„Keine Profite mit der Miete“, „Gier macht geil“, oder „Wohnraum statt Kapitalismus“ – Losungen wie diese waren bei den bundesdeutschen Mieterprotesten am Wochenende zu sehen. Allein in Berlin gingen nach Schätzungen der Polizei „weit über 10.000 Menschen“ auf die Straße – die Veranstalter zählten 35.000, bundesweit sollen es in 19 Städten 55.000 gewesen sein. Mit dabei an vorderster Demo-Front: ausgerechnet eine der Verantwortlichen für die aktuelle Situation, Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher von der „Linken“. Die hat, als sie noch SED hieß, schon einmal gezeigt, wie man Wohnungsnot bis ins Extrem … nein, nicht bekämpft, sondern verschärft (etwa durch Enteignung, doch dazu später mehr).
Dass die Mieten vor allem in den Ballungsräumen massiv steigen und viele Bürger damit finanziell überfordert sind, ist tatsächlich ein großes Problem. Auch der Unmut darüber ist verständlich. Erstaunlich ist aber die Form und vor allem die Richtung des Protestes. Dieser wurde, wie allein ein Blick auf die Plakate am Wochenende zeigt, von Linken und militanten Kapitalismus-Feinden gekapert. Es wurde auch gewalttätig. Von mehr als 50 Verletzten wurde bei der Mietendemo in Stuttgart berichtet; in Berlin ging ein Mob geht auf Polizisten los, neun Beamte wurden verletzt.
Den Plakat-Spruch „Genug gelabert und verarscht – Häuser besetzen“ nahmen manche Demo-Teilnehmer offenbar wörtlich. Rechtsbrecher (in vielen Zeitungen wurden sie verharmlosend „Aktivisten“ genannt, ebenso wie die Kundgebung als „Mietwahnsinn-Demo“ bezeichnet wurde) besetzen am Rande einen Laden in der Wrangelstraße. Die Polizei musste das Geschäft räumen.
In den Jahren zuvor war das Bevölkerungsplus noch größer: Im Jahr 2015 fast 1,14 Mio. Personen und rund 0,5 Mio. im Jahr 2016. Allein in den vergangenen drei Jahren also rund zwei Millionen Zuwanderer und damit potentielle Mieter. Auch wenn man davon ausgeht, dass viele von ihnen als Ehepaare oder Familien ankamen und die Zahl der benötigten Wohnungen damit deutlich unter den zwei Millionen liegt, ist der Faktor Zuwanderung angesichts von knapp 42 Millionen Wohnungen in Deutschland nicht zu vernachlässigen. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass es viele Migranten in die Metropolen lockt, wo die Wohnungsnot am größten ist – ebenso wie ins untere Preissegment, in dem die meisten suchen. Zudem hat die Wohnungspolitik nicht mit solch einem Zuwachs gerechnet – so wurden massenhaft vom Staat, etwa in Form des Landes Berlins oder des Freistaats Bayern, staatliche Wohnungen privatisiert, oft unter zweifelhaften Bedingungen. Und ohne dass etwas von nennenswerten Protesten bekannt wurde.
Ein dritter, ebenfalls nicht zu unterschätzender Faktor für die dramatische Entwicklungen sind die in den vergangenen Jahren wuchernden, massiven Auflagen für Neubauten, die inzwischen viele potentielle Bauherren abschrecken und auch die Preise in die Höhe treiben. Insider beklagen etwa, dass die neuen Dämmvorschriften derart horrend sind, dass kleinste Steigerungen der Energiebilanz für massive Mehrkosten erkauft werden müssen – teilweise völlig unwirtschaftlich bis ins Absurde.
Solche Realitäten scheinen aber viele der Demonstranten bzw. deren Organisatoren auszublenden. Stattdessen ist alles schwarz und weiß. Böse, böse Kapitalisten sind an allem schuld. Die eingangs erwähnten Plakate mit Sprüchen wie „Keine Profite mit der Miete“ oder „Wohnraum statt Kapitalismus“ sind an Absurdität kaum zu übertreffen. Sie wären zum Lachen, wäre es nicht zum Heulen, dass Menschen im Jahr 2019 in größerer Zahl darauf hereinfallen. Ohne Profite kein Wohnungsbau und damit keine neuen Wohnungen und damit keine Senkung der Mietpreise – das sollte eigentlich ein Grundschüler verstehen. Und wer sich nur ein klein wenig mit der Geschichte des real existierenden Sozialismus befasst hat, kann über die Losung „Wohnraum statt Kapitalismus“ nur den Kopf schütteln: Sozialistische Gesellschaften waren berüchtigt für die schreckliche Wohnungsnot dort. Gar nicht zu reden vom Zustand der bestehenden Wohnungen. Ein Blick in DDR-Bildbände wäre hier sehr hilfreich.
„Enteignung ist die halbe Miete“ war auf Plakaten zu lesen. Ins gleiche Horn stößt das von der „Linken“ und Teilen von „Grünen“ und auch SPD unterstützte Berliner Volksbegehren zur Enteignung von Firmen, die 3.000 oder mehr Wohnungen haben.
„Wohnen zu bezahlbaren Preisen ist ein Menschenrecht“, stand auf den Demo-Plakaten. Auch die DDR-Verfassung garantierte das – auf dem Papier, nur nie in der Praxis. Und schon gar nicht in den besseren Vierteln. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Gesellschaft, die nicht auf Profit und Ausbeutung basiert, eine wesentlich bessere Gesellschaft wäre“, sagte einer der Demonstranten und offenbar Mitorganisatoren in die Kamera. Wie richtig! Auch eine Gesellschaft ohne Winter, ohne Stürme, ohne Überschwemmungen, ohne Krankheiten und ohne Kriminalität wäre eine bessere Gesellschaft. Nur funktioniert es eben nicht. Es ist erschreckend, wie schlecht in der Bundesrepublik 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der letzten deutschen Diktatur deren Lehren verinnerlich wurden. Wie groß die Nostalgie nach staatlichen Eingriffen und Sozialismus ist – als hätten sie nicht regelmäßig ganze Länder ins Elend gestürzt.
Diese Punkte sind wie so viele sozialistische Elemente im Programm der NSDAP weitgehend verdrängt. Nicht bewusst sind sie wohl auch dem Vorsitzenden der Grünen (die sich übrigens solidarisierten mit der Mieten-Demo). Robert Habeck, der gefühlte Bundeskanzler mit dem David-Hasselhoff-Charme, erklärte Enteignungen von Wohnungen „notfalls denkbar.“ Glaubt er, dass es Immobilien-Firmen anspornt, mehr zu investieren und mehr Wohnungen zu bauen, wenn man ihnen mit Enteignungen droht? Meint er, dass Enteignen statt Bauen neuen Wohnraum schafft? Oder springt er einfach nur auf einen Gefühlszug auf? Bloß nicht nachdenken, bloß nicht an Ursachen und Wirkungen denken. Hauptsache – gutes Gefühl. Und vor allem Applaus. Viel, viel Applaus. Willkommen im Narrenschiff Utopia Deutschland.
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Seine Kolumne „Berlin extrem – Frontberichte aus Charlottengrad“ finden sie hier.