Die Urheberrrechtsreform ist der dritte Schlag nach Netzwerkdurchsetzungsgesetz und Datenschutzgrundverordnung, um missliebige Meinungen zu blockieren und das Internet zu einem Raum umzubauen, in dem möglichst nur noch gefällige Positionen vertreten werden können.
Der „falsche Freiheitsbegriff“ – der richtige ist natürlich grün
Die grüne EU-Abgeordnete Helga Trüpel nennt als Begründung: Es gelte einen „falschen Freiheitsbegriff“ auszumerzen; den richtigen, den einzige wahren kennen natürlich nur die Grünen. Die Freiheit der Anderen ist eben immer falsch und muss begrenzt werden, schrieb sie in der FAZ vom Mittwoch; den Link veröffentlichen wir nicht: Genau das, Verlinkung von Zeitungsartikeln, soll zukünftig nach dem Urheberrechtsschutzgesetz erschwert, blockiert oder zumindest besteuert werden. Es ist bekanntlich das dritte Zensurgesetz in Folge.
Nun will Berlin über den Umweg nach Brüssel erneut regulieren, verbieten, löschen. Die innovative Idee dieses Mal: Man nimmt ein gefährliches, in der Praxis gescheitertes Gesetz aus Deutschland von 2013; man belegt es mit drakonischen Strafen; und zu guter Letzt führt man es in ganz Europa ein. Wir sprechen von der geplanten Urheberrechts-Reform. Diese Reform allerdings zielt nicht darauf ab, das Urheberrecht des zwanzigsten Jahrhunderts, das Urheberrecht einer Welt von Printmedien, ins einundzwanzigste zu übersetzen. Nein, stattdessen versucht es an der Realität vergangener Zeiten fest zu halten, und nimmt es in Kauf – ganz der infamen DSGVO gleich – freie Meinungsäußerung und wirtschaftliche Entwicklung gleichermaßen zu gefährden.
Nie mehr gratis in einer Zeitung blättern?
Das Leistungsschutzrecht macht selbst kleinste Text-Schnipsel, sogenannte „Snippets“ – wie sie zum Beispiel unter den Überschriften des Einblicks erscheinen – lizenzpflichtig. Wenn nun Google auf eine Suchanfrage hin einen solchen Textausschnitt anzeigt, soll Google dafür Nutzungsgebühren zahlen. Aber natürlich nicht nur Google – auch kleine Web-Blogs, oder Home-Pages, die auf interessante Artikel verweisen und sie als Beleg heranziehen. Dass dies ein absurdes Gesetz ist, zeigt sich schon daran, dass auch in der analogen Welt kein Kiosk-Besitzer dem Spiegel Geld überweisen muss, wenn ein Kunde den Spiegel im Ständer betrachtet oder gar in der Zeitschrift blättert. Snippets dienen dazu, Interesse zu wecken. Wer die Quelle dann kauft, soll bezahlen – das pure Hinweisen darf nicht kostenpflichtig werden, denn dann verliert das Internet seinen Charakter als riesiger Informationsspeicher.
Upload-Filter: Die Installation der Zensurmaschine
Jedes neu hochgeladene YouTube-Video, jeder Forums-Post, jedes Facebook-Foto soll von einem elektronischen Zensor überprüft werden. Existiert ein Verdacht auf Urheberrechts-Verstoß, darf gar nicht erst hoch geladen, verlinkt oder geteilt werden.
So wird das Internet all dessen beraubt, was es so faszinierend, so essentiell für unser heutiges Leben macht: die schnelle und einfache Verbreitung von Wissen, von Ideen. Jeder Architekt, der über Kirchenbaustile bloggt, jede Auto-Enthusiastin, die über Motoren und ihren Sound schwärmt, jeder Hobby-Zeichner wird des Diebstahls verdächtigt; muss nachweisen, dass er nicht stiehlt. Wie viele Blogs, Foren und Podcasts können das erbringen? Jene Formate, die die DSGVO überlebt haben, werden nun auch noch ausgerottet. Nun wehren sich die Befürworter dieses Gesetzes gegen den Vorwurf der Zensur. Doch Zensur fängt immer klein an: Sind die Zensurmaschinen erst installiert, können sie auch schnell für andere Zwecke in eingesetzt werden. Freiheit ist nicht teilbar, nicht beweisbar. Sie ist Freiheit oder eben keine.
Hochkonjunktur für Schönredner
Die Schönredner haben Hochkonjunktur: Individuen seinen vom Leistungsschutzrecht nicht betroffen, denn Hyperlinks zu Artikeln seinen explizit von den Regulierungen ausgenommen, behauptet beispielsweise Axel Voss, Mitglied des EU-Parlaments, CDUler und maßgeblicher Treiber der Urheberrechtsreform, in einem Gastbeitrag in der ZEIT, deren Link wir Ihnen im Vorgriff auf die Zukunft jetzt auch vorenthalten. Doch man stiehlt den Menschen eben nicht auf einmal Ihre Freiheit: Unter dem Deckmantel des paternalistischen gutmeinenden Staats werden hier Textausschnitte lizensiert, dort Uploads überwacht, bis schließlich selbst dieser Artikel nichtmehr legal ist: denn hier wird aus einem per Internet aufgerufenen Artikel zitiert. Und am Ende steht gerade das, was Voss behauptet verhindern zu wollen: Die Konzentration der Informationsmacht auf wenige, meist ausländische Big Player wie das ach-so-böse Google, weil kleinere Mediendienste im Wettlauf um Lizenzen in 28 EU-Mitgliedstaaten nicht werden mithalten können. Regulierung ist immer der Tod der Kleinen und der Freund der Großen mit den Anwaltsheeren unter Sold.
Schuldig macht sich, wer zitiert
Die Unaufrichtigkeit der Politik
Bald wird das Geschrei also wieder groß sein in Berlin, betroffen werden die Politiker zu Kreuze ziehen und beteuern, so ein Gesetz wollten sie nicht verabschieden – die DSGVO grüßt. Doch ändern wird es nichts. Und das, obwohl der Koalitionsvertrag Upload-Filter eigentlich ausschließt. Doch als die FDP am 29. Juni vom Parlament ein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit und gegen Upload-Filter forderte, zogen es CDU und SPD vor, das Thema an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zu verweisen. Bloß nicht für etwas stehen, lieber lagert man demokratische Verantwortung in Ausschüsse und Kommissionen aus, die am Ende doch nichts beschließen – und wenn dann das Gesetz aus Brüssel kommt, wäscht man seine Hände in Unschuld.
Gegen wen sich das Gesetz wirklich richtet
Natürlich im Namen einer Freiheit, die sie kontrollieren. Auch die Grüne Trüpel hat in dem zitierten, aber nicht verlinkten Artikel ganz am Ende vieler Worte über die notwendige Entlohnung von Künstlern doch noch die Katze aus dem Sack gelassen. Da schreibt sie: Es gehe um ein «„Vorgehen gegen Fake News und „Hassrede“». Und das sind die Kampfbegriffe der neuen Zensoren, die das selbstverständlich ihre neue Freiheit nennen.