Tichys Einblick
Pfizer-Deal

Ursula von der Leyens SMS-Affäre 2.0

Nicht nur Spahn und Lauterbach holt der Fluch der bösen Tat ein. Jetzt ermittelt die EU-Staatsanwaltschaft EPPO gegen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zu Korruption, Interessenkonflikten und Dokumentvernichtung bei der Verhandlung der milliardenschweren Pfizer-Verträge.

IMAGO

Eigentlich steckt Ursula von der Leyen mitten im Wahlkampf. Denn die Europäische Volkspartei (EVP) hat sie im März zur Spitzenkandidatin gekürt. Die nächste Wahl findet zwischen dem 6. und 9. Juni statt; und obwohl sie ein gutes Abstimmungsergebnis bei der EVP-Wahl erhielt, ist von der Leyen längst umstritten. Dazu haben Programme wie der Green Deal oder Skandale wie die SMS-Affäre beigetragen – ganz ab davon, dass die CDU in Gutsherrenmanier die EVP durch die Manege zieht.

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Jetzt holt die Christdemokratin die Vergangenheit ein. Mal wieder. Früher war es die Berateraffäre der Bundeswehr, die der neuen EU-Kommissionspräsidentin nichts mehr anhaben konnte. Die jetzt aufkeimenden Fragen nach den Pfizer-Verträgen in der Corona-Zeit war dabei ein schon länger schwelendes Thema, das man mit dem Vorwurf der Verschwörungstheorie zeitweise außer Gefecht setzen konnte – aber nun wie ein Bumerang im Nacken von der Leyens auftaucht.

Laut Politico verfolgt die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) Hinweise auf ein mögliches Fehlverhalten in der Corona-Krise. Konkret geht es um die Verhandlung von Covid-19-Impfstoffen. Ursprünglich hatten belgische Staatsanwälte die Ermittlungen Anfang 2023 aufgenommen.

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Der Verdacht: Von der Leyen hat den Milliardendeal per Textnachricht mit Albert Bourla, dem CEO des US-Pharmakonzerns Pfizer, verabredet. Die EPPO wirft ihr deswegen „Einmischung in öffentliche Funktionen, Zerstörung von SMS, Korruption und Interessenkonflikte“ vor. Sie räumte Pfizer damit ein Quasi-Monopol ein.

Die Kommission hatte die Verträge im Mai 2021 mit Pfizer/Biontech abgeschlossen: nach zwei Vereinbarungen im Vorjahr über den Kauf von zusammen 600 Millionen Dosen bestellte sie zusätzliche 900 Millionen Dosen. Es bestand eine Option auf weitere 900 Millionen Dosen. Mit 35 Milliarden Euro gehören die Pfizer-Verträge zu den größten Kaufverträgen der Pharmageschichte. Nebenbei hebelten sie das EU-Wettbewerbsrecht aus.

Die SMS-Affäre 2.0 könnte enthüllen, dass von der Leyen mit ihren privaten Absprachen Pfizer den Weg geebnet und damit persönlichen Anteil daran hatte, die Mechanismen des politischen Betriebs in Brüssel zu konterkarieren. Verfahrensvorschriften der berüchtigten EU-Bürokratie unterlief die Kommissionspräsidentin damit offenbar.

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Bisher haben es von der Leyen und andere in den Vorgang involvierte Verantwortliche vermieden, sich zu den Verträgen und die Verwicklung zu äußern. Die Kommission verweigert nicht nur den Inhalt der Textnachrichten; sie verweigert sogar die Bestätigung ihrer Existenz. Wie so häufig sind diejenigen, die andauernd Transparenz predigen, häufig jene, die mit solchen Appellen die Transparenz erst recht intransparent machen. Ein sehr ähnliches Beispiel lieferte jüngst Karl Lauterbach bei der Entschwärzung der RKI-Protokolle.

Die Person, die den Fall ins Rollen gebracht hat, ist Frédéric Baldan. Die in den meisten Medien als „belgischer Lobbyist“ definierte Personalie ist bei den EU-Institutionen akkreditiert. „Jeder, der die Gesetze kennt, sieht doch, dass Ursula von der Leyen vor aller Augen die Transparenzregeln der EU verletzt“, sagt er gegenüber dem Cicero. Er nennt sie – im Hinblick auf die Berateraffäre – eine „Wiederholungstäterin“. Sie hatte damals Kurznachrichten verschwinden lassen. Nun fehlt die Kurznachricht, die damals die Grundlage für den Deal war.

Im April 2023 reichte er Klage gegen die Kommissionschefin ein. Wegen Amtsanmaßung, Vernichtung von Dokumenten sowie Kompetenzüberschreitung. Ihm schlossen sich später die Regierungen in Polen und Ungarn an. Nach der Abwahl der PiS-Regierung ist Warschau zwar aus dem Verband ausgeschert. Aber das hat nicht verhindert, dass die neue Leyen-Affäre nun kurz vor dem Wahltermin doch noch einmal an Fahrt aufnimmt.

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