Sowohl die Ergebnisse der EU- als auch der Kommunalwahlen in Ostdeutschland vermitteln ein klares Bild und geben vor allem zwei Parteien zu denken, der CDU und der SPD, zumal im Herbst in Thüringen, in Sachsen und in Brandenburg Landtagswahlen anstehen. In Brandenburg und in Sachsen wurde die AfD stärkste Partei, in Sachsen-Anhalt, in Mecklenburg-Vorpommern und in Thüringen folgt sie der CDU als zweitstärkste Partei. CDU, SPD und Linke haben teils starke Verluste hinnehmen müssen.
Aber auch in den Kommunalwahlen konnte die AfD beachtliche Erfolge erzielen, obwohl bei den Kommunalwahlen stärker die persönlichen Erfahrungen mit den örtlichen Kandidaten eine Rolle spielen und die besonderen Situationen in den Gemeinden. In Bautzen und Görlitz erobert die AfD die Landkreise und in Görlitz liegt der AfD-Kandidat im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeister vorn. In Cottbus liegen zwischen der AfD und der CDU ganze fünf Prozentpunkte. Die AfD wird in der zweitgrößten Stadt Brandenburgs zur stärksten Kraft. Ein Blick auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen zeigt, dass die AfD auch in den Kreistagen und Stadtparlamenten angekommen ist. Die Wahlergebnisse stellen insofern keine Sensation dar, weil sie sich bereits im Vorfeld abgezeichnet haben.
Zunächst lassen sich zwei fundamentale Tatsachen ausmachen, erstens behauptet sich die CDU, doch mit teils empfindlichen Verlusten. Zweitens resultiert die relative Stärke der Grünen aus der Schwäche der SPD.
Zudem hat die SPD anscheinend noch nicht realisiert, dass sie von den Haltungsmedien fallen gelassen wurde, die sich immer stärker als Abteilung Agitation und Propaganda in den Dienst der grünen Partei stellen. Die Tagesthemen propagieren einen Kanzler Habeck und übertrumpfen inzwischen die Aktuelle Kamera in puncto Parteilichkeit. So fällt es der SPD zunehmend schwerer ihre Botschaften, so sie welche hat, in der Öffentlichkeit publik zu machen.
In Ostdeutschland wachsen die Erfolge der Grünen nicht in den Himmel. Dort erfahren die Bevormundung, die Gängelung, der grassierende Infantilismus und die neostalinistische Attitüde des Parteivorsitzenden Habeck eine breite Ablehnung. Die Grünen werden allerdings von enttäuschten SPD-Wählern als dynamische SPD wahrgenommen, als neue linke Staatspartei. Auch schüttelt man im medienkritischen Ostdeutschland nur über Medien den Kopf, die allen Ernstes Greta Thunbergs Orakel auszulegen versuchen. Bleibt festzustellen, im Osten werden die Grünen nicht über 10-12 % der Stimmen einfahren. Diese Medien lassen allerdings nichts unversucht, um die Grünen als neue bürgerliche Partei zu promoten. Das sollte in der CDU eigentlich alle Alarmsignale klingeln lassen. Mit den neuen Medien kann die CDU nicht umgehen, die alten verliert sie.
Der CDU stellt das Wahlergebnis gerade mit Blick auf die Landtagswahlen im Herbst eine ganze Reihe von Denkaufgaben, insofern könnte man die Wahlen im Osten als Denkzettelwahlen verstehen. Dass in Sachsen-Anhalt die CDU in der EU-Wahl die Führung behaupten konnte, liegt vor allem daran, dass hier die CDU noch CDU ist und der beliebte Ministerpräsident Reiner Haseloff von jeher einen klaren Kurs gefahren ist, teils auch im Dissens zur Bundespartei in der Frage der Flüchtlingskrise. Auf ihrem Landesparteitag in Röblingen am See forderte eine Mehrheit der Delegierten die Bundesregierung auf, den Migrationspakt abzulehnen und nicht zu unterschreiben.
Die Wahlen in Brandenburg zeigen, dass die SPD als Regierungspartei abgewirtschaftet hat und Zeit für eine Erneuerung in der Opposition benötigt. Es ist eigentlich die Stunde der CDU, doch die setzt auf Platz und nicht auf Sieg. Nach Lage der Dinge wird die SPD wohl die Staatskanzlei verteidigen können, allerdings in einer rot-rot-grünen Koalition. Was das bedeutet, können die Brandenburger im nahen Berlin besichtigen.
In Sachsen kämpft Michael Kretzschmer mit großem Engagement, aber eines wird deutlich. Will er die führende Position in Sachsen behaupten, wird er in die Distanz zur Bundeskanzlerin gehen müssen. Sachsen droht ohnehin unregierbar zu werden, d.h. es zeichnet sich ein Ergebnis ab, dass die sächsische CDU vor die Frage stellt, ob sie mit der AfD koalieren möchte. Ähnliches gilt für Brandenburg und Thüringen. Rot-rot-grün in Brandenburg wäre möglicherweise, nur durch Schwarz-blau zu verhindern und möglicherweise würde ein solches Bündnis auch den Weg für die Thüringer CDU ebnen, wieder den Ministerpräsidenten zu stellen.
Doch die Frage möglicher Koalitionen stellt sich erst nach der Wahl. Vor der Wahl hat die Union genügend damit zu tun, ihr Profil zu schärfen, hat sie wieder die große integrierende Kraft der Mitte zu werden und die Repräsentationslücke zu schließen, die sie gerissen hat, als sie sich fahrlässig unter Führung Angela Merkels nach links bewegte. Den größten Fehler, den die Union begehen könnte, bestünde darin, den Grünen in der Klimaideologie zu folgen und die Klimahysterie mitzumachen, anstatt sie zu entlarven. Bildlich gesprochen: Wer sollte im Osten eine CDU wählen, die zu Füßen Gretas Platz genommen hat.
Ein Letztes: Zumindest im Osten war Manfred Weber als Verkörperung des Brüsseler EU-Establishments für die CDU – freundlich ausgedrückt – nicht hilfreich. Seine scharfe Wendung gegen Viktor Orban, einen der großen Gewinner der EU-Wahl, stieß bei vielen Wählern im Osten auf Ablehnung. Gerade im Osten existiert aufgrund einer gemeinsamen historischen Erfahrung eine Verbundenheit besonders zu Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn. Insofern spielte der damalige Kommunikationsdirektor der Erzdiözese Köln, Ansgar Mayer, in seinem Tweet nach der Bundestagswahl am 24. September 2017: „Tschechien, wie wär’s: Wir nehmen Euren Atommüll, Ihr nehmt Sachsen?“ unwissend und auf menschenverachtende Weise auf diese Verbindung an.
Es wird sehr auf die CDU ankommen, ob sie die richtigen Lehren aus den Wahlergebnissen zieht. Sie trägt Verantwortung für das Land.