Zu den wichtigsten Forderungen der Grünen und Organisationen wie „Fridays for Future“ und der „Letzten Generation“ zählt das Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2030. Damit bliebe Gas als einzige grundlastfähige Stromerzeugung übrig.
Die Strategie der „Letzten Generation“ und anderer Gruppen zielt offenbar darauf ab, durch Straßen- und Flughafenblockaden und andere spektakuläre Aktionen wie die Besetzung des Tagebaugeländes in dem verlassenen Ort Lützerath eine gesellschaftliche Stimmung zu erzeugen, in der sich irgendwann eine Mehrheit der Deutschen bereit erklärt, ihre radikalen Forderungen zu erfüllen. Auch etliche Medien vor allem im öffentlich-rechtlichen Bereich bemühten sich um einen entsprechenden Druck. In der Sendung von Anne Will am Sonntag durften mit der FFF-Frontfigur Luisa Neubauer, der Grünenchefin Ricarda Lang, dem Klimaforscher Mojib Latif und der im Einzelinterview zugeschalteten Greta Thunberg gleich vier Gäste argumentativ vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung in Lützenrath antreten. Latif erklärte martialisch: „Wir müssen jetzt endlich mal hart sein.“
Zur Skepsis der einen Hälfte trug möglicherweise auch die aktuelle Warnung vor einer Stromknappheit in Baden-Württemberg bei – in einer Situation, in der sich die Kohlekraftwerke noch am Netz befinden, außerdem die drei letzten verbliebenen Kernkraftwerke. In den vergangenen Tagen wurde außerdem ein Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur bekannt, das eine Stromrationierung für Elektroautos und Wärmepumpen im Fall künftiger Stromknappheit vorsieht.
Viele dürften sich deshalb fragen: Wenn solche Notmaßnahmen schon jetzt Eingang in die Planung finden – wie sieht die Lage dann aus, wenn nicht nur alle Atomanlagen ab April zwangsweise vom Netz gehen, sondern auch alle Kohlekraftwerke schon in sieben Jahren? Das Problem stellt sich zwar für 2038 genauso. Allerdings gibt es bis dahin deutlich mehr Zeit, um die Energiepolitik neu zu diskutieren.