Tichys Einblick
„Digital Services Act“

EU beschließt härtere Regulierungen von Online-Plattformen

Die EU ermöglicht die schnellere Löschung von illegalen Inhalten und sogenannter „Hassrede“. Gerichte werden ausgehebelt und Plattformen in grundrechtssensiblen Fragen zu unmittelbarer Ausführung von behördlichen Anordnungen verpflichtet.

shutterstock/Cristian Storto

Die EU hat eine Grundlage für schnellere Löschung von illegalen Inhalten und sogenannter „Hassrede“ beschlossen. Unterhändler von EU-Parlament und Mitgliedsstaaten erzielten heute früh eine Einigung über den sogenannten „Digital Service Act“. Das Gesetz soll strengere Aufsichten für Online-Plattformen wie Twitter oder Facebook etablieren. Unter anderem soll der „DSA“ sicherstellen, dass illegale Inhalte wie „Hassrede“ schneller aus dem Netz entfernt und schädliche Desinformation und Kriegspropaganda weniger geteilt werden. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nannte die Einigung „historisch“. Sie werde die freie Meinungsäußerung gewährleisten, behauptete sie weiter. Anbieter digitaler Dienste sollen von Rechtssicherheit und einheitlichen Regeln in der EU profitieren.

Kritik kommt unter anderem aus der Piraten-Partei: Deren Europaabgeordneter Patrick Breyer sagte, der „enttäuschende Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz“. Die Privatsphäre werde weder durch ein Recht auf anonyme Internetnutzung, noch durch eines auf Verschlüsselung oder durch ein Verbot von Vorratsdatenspeicherung geschützt. Völlig legale Berichte und Informationen könnten gelöscht werden, befürchtet der Parlamentarier der digitalen Bürgerrechts-Partei.

Laut der zwischen Nationalregierungen und EU-Parlament getroffenen Übereinkunft sollen Behörden aller Art künftig Host-Providern ohne Richtervorbehalt grenzüberschreitende Anordnungen schicken können, um gegen illegale Inhalte wie strafbare Hasskommentare, Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs oder Urheberrechtsverletzungen vorzugehen. Betroffene Plattformen müssen solche Angebote dann „ohne unangemessene Verzögerung“ sperren oder blockieren und bei schweren Straftaten zudem der Polizei melden. Wenn Regierungen es wollen, müssen die Plattformen handeln – Meinungs- und Pressefreiheit stehen hinten an, Gerichte stehen außen vor.

Die Bundesregierung ist hochzufrieden mit dem Gesetz – ausgerechnet Politiker der vermeintlichen Bürgerrechtspartei FDP loben es. „Nun ist der Weg frei für einheitliche Vorgaben für soziale Netzwerke und andere Online-Plattformen in Europa“, teilte Bundesjustizminister Marco Buschmann am Samstag mit. „Diese brauchen wir, weil das Internet nicht an Landesgrenzen endet.“ Digitalminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Einigung als „Meilenstein für die Bürgerinnen und Bürger Europas“. Es sei ein entscheidender Schritt „zur Vollendung des europäischen digitalen Binnenmarktes.“

Der vereinbarte Text muss noch Prüfungsprozesse durchlaufen, bevor das Parlament und der Rat ihre förmliche Zustimmung erteilen können. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, wird der DSA 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten. Spätestens Anfang 2024 würde das Gesetz greifen.

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