Tichys Einblick
Interview im Stern

Faeser: „Wenn ich zurückweiche, ist das ein Sieg für die Feinde unserer Demokratie“

Im „Stern“ spricht Bundesinnenministerin Nancy Faeser über russische Destabilisierungsversuche und Morddrohungen gegen sie. An Selbstbewusstsein mangelt es ihr dabei nicht. Frei nach Ludwig XIV. hätte sie auch sagen können: Das Amt bin ich.

IMAGO / photothek

Nancy Faeser hat wieder einen Lauf. Nachdem sie bereits die linksextremen Krawalle am 1. Mai verharmloste und diese Woche Polizei-Statistiken im eigenen politischen Interesse instrumentalisierte, setzt die Bundesinnenministerin ihre Medienoffensive fort. In einem Interview mit dem Magazin Stern ging es eigentlich um mögliche russische Destabilisierungsversuche.

Preissteigerungen, ausgelöst vom Angriff auf die Ukraine, bedrohten die Demokratie. Menschen in wirtschaftlicher Not liefen größere Gefahr, für Putins Propaganda empfänglich zu sein, so Faeser. Mit einer Desinformationskampagne in den sozialen Netzwerken versuche die russische Regierung, das „Vertrauen der Deutschen in den Staat und seine Institutionen zu zerstören“.

Politisch motivierte Kriminalität
Faeser verdreht die Statistik für ihre politischen Zwecke
Bereits diese Einlassungen regen zum Nachdenken an. Denn die Inflation war bereits im Herbst in vollem Gange, die Energiekrise im September bereits spürbar. Faeser greift auf die Russenkarte zurück, um verschlafene und hausgemachte Probleme zu verdecken. Dass erst Putins Propaganda ausschlaggebend für den Vertrauensverlust ist, bleibt Wunschdenken. In der Euro-Krise, Migrationskrise und Corona-Krise hat der Staat den Acker bestellt, auf dem Putin die Ernte einfährt.
Nachdem sie Statistiken verdrehte, will Faeser jetzt „Aufklärerin“ sein

Da mutet Faesers nächste Behauptung nicht weniger verdreht an. Denn als Antwort auf diese Falschinformation habe man eine Task-Force im Netz gegründet. Zitat: „Sie soll russische Falschinformationen im Netz erkennen und dafür sorgen, dass sie schnell widerlegt werden. Am besten nicht nur von uns, sondern auch von anderen glaubwürdigen Quellen, die wir auf gefälschte Bilder oder Videos hinweisen.“

Faeser führt diesen Gedanken weiter aus: „Unser Gegengift gegen russische Propaganda heißt Aufklärung. Wir müssen schon Kindern Medienkompetenz vermitteln: Traut nie nur einer Quelle, gebt Euch nicht mit einfachen Antworten zufrieden. Wichtig ist, dass wir Fake News konsequent widerlegen.“ Das Innenministerium als Wahrheitsministerium? Wie glaubwürdig ist so ein Anspruch, wenn man BKA-Statistiken nur wenige Tage vorher ideologisch genehm framed?

Faeser: „Ich dulde keine rechtsfreien Räume, nirgendwo“

Wer nicht dem Narrativ von Regierung und ÖRR folgt, oder einen Raum schafft, wo andere Meinungen herrschen dürfen, muss sich rechtfertigen – so beim Paradebeispiel Telegram. „Wir müssen durchgreifen, wenn eine Plattform zum Brandbeschleuniger für eine radikalisierte Szene wird. Jede Straftat im Netz muss so konsequent verfolgt werden wie in der analogen Welt. Ich dulde keine rechtsfreien Räume. Nirgendwo. Ich habe mir bei Telegram Gehör verschafft.“ Polizisten sollen für ihren Einsatz im virtuellen Raum geschult werden.

Linksextremismus
Faesers linkes Märchen von einer friedlichen Mainacht
Das sind Sätze, die aufhorchen lassen. Keine rechtsfreien Räume, nirgendwo? Wenn der Staat schwach ist, dann kümmert er sich um nichtige Angelegenheiten, um mächtig zu wirken. So muss sich Telegram nun wegen Hetze und Mordaufrufen verantworten, doch die in vielen deutschen Städten zu No-Go-Areas verkommenen Bezirke existieren offenbar ebenso wenig wie die Mai-Krawalle. In der schönen neuen Antifa-Welt kann man sich gut mit der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Plattformanbietern beschäftigen, indes Clans die eigentliche Administration in den Problembezirken der Republik übernehmen. Zumindest ist man darüber gut durch die „Aufklärung“ des Innenministeriums unterrichtet – oder eben auch nicht.

Dann spricht die Ministerin mehr über das Persönliche. „Morddrohungen gehören zur Jobbeschreibung einer Innenministerin dazu“, sagt sie. „Die meinen ja nicht mich, die meinen mein Amt.“ Auf Twitter schreibt Faeser dann die Quintessenz des Interviews neuerlich auf: „Ich lasse mich von Drohungen nicht einschüchtern. Wenn ich zurückweiche, ist das ein Sieg für die Feinde unserer Demokratie. Das gönne ich denen nicht. Wir dürfen nicht zurückweichen. Nicht einen Millimeter.“

Faesers Überzeugung ist offenbar: „Das Amt bin ich“

Faesers Interview ist ein Protokoll. Es steht stellvertretend für das Selbstverständnis des Kabinetts wie dieser Elite aus Politik und Medien. Die Kontrolle darüber, was der Bürger denkt, was er angesichts von Preissteigerungen fühlen soll, und welche Narrative gelten müssen, steht auf der Agenda – indem man es „Aufklärung“ nennt. Dahinter steckt ein Selbstbewusstsein, das sich aus der Überzeugung speist, dass man nicht nur eine Idee repräsentiert, sondern diese verkörpert.

Faeser sagt, es gehe um das Amt. Sie hätte auch sagen können: Sie ist das Amt. Und wer dieses Amt angreift, greift die Demokratie an. Dagegen nimmt sich die Überzeugung von Ludwig XIV. fast schon bescheiden aus.

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