Wenn David Marsh über die Zukunft der Währungsunion spricht, hat das Gewicht. Er ist wohl einer der fundiertesten Kenner der internationalen Geldpolitik, war viele Jahre lang Europa-Korrespondent der Financial Times und hat die Denkfabrik OMFIF mitbegründet. In einem Interview mit dem Handelsblatt hat er nun seine Befürchtung geäußert, dass die gegenwärtige extrem expansive Finanz- und Geldpolitik in Europa die Währungsunion in Gefahr bringe: „Irgendwann ist eine Verschuldungsgrenze erreicht, weniger in Deutschland, aber in anderen EU-Ländern. Ob Italien oder Spanien die Schulden abbauen können oder ob es zu einer Umschuldung kommt, ist offen. Wir sind wahrscheinlich mittelfristig auf dem Weg in eine Transferunion, und der Deutschland für andere hochverschuldete Länder geradestehen muss. Das ist politisch und wirtschaftlich eine Gefahr für den Zusammenhalt des Euro-Gebietes.“
Einig ist sich Marsh mit Friedrich Merz: „Die Zeche werden die Kinder zahlen müssen.“ Es sei nicht die Aufgabe eines Finanzministers, sich durch Freigebigkeit beliebt zu machen. „Wenn er zu beliebt ist, läuft irgendetwas schief.“ Man könnte aus Marsh Aussage auch folgern, dass es generell keine gute Idee ist, einen Finanzminister zum Kanzlerkandidaten auszurufen.
Die expansive Geldpolitik mache zwar die Einkommensunterschiede eher geringer, aber nicht die der Vermögen: „Die Notenbanken in der ganzen Welt tragen dazu bei, dass die Schere zwischen Wohlhabenden und Ärmeren größer wird. Ihre Geldpolitik hat die Immobilienpreise und Aktien ansteigen lassen. Das verleiht auch Populisten Auftrieb.“