Faktenfinder sind in den letzten Jahren ein Trend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geworden. Neben der Mutter aller „Faktenchecker“ – dem ARD-Faktenfinder – existiert mit dem „Faktenfuchs“ ein bayerisches Gegenstück. Der Bayerische Rundfunk brachte das Konzept immer wieder im Zuge der Corona-Krise ins Spiel. Dass es dabei häufig nicht so sehr um Fakten ging, denn vielmehr um die Untermauerung der von der Bundesregierung oder der Landesregierung vertretenen Linie in der Corona-Politik, störte schon in der Vergangenheit manchen User.
Zugleich müssen dieselben Formate Rückzugsgefechte führen. Die einst sichere Impfung gilt mittlerweile als doch nicht ganz so sicher, die Wirksamkeit wurde ebenso schrittweise in stetig absinkenden Prozentzahlen revidiert wie die Notwendigkeit von Schulschließung und Ausgangssperre. Es existiert eine ganze Reihe von Themen, die insbesondere der ÖRR mit der Gewissheit einer Mosesansprache unters Volk brachte, und bei denen er immer mehr Terrain an Skeptiker und Kritiker abgetreten hat. Der Rückzug ist im Gange, aber er muss geordnet und diszipliniert wirken.
Das funktioniert nicht immer. Und hier kommt der Faktenfuchs ins Spiel. Denn das aktuelle Narrativ, dass Masken einen hohen Schutz gewährleisten, kracht seit der Veröffentlichung in sich zusammen. Dabei ist „hoher Schutz“ bereits ein Zurückweichen. So behauptete „Quarks“ etwa am 8. Dezember 2021 auf Facebook, dass die Ansteckungsgefahr zwischen zwei Personen, die jeweils eine FFP2-Maske tragen, auf 0,14 Prozent sinkt. Dennoch sitzt der Schock tief, dass man im Bemühen, so manchen vermeintlichen Schwurbler zu entlarven, selbst geschwurbelt hat.
Deshalb ist die Cochrane-Studie ein Problem. Sie bestätigt zwar nicht, dass Masken komplett nutzlos seien. Aber auf der eigenen Webseite erklärt Cochrane sehr deutlich, wie das Ergebnis der Studie zu bewerten sei. Zitat:
„Für den Masken-Teil des Reviews untersuchten die Autor*innen als relevantes Endergebnis (Endpunkt) die Häufigkeit einer grippeähnlichen Erkrankung (influenza-like illness oder ILI) beziehungsweise einer entsprechenden labor-bestätigten Erkrankung mit Influenza oder COVID-19. „Für beide Endpunkte spreche die verfügbare Evidenz aus RCTs für einen geringen oder gar keinen Effekt, so die Autor*innen des Reviews: „Die gepoolten Ergebnisse der RCTs zeigten keine eindeutige Verringerung der Virusinfektionen der Atemwege durch die Verwendung von medizinischen/chirurgischen Masken.“ Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenzgrundlage für diese Ergebnisse schätzen sie dabei nach dem etablierten GRADE-Verfahren als „moderat“ ein […].“
Cochrane macht Einschränkungen. Es sei aufgrund der Umstände sehr schwierig, finale Schlüsse zu ziehen, etwa, weil viele der Studien aus der Zeit vor der Pandemie stammen oder aus Zeiten außerhalb der Grippesaison. Dennoch gibt es damit im Grunde nichts einzuordnen, weil die Ersteller selbst sagen, was sie mit ihrer Studie sagen wollen. Der Fall müsste klar sein. Aber aus erwähnten Gründen müssen die Faktenfüchse etwas draufsetzen.
Zuerst zieht der Faktenfuchs die übertriebenste Interpretation („Masken haben gar keine Wirksamkeit“) heran, um diese zu widerlegen. Von der klaren Widerlegung dieser Behauptung, dass Masken überhaupt nicht schützen würden, kann der Faktenfuchs dann dazu übergehen, dass die Studie prinzipiell kaum verlässliche Informationen liefere. Nur an einer Stelle räumt der Faktenfuchs ein, dass Masken „kein Wundermittel“ seien. Doch das ist genau der Punkt: eben diese Behauptung kursierte zwei Jahre in den Medien – siehe die 0,14 Prozent Ansteckungsgefahr – und ging von jenem Medienkonglomerat aus, dem auch der Faktenfuchs angehört.
Genau dieser Versuch, das Masken-Narrativ nur langsam, aber nicht komplett erodieren zu lassen, rief bei Usern eine heftige Reaktion hervor. Sie spürten förmlich, dass der ÖRR versuchte, Schadensbegrenzung zu betreiben, weil jene Wissenschaft, der die Medien angeblich seit Jahren folgten, nun nicht mehr die Ergebnisse liefert, die man will. Und die Kritiker stellen die durchaus berechtigte Frage: wo waren eigentlich die Faktenfinder, als die obigen Fakten erfunden wurden? Die Antwort ist bitter: sie standen selbst in der ersten Reihe.
Auf Twitter machten sich die User nicht nur Luft über den missglückten Versuch des BR, mit „Framing“ die Lage unter Kontrolle zu bringen. Sie machten sich auch über den vom „Faktenfuchs zum Schweigefuchs“ mutierten „Feigling“ lustig, der „Zurück in seinen Bau“ geflüchtet sei. Der Account des aus öffentlich-rechtlichen Mitteln bezahlten Formats ist „geschützt“, nur rund 7.000 erwählte Follower kommen in den Genuss seiner Tweets.
Dabei ist nicht bekannt, ob der Fuchs sich erst seit dieser Geschichte eingesperrt hat. Nach TE-Informationen war er bereits im November hinter dem Schloss – nämlich, als er versuchte, auf sehr ähnliche Weise den Lapsus von Annalena Baerbock kleinzureden, als diese davon sprach, ihr sei es egal, was ihre deutschen Wähler dächten („dann möchte ich auch liefern, egal was meine deutschen Wähler denken, aber ich möchte für die ukrainische Bevölkerung liefern“). Das Zitat sei, so der Faktenfuchs damals, „verfälscht“ und „Instrumentalisiert“ worden. Auch damals ging ein Sturm der Entrüstung durch die sozialen Medien. Und schon damals war der Fuchs hinterm Schloss. Ob er sich dazwischen mal kurz wieder ins Freie wagte, also auch für diejenigen Nutzer sichtbar war, die dem Account nicht folgen, ist nicht bekannt.
Zuletzt: auch das ist nur eine der Geschichten, in denen der Faktenfuchs auffiel. Ähnlich, wie er bei den Masken versucht neuerlich jeden zu diskreditieren, der nun deren Effektivität bestreitet oder bei Baerbock von „Instrumentalisierung“ sprach, so teilte er einst gegen „Corona-Leugner“ aus, weil diese einwarfen, die Bettenzahl auf Intensivstation könne so nicht den Tatsachen entsprechen. Selbstbewusst hieß es damals:
„Weniger Intensivbetten, höhere Auslastung, mehr Geld vom Staat. Corona-Leugner werfen Krankenhäusern einen ‚Abrechnungsskandal‘ vor. Was so einfach klingt, ist aber einfach falsch. Warum, erklärt der Faktenfuchs.“
Unglücklich für den Faktenfuchs, dass sich diese vermeintlichen Unwahrheiten später doch einmal wieder als Tatsachen herausstellten. Der Bundesrechnungshof stellte die Sache später klar. Die Faktenfüchse versahen den Artikel lediglich mit einer Ergänzungszeile, der Artikel habe den damaligen Stand abgebildet. Die „Methode Faktenfuchs“ ist eben über die Jahre dieselbe. Über die Reaktionen ist man in den Redaktionsstuben dagegen immer noch verwundert.