Auf den Äckern herrscht jetzt wieder für die Bauern Stress und Zeitnot. Bisher haben die Mähdrescher gestanden, der Regen hatte die Felder so unter Wasser gesetzt, dass an ernten nicht zu denken war. Doch das Getreide müsste jetzt dringend eingebracht werden, bevor es wieder anfängt zu regnen.
Auf vielen Flächen, vor allem in der Mitte und im Norden, hat das Korn bereits auf dem Halm zu keimen begonnen, und damit wird es wertloser. Es kann nicht mehr für das Backen von Brot verwendet werden, weil im Korn bereits enzymatische Prozesse abgelaufen sind. Dieser Weizen kann nur noch als Tierfutter benutzt werden.
In anderen Gebieten, vor allem im Süden Deutschlands, hatten die Bauern mehr Glück und konnten ihre Getreideernte noch vor Einbruch des Regens einbringen.
Schwierige Entscheidungen müssen jetzt die Landwirte treffen: Was zuerst ernten? Viele Bestände sind noch nass, der Sturm vor ein paar Tagen hat noch einmal vieles Getreide umgelegt, und das Schneidwerk der Mähdrescher kann nicht mehr alles aufnehmen. Unter Landwirten heißt es derzeit, zu retten, was noch zu retten ist – und zu rechnen. Das Getreide muss teilweise getrocknet werden, und das ist sehr teuer.
Zusammen mit sinkenden Getreide-Qualitäten, hohen Energiekosten und Dieselkosten für die Landmaschinen rechnen die Landwirte damit, dass die Ernte in diesem Jahr zu einer der teuersten Ernten zu werden droht.
In einigen Gebieten sind zudem Weizenbestände aufgrund der Feuchtigkeit von Schwärzepilzen befallen und schwarz geworden. In weiten Teilen erwarten die Bauern erhebliche Qualitäts- und Ertragseinbußen. Das Frühjahr war lange zu trocken, die Pflanzen konnten nicht richtig wachsen. In Brandenburg beispielsweise rechnet der Landesbauernverband mit Ertrags- und Qualitätseinbußen von bis zu 30 Prozent.
Gut dürfte sich der Regen auf das Wachstum des Maises auswirken und die Maisernte ab Mitte September verbessern. Auch in den USA gab es zuletzt in den Maisanbaugebieten ergiebige Regenfälle, die ebenfalls eine gute Maisernte erwarten lassen.
Gespannt sehen die Bauern auch auf das Ergebnis der weltweiten Ernteschätzung des tonangebenden amerikanischen Landwirtschaftsministeriums. Die wird heute Abend veröffentlicht.
Das zeigt, wie schwierig es ist, der Natur eine einigermaßen gute Ernte abzutrotzen, die möglichst viele Menschen satt macht. Nur zu satt Gewordene können höhere Preise für Lebensmittel fordern und darüber sinnieren, dass Lebensmittel scheinbar viel zu billig seien.