Der Impfstoff von AstraZeneca sollte das eigentliche Rückgrat bei der Impfung in der EU sein. Der schwedisch-britische Vektorimpfstoff ist weltweit mit Abstand der am meisten georderte, mehr als doppelt so viele Aufträge wie bei bei BionTech sind hier eingegangen. Besonders ärmere Länder mit schlechterer medizinischer Versorgung, zuvorderst Indien setzen auf die Vakzine. Denn die hat entscheidende Vorteile: Sie sind deutlich preiswerter, aber vor allem fällt die extreme Anforderung weg, den Impfstoff auf -70 Grad zu kühlen, die etwa bei BionTech nötig sind. Das stellt die behördliche Infrastruktur vor enorme Probleme, AstraZeneca soll man hingegen bei Kühlschranktemperaturen lagern können. 300 Millionen Impfdosen hat die EU hier bestellt und sich für weite 100 Millionen eine Option offen gehalten, ursprünglich wollte man hierfür sogar gänzlich auf eine BionTech-Order verzichten.
Das hätte enorme Konsequenzen. Es gibt in Deutschland fast 20 Millionen über 65-Jährige, die ja zuerst geimpft werden sollen. Ohne den AstraZeneca-Impfstoff ist das Erreichen solcher Zahlen bei der Impfung in absehbarer Zeit aber unmöglich. Dann könnte man mit der Impfung Jüngerer beginnen, das wird die vielleicht freuen und mag wirtschaftlich durchaus richtig sein, medizinisch ist es aber natürlich Schwachsinn. Dann impfen wir Bürger, die nicht durch das Virus bedroht sind und jene, die eine funktionierende Impfung wirklich brauchten, können wir nicht impfen. Die Zulassung des AstraZeneca-Impfstoffs wird für Ende Januar erwartet.
AstraZeneca wies die Vorwürfe mittlerweile als „komplett falsch“ zurück. Auch das Gesundheitsministerium dementierte unter anderem in Bezugnahme auf die Wirksamkeitsstudie, aus der sich eine solche Vermutung nicht ableiten lasse.
Lediglich vier Prozent der Probanden dieser Studie waren allerdings über 70, die Studie ist in dieser Altersklasse wenig aussagekräftig, ähnlich wie die BionTech-Wirksamkeitsstudie auch.
Außerdem gab es größere Verwirrungen bei der Frage der Dosierung. In der AstraZeneca-Studie stellte sich heraus, dass eine bei der ersten Dosis halbierte Impfstoffmenge höheren Schutz bieten würde. Dieses optimale gemischte Impfschema soll laut der Fachzeitschrift Lancet aber bei keinem Probanden über 55 zum Einsatz gekommen sein.
Sollten sich die Medienberichte als wahr herausstellen, wären die letzte Hoffnung dann nur noch die bereits zugelassenen Moderna-Vakzine, die ebenfalls geringerer Kühlanforderungen bedürfen. Von ihnen hat die EU allerdings nur 80 Millionen Dosen geordert.