Tichys Einblick
Elon Musks Einstieg bei Twitter

Einige Twitter-Nutzer freuen sich über Rückkehr der Meinungsfreiheit – andere fürchten sie

Das Echo auf den Einstieg von Elon Musk in Twitter ist gespalten. Manche Nutzer sehen eine Rückkehr der Redefreiheit – andere fürchten sie. Mit Musk an Bord könnte Twitter das Anti-Facebook werden.

IMAGO / Political-Moments

„Christopher Coenen“ hat eine klare Mission: „#BoykottiertBild“ startet seine Selbstbeschreibung auf Twitter. Aber er kann auch international denken, in globalen Zusammenhängen: „#BoycottAmazon“ geht die Selbstbeschreibung weiter. Allerdings ist die Zeichenzahl auf Twitter streng limitiert, sodass die Welt vorerst nicht erfahren wird, was er noch alles boykottiert.

Doch. Eins noch. Zumindest vermutlich. Also demnächst: nämlich Twitter selbst. Denn „Coenen“ macht das, was deutsche Linke am besten können. Also direkt nach Boykottieren. „Coenen“ macht sich Sorgen. Daher teilt er einen Artikel, in dem die Zeit über den Einstieg von Elon Musk in den Schnellnachrichtendienst berichtet. Seine Ankündigung dazu ist wenig überraschend: „Schade, dann bin ich wohl bald nicht mehr hier :(“, kündigt „Coenen“ an. Ob das der Beginn eines Exodus auf Twitter ist?

Fragen wir einen Experten. Beziehungsweise schauen wir uns einen Experten an: Facebook. Was Nutzer-Rückgang ist, erlebt der Blaue Riese derzeit am eigenen Leib. In Ländern wie Deutschland ist Facebook längst ein Auslaufmodell – mit entsprechenden Auswirkungen an den Börsen.

Die Twitter-Aktie hat an Wert zugelegt, nachdem Musks Einstieg bekannt wurde. Das mag schlicht an der frischen Geldspritze liegen. Das ist aber auch Psychologie. Denn letztlich gehören soziale Netzwerke zum Showgeschäft. Anders und doch irgendwie genau so wie Sänger, Schauspieler, Autoren und auf ihre Weise auch Politiker und Journalisten. Allen gemein ist, dass Aufmerksamkeit letztlich die Währung ist, an der sich alle ausrichten.

Und wenn Musk eins kann, dann Aufmerksamkeit generieren. Gleich mehrfach bestimmte er den Thementakt auf Twitter: durch Banales wie den Eintritt, den ihm ein Szeneclub verwehrt. Dann durch den Einstieg in Twitter selbst, aber auch durch Umfragen, die er vor Bekanntwerden durchführte: Ob der Dienst endlich eine Korrekturfunktion einführen solle? Oder ob der Dienst die Meinungsfreiheit noch stark genug gewähre? Ja, solle er, und nein, tue Twitter nicht, lauteten die überwältigenden Mehrheiten.

Wer für Änderungsfunktion und gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit gestimmt hat, begrüßt Musks finanziellen Einstieg bei Twitter: „Sehen wir die Rückkehr des #FreedomOfSpeech hier?“, fragt „Hans-Peter Conzett“. „Josef Alisa Preiselbauer“ feiert: „Eines muss man #ElonMusk lassen, er ist ein raffiniertes, hinterlistiges Miststück.“

Mit Musk an Bord könnte Twitter das Anti-Facebook werden. Während Facebook sich als Elternmedium versteht, das seinen Kindern sagt, welche staatlichen Texte sie zu welchem Schlagwort lesen sollen, könnte Twitter zur Augenhöhe mit seinen Nutzern zurückkehren. Und damit schnell auch deutlich sexier aussehen als Facebook. Denn wer sehnt sich schon so sehr nach mütterlicher Bevormundung, dass er nach ihr im Netz sucht?

Gut. „Christopher Coenen“ natürlich. Der ist dann auf Facebook gut aufgehoben. Dort gibt es auch mehr Platz. Dann könnte er noch ganz viel mehr boykottieren. Neben Bild, Amazon und Twitter könnte er Ritter Sport meiden. Tun ja jetzt alle woken Deutschen. Oder Vittel. Die Firmen mögen es verzeihen, wenn sie hier aufgezählt werden. Aber es ist in ihrem Sinne: Firmen, die von „Christopher Coenen“ boykottiert werden, geht es in der Regel besser, als wenn er ihr Kunde wäre.

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