-Anfrage nicht interpretieren.

Der FDP steht nichts Geringeres als eine zweite Griechenland-Rettung bevor. Heizungsgesetz, Atomausstieg, verfassungswidriger Haushalt – das schmerzte die FDP-Seele vielleicht. Aber die von Nancy Faeser, Lisa Paus und Thomas Haldenwang anberaumten Pläne zur „Demokratieförderung“ treffen die Liberalen tief ins Mark. Die Forderung sind per definitionem anti-liberal. Die FDP trägt also ein Gesetz mit, das gegen sie selbst gerichtet ist.

Seit ihrem Einstieg als Drittpartei in die Ampel sind die Freidemokraten solche Paradoxa gewöhnt. Nicht, dass es dafür keine historischen Beispiele gäbe. Stichwort wieder: Griechenland-Rettung. Doch es gibt dieses Mal einen erheblichen Unterschied. Die Milliardenrettungen von damals nehmen sich zwar geradezu harmlos gegen das aus, was mit der Migrationskrise und Corona auf den Staatshaushalt zukam. Doch es gab lauten, sichtbaren, auch geeinten Widerstand in der FDP-Fraktion.

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Heute dagegen sieht es nach unheimlicher Friedhofsruhe aus. Freilich: Es gibt vereinzelte Gegenstimmen. Etwa von den Abgeordneten Max Mordhorst, Gerald Ulrich und Tim Wagner, die sich öffentlich gegen das „Demokratiefördergesetz“ ausgesprochen haben. Man darf annehmen, dass es noch weitere Abgeordnete gibt, die sich derzeit wegducken. Und auch Wolfgang Kubicki rumpelt – wie so häufig – gegen die Regierungslinie („Wir brauchen kein Demokratiefördergesetz, sondern eine demokratische Politik“).

Aber die Politik im Bundestag wird eben nicht von einzelnen Abgeordneten, nicht vom Bundestagsvizepräsidenten und schon gar nicht von der Ausübung ihres freien Gewissens bestimmt – sondern von der Fraktion. Mehrfach ist es bei den wichtigen Abstimmungen dazu gekommen, dass die FDP vor dem Abstimmungstag Primadonna spielte, um dann kommentarlos abzunicken. Beispiel Gebäudeenergiegesetz: Von den 92 FDP-Abgeordneten stimmten 82 zu, enthielten sich 4 und waren 6 nicht anwesend. Selbst wenn man die Enthaltungen und Abwesenheiten als Widerstand deuten wollte, nimmt sich dieser mager aus.

Fraktionschef Christian Dürr hat damit in der Vergangenheit bewiesen, dass er die Fraktion selbst in solchen Situationen zusammenhalten kann. Er ist damit zu einem Wiedergänger Volker Kauders geworden, der in der Hochphase der Merkel-Ära die CDU in die richtige Richtung führte – manche Zeitzeugen würden sagen: peitschte. Trotz Medienvorwürfen und Schelte der Koalitionspartner: Die FDP hat sich bisher bei den Abstimmungen immer als verlässlicher Verbündeter entpuppt.

Kurz gesagt: Auffällig ist, dass es bisher keine offizielle Stellungnahme von Dürr oder der Fraktion als solches zur Thematik gibt. Und es ist überdies nicht uninteressant, sich die Frage zu stellen: Wie sehr war eigentlich die FDP darüber informiert, was bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Faeser-Paus-Haldenwang-Gesetzes gesagt würde?

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TE hatte deswegen eine Anfrage an Christian Dürr als Fraktionsvorsitzender gestellt. Wir wollten wissen: Gab es vor der Pressekonferenz Absprachen mit der FDP-Fraktion zu den Inhalten, wurde sie vorab informiert? Wenn sie darüber informiert war: Wie hat sie darauf reagiert? Wenn nicht, wie wurde sie informiert? Hält sie die Forderungen mit dem Rechtsstaat vereinbar – oder mit liberalen Überzeugungen? Wo sieht sie „Nachbesserungsbedarf“? Wie will sie auf die Bundesregierung einwirken, um das Gesetz abzuschwächen oder in dieser Form zu verhindern?

Das sind keine unwichtigen Fragen. Für potenzielle Wähler machen sie das aus, was früher „Kernsubstanz“ der FDP war. Und es dürfte eigentlich auch im Sinne der FDP sein, einem Magazin zu antworten, das viele ehemalige FDP-Wähler und immer noch nicht komplett FDP-Abgeneigte lesen. Mit seinen Auftritten in der „Süddeutschen“ gewinnt Christian Lindner keine Wähler.

Die Reaktion vonseiten des Bundestagsbüros:

„Meine Kollegen haben mir Ihre Mail weitergeleitet. Vielen Dank für Ihre Anfrage, Herr Dürr wird sich zu dem Thema heute allerdings nicht äußern.“

So wichtig scheint es der FDP also nicht zu sein. Das betrifft Kernthemen, das betrifft ihre Wähler, das betrifft ihr Image. „Heute“ wolle sich Christian Dürr nicht äußern – hieß es am Dienstag. Auch zwei Tage später ist es offenbar nicht wichtig genug. In der Sprache des Bundestages kann man dies auf zweifache Weise interpretieren. Einerseits so, dass es Unstimmigkeiten gibt, man also keine feste Position hat, und diese austarieren muss.

Andererseits – und das ist eher der Gedanke, der sich aufdrängt: Die FDP-Fraktion schweigt, weil jedes Wort überflüssig ist. Sie könnte mit zu lauten Äußerungen verraten, dass auch dieses Abnickgesetz durchkommt. In der Hoffnung, dass am Abstimmungstag niemand die Namensliste durchsieht, wer dafür gestimmt hat.

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